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David Zimmerschied: Warum ihm der Gedanke an den Tod keine Angst macht

David Zimmerschied spielt den Klempner Pat in der bayerischen Komödie „Wer gräbt den Bestatter ein?“. Im Interview spricht der Schauspieler unter anderem über den Tod, Hassnachrichten im Netz und seine Erlebnisse nach Drehschluss.

David Zimmerschied als Klempner Pat Paluczek in "Wer gräbt den Bestatter ein?".
Foto: Alpenrepublik/Schmidbauer-Film

In der skurrilen bayerischen Kinokomödie „Wer gräbt den Bestatter ein?“ (Kinostart: 3. November) buhlen die Dörfer Greisendorf und Neubrunn um die künftige letzte Ruhestätte des ehemaligen Stummfilmstars Gaby Gruber (Astrid Polak, geb. 1935). Die älteste Frau Deutschlands denkt mit ihren rekordverdächtigen 114 Jahren zwar noch lange nicht ans Sterben, dennoch versprechen sich die Einwohner beider Gemeinden einen Aufschwung von ihrem Grab. Als dann aber der Greisendorfer Bestatter Bartl Beerdegen (Uli Bauer, geb.1957) überraschend verstirbt, und neben einem Berg Schulden lediglich seine Schülerpraktikantin Marina Ganterer (Johanna Singer, 20) hinterlässt, muss schnell Ersatz her. Und hier kommen seine Schafkopf-Kumpel, der Gärtner Gert Ganterer (Tom Kreß, 55), die Müllfahrerin Rudi Roller (Angelika Sedlmeier, 57) und der Klempner Pat Paluczek ins Spiel.

Letzterer wird von Schauspieler David Zimmerschied (39) verkörpert. Und der hat im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news unter anderem erzählt, wie sich seine Einstellung zu Beerdigungen im Laufe des Lebens sehr verändert hat und warum er keine Angst vor dem Tod hat. Ebenfalls verraten hat der gebürtige Passauer, was er beim Schafkopf-Training nach Drehschluss am Set der schwarzhumorigen Komödie erlebt hat.

Wie bereiten Sie sich auf eine bayerische Kino-Komödie wie „Wer gräbt den Bestatter ein?“ vor?

David Zimmerschied: Für den „Bestatter“ habe ich vor allem die Charakterzüge geklärt, in denen sich die Figur von mir unterscheidet. Warum er zum Beispiel immer flüchtet, wenn es ihm zu viel wird. Oder warum es ihm Angst macht, seine Gefühle zu zeigen. Und die Beziehungen zu den anderen Figuren. Beim „Boot“ spielt der historische Kontext natürlich eine wichtige Rolle. Ich fühle immer eine große Verantwortung den Menschen gegenüber, die Situationen erlebt haben, die ich mir, in Sicherheit und Überfluss aufgewachsen, nur schwer vorstellen kann. Bei -35 Grad nur mit einem Mantel monatelang in Russland im Schützengraben zu hocken, zum Beispiel. Da ist ein großer Teil der Vorbereitung die Recherche. Bücher wie „Ist das ein Mensch“ (1947) von Primo Levi (1919-1987) zum Beispiel. Filme helfen. YouTube und Wikipedia sind wahre Schatztruhen.

In einem Interview haben Sie gesagt, dass sich ein guter Film durch Mut auszeichnet. Was ist an „Wer gräbt den Bestatter ein?“ besonders mutig?

Zimmerschied: Ich finde zum Beispiel die Besetzung sehr mutig. Weil Tanja und Andreas Schmidbauer, die Regie geführt und den Film produziert haben, die Schauspieler und Schauspielerinnen besetzt haben, die ihren Vorstellungen von der Rolle am besten entsprochen haben. Und nicht die, die am bekanntesten sind oder die meisten Follower haben.

Sie spielen den Klempner Pat. Was war die größte Herausforderung an dieser Rolle?

Zimmerschied: Das Genre „Komödie“ war die größte Herausforderung. Komödie ist die Champions League. Wenn das Timing um eine Sekunde verrutscht, dann ist es nicht mehr lustig. Und lustig wird es dann, wenn man das ernsthafte Dilemma, in dem die Figur steckt, so übermäßig ernst nimmt, als ginge es jedes Mal um Leben und Tod. Durch diese Überhöhung wird es dann lustig.

Sie haben auch im realen Leben vielleicht schon die eine oder andere Bestattung miterlebt. Was berührt Sie dabei besonders?

Zimmerschied: Das hat sich sehr geändert: Meine erste Beerdigung war mit sechs, als meine Oma gestorben ist. Bei der ich viel Zeit verbracht habe und die ich sehr lieb hatte. Das war schon traurig, aber ich fand es eher schade. Und habe, glaube ich, gar nicht geweint. Dann, zwanzig Jahre später, ist ein Freund von meinem Papa gestorben und da habe ich Rotz und Wasser geheult. Weil mich auch die Traurigkeit der Anwesenden so angesteckt hat. Und als vor drei Jahren meine Tante gestorben ist, da fand ich die Beerdigung schön. Das Erinnern. Die Anekdoten. Gemeinsam berührt zu sein.

Beschäftigen Sie sich generell mit Tod oder schieben Sie das Thema eher von sich?

Zimmerschied: Tatsächlich denke ich jeden Tag an den Tod. Und finde den Tod auch überhaupt nicht schlimm. Vielleicht, weil ich überzeugt bin, dass wir wiedergeboren werden. Ich habe Angst vor Schmerzen, die mit dem Sterben ja Hand in Hand gehen können, aber ich hab keine Angst vor dem Tod. Ich bin eher gespannt, was danach kommt. In meinem nächsten Leben möchte ich gerne ein schwedischer Rockstar werden. Ist hiermit bestellt.

Am Rande geht es in dem Kinofilm auch um das traditionelle bayerische Kartenspiel Schafkopfen. Welchen Bezug haben Sie privat dazu?

Zimmerschied: Mein Papa hat, als ich klein war, ab und an mit seinen „Spezln“ die Nächte durchgezockt. Und ich bin dann morgens wie ein Detektiv in die Küche und habe die Spuren der Nacht zu meiner Geschichte zusammengebaut. Ich habe Schafkopfen extra für den Film spielen und lieben gelernt. Wir haben abends im Hotel nach Drehschluss oft noch ein paar Runden gezockt. Ich bin mit insgesamt Minus 1,40 Euro rausgekommen (lacht).

Sie stehen schon sehr lange vor der Kamera und im Rampenlicht. Was lieben Sie an Ihrem Job am meisten und worauf könnten Sie dabei gerne verzichten?

Zimmerschied: Ich liebe die Abwechslung. Neue Menschen, Städte, Orte. Das hält den Geist wach und flexibel. Ich liebe die Abwechslung in den Rollen: Die verschiedenen Menschen mit ihren Konzepten und Wünschen und Ängsten, die ich verstehen muss. Dass ich mich beruflich mit dem Menschsein auseinandersetzen darf – und mit mir. Ich liebe es, dass ich Komödien spielen darf und Menschen zum Lachen bringen kann, und im Drama Menschen berühren darf. Das Einzige, was ich manchmal mühsam finde, ist, wenn die Vorbereitung zu theoretisch wird. Zu kleinteilig. Und ich darüber das Spielerische verliere. Aber ansonsten: bester Job der Welt (lacht).

Sie stammen aus einer Künstlerfamilie. Wie darf man es sich bei einem Familientreffen vorstellen. Geht es da viel um Kunst?

Zimmerschied: Mit meinem Onkel [Sigi Zimmerschied, Red.] spreche ich tatsächlich viel über Film und Kabarett, ja. Über unsere eigene Arbeit, aber auch über Filme, die uns faszinieren oder berühren. Und mit meiner Mama viel über Puppentheater. Sie ist Puppenspielerin. Mein Papa wiederum hat keine Ahnung von Film, mit ihm streite ich mich über Politik. Und wenn das zu hitzig wird, reden wir über Buddhismus und Fußball. Ich sehe mich im Übrigen auch gar nicht als Künstler. Schauspielerei ist für mich in erster Linie ein Handwerk.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie im Privatleben sehr gut und gerne allein sein können. Womit vertreiben Sie sich denn am liebsten die Zeit? Und was hilft Ihnen generell dabei, nach Drehphasen abzuschalten?

Zimmerschied: Ja, tatsächlich liebe ich es, alleine zu sein, Zeit für mich zu haben. „Nein“ sagen zu lernen. Ich führe ein wunderbar unspektakuläres Leben: schlafen, ins Fitti fahren und ein paar schwere Sachen hochheben – Sport ist mir tatsächlich seit ein paar Jahren sehr wichtig geworden -, einkaufen, kochen – meistens vegan -, lesen, meditieren, abends einen Film schauen und vielleicht noch eine Runde spazieren gehen. Das finde ich herrlich. Dabei kann ich auch ganz gut abschalten. Und dann gibt es auch die andere Seite in mir, die es nach ein paar Tagen, die ich mir nur für mich genommen habe, genießt, unter Menschen zu sein, Freunde zu treffen und zu erzählen.

Social Media spielt sicher auch in Ihrem Leben eine Rolle. Wie unlängst wieder zu sehen war, reagieren Sie auf Hater ungewöhnlich, indem Sie ihnen das reale Gespräch anbieten. Wieviel Überwindung kostet das?

Zimmerschied: Das kostet mich keine Überwindung, weil ich keinerlei Impuls habe, diese Menschen zurück zu beschimpfen. Wenn ich mich in sie hineinversetze und mir vorstelle, wie es jemandem gehen muss, dass er im Internet Menschen beschimpft, die er überhaupt nicht kennt, dann berührt mich das eher. Dann spüre ich deren Not, Traurigkeit, Hilflosigkeit. Vielleicht ein Gefühl des Abgehängtseins. Aber natürlich macht das was mit mir und verletzt mich auch. Ich möchte meine Meinung sagen und trotzdem von allen liebgehabt werden, und das geht natürlich nicht. Aber den Ton, in dem wir oft, vor allem im anonymen Internet, miteinander umgehen, finde ich schon bedenklich.

Was mögen Sie generell an Social Media und wem folgen Sie gern?

Zimmerschied: Am interessantesten finde ich Street Photography. Ungestellte Alltagssituationen, die oft so herrlich schräg und absurd sind. Und ich gucke gerne Ausschnitte von Jimmy Fallon (48) und anderen amerikanischen Shows an. Da kann man sich so viel abgucken, was smarte, leichte Unterhaltung mit Esprit betrifft. Ich kann mich aber zum Glück relativ gut regulieren. Wenn mich drei Posts hintereinander im Feed nerven, mach ich es wieder aus. Dieses Endorphin-immer-weiter-scrollen-Belohnungs-Dings habe ich nicht.

Zum Schluss noch ein kleiner Ausblick. Worauf dürfen sich Ihre Fans nach dem Kinostart von „Wer gräbt den Bestatter ein?“ als nächstes freuen?

Zimmerschied: Am 18. November mach ich eine Lesung im Literaturhaus in München. Da besuchen uns zwei ukrainische Schriftsteller, die Bücher über ihre Kriegserfahrungen geschrieben haben und aktuell auch gerade im Einsatz sind. Ich lese Passagen aus ihren Büchern. Das sind zwei Jungs, so alt wie ich, die bis vor wenigen Monaten noch in Kiew Skateboard gefahren sind und ihre Bowls gegessen haben und jetzt kämpfen sie in einem Krieg. 2.500 Kilometer von hier. Eigentlich kann ich das gar nicht wirklich begreifen. Außerdem läuft auf Sky zurzeit „Munich Games“, eine international besetzte Miniserie, die die Terroranschläge von 1972 in München und den israelisch-palästinensischen Konflikt behandelt. Die kann ich wirklich sehr empfehlen. Und im Winter treibe ich in der zweiten Staffel der History-Serie „Das Haus der Träume“ auf RTL+ mein Unwesen.

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