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Wie Frauen Selbstzweifel im Job überwinden können

Auch heute noch fällt es vielen Frauen im Job schwer, für sich und seinen Wert einzustehen und den männlichen Kollegen selbstbewusst gegenüberzutreten. Mirijam Trunk gibt im Interview wertvolle Tipps.

Mirijam Trunk gibt in "Dinge, die ich am Anfang meiner Karriere gerne gewusst hätte" einen Einblick in die Ungleichheit in der Arbeitswelt.
Foto: Penguin Random House Verlagsgruppe

Frauen haben in der modernen Arbeitswelt immer noch mit weniger Lohn, weniger Repräsentation und Alltags-Sexismus zu kämpfen. Kein Wunder, dass es da manchmal schwerfällt, für sich und seinen Wert einzustehen und den männlichen Kollegen selbstbewusst gegenüberzutreten. Mirijam Trunk entwirrt in ihrem Buch „Dinge, die ich am Anfang meiner Karriere gerne gewusst hätte“ (Penguin Random House) männliche Machtstrukturen und erklärt, wie Frauen den Weg an die Spitze meistern können. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news gibt sie Tipps für ein selbstbewussteres Auftreten am Arbeitsplatz, erklärt, worauf es bei Gehaltsverhandlungen ankommt und warum Frauen den Glaubenssatz „Laute Mädchen nerven“ ablegen sollten.

In männerdominierten Gesellschaften werden Frauen oft nicht gehört. Was können sie tun, um mehr wahrgenommen zu werden?

Mirijam Trunk: Männer reden im beruflichen Kontext mehr als Frauen, das belegen viele Studien – in Meetings nehmen sie beispielsweise 75 Prozent des Redeanteils ein. Schon in der Schule rufen Jungen achtmal so oft dazwischen, während Mädchen sich melden, wenn sie etwas sagen wollen. Das Erste, was Frauen tun können, um mehr wahrgenommen zu werden ist also: Den Glaubenssatz „laute Mädchen nerven“ ablegen und sich bewusst mehr Redeanteil nehmen. Die Erfahrung, dass ein Kollege die eigene Idee wiederholt, ist eine, die mit unterschiedlichen Kommunikationssystemen zu tun hat. Gerade in etablierteren Unternehmen gilt oft das hierarchische Modell, in dem jede Kommunikation darauf abzielt, den eigenen Platz in der Gruppenhierarchie zu verbessern – und die muss nicht immer etwas mit der tatsächlichen Hierarchie zu tun haben. In diesem System gilt: Wenn eine Idee schonmal für gut befunden oder zumindest mit einem freundlichen Nicken quittiert wurde, kann es sich lohnen, sie nochmal zu wiederholen und damit selbst an Punkten zu gewinnen. Mein Rat wäre da, sich zu bedanken, dass die eigene Idee nochmal aufgegriffen wurde – und damit klarzumachen, von wem sie stammt.

Stichwort Impostor-Syndrom: Wie können Frauen Selbstzweifel am Arbeitsplatz überwinden und sich selbstbewusster präsentieren?

Trunk: Das Impostor-Syndrom hat etwas mit der Art, wie wir Erfolg oder Misserfolg zuschreiben, zu tun. Wenn etwas gut lief, hatte ich Glück, also die äußeren Umstände waren schuld. Wenn etwas nicht geklappt hat, war ich selbst schuld. Es hilft, sich Zeit zu nehmen und zu reflektieren, was wirklich zum Erfolg oder Misserfolg geführt hat – meist ist es eine Mischung aus beidem. Ein anderer Faktor, der zu Impostor führen kann, ist das Phänomen des „Othering“ – des gefühlten „Anders-Seins“ oder „Anders-Gemacht-Werdens“. Hiervon sind vor allem Minderheiten betroffen: Sie fühlen sich fehl am Platz, als wären sie durch Zufall in einen Raum gestolpert, in den sie nicht gehören. Auch hier ist Vielfalt ein wichtiger Schlüssel. Es darf auf lange Sicht nicht mehr den oder die „eine“ Vertreter:in einer Minderheit geben.

Mirijam Trunk gibt in „Dinge, die ich am Anfang meiner Karriere gerne gewusst hätte“ einen Einblick in die Ungleichheit in der Arbeitswelt. / Penguin Random House Verlagsgruppe

Gespräche zu Gehaltserhöhungen und Beförderungen sind für Frauen oft schwieriger als für Männer. Warum ist das so?

Trunk: Jedes Gehaltsgespräch ist ein Konflikt. Und Konflikte fallen Frauen deutlich schwerer als Männern, auch, weil sie früh lernen, dass Kooperation der bessere Weg ist, um voranzukommen. Jungen lernen, dass man sich kloppen kann und danach trotzdem wieder befreundet ist. Frauen tendieren dazu, das unangenehme Gefühl eines Konflikts direkt auflösen zu wollen und kommen schneller entgegen. Es hilft also, sich vorher bewusst zu machen: Es gibt im Gehaltsgespräch keine Win-win-Situation. Ebenfalls fällt es Frauen oft schwerer, sich und ihren Wert zu verorten, weil sie weniger über Geld sprechen als Männer.

Wie steht man als Frau in Verhandlungssituationen für sich und seinen Wert ein?

Trunk: Information is key – es hilft, sich vorher zu verorten. Was ist der Spielraum, wo sind aber auch die hard limits? Ebenfalls sollte man sich vorher überlegen, welche Konsequenzen man bereit wäre zu gehen. Ist das eigene Limit unterschritten – wäre man bereit, auf den Job zu verzichten? Hat man noch andere Optionen? Eine gute Vorbereitung ist enorm wichtig – ebenso wie dass das Gespräch nicht zwischen Tür und Angel, sondern konzentriert und in Ruhe abläuft. Dazu kommt, dass in Gehaltsgesprächen oft die Ebenen vermischt werden, Sätze wie „aber wir verstehen uns doch so gut“ haben nichts in einem solchen Gespräch verloren, denn sie vermischen Person und Rolle. Weniger Worte, auch mal Schweigen aushalten können und im Notfall bereit sein, die Konsequenzen zu ziehen.

spoton