Hessische Strafverfolgungsbehörden ermitteln gegen 57 Beschuldigte wegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch. 59 durchsuchte Wohnungen, 9 Beschuldigtenvernehmungen, 460 Sicherstellungen – vorläufige Bilanz eines großangelegten Einsatzes.
Main-Kinzig-Kreis: 57 Beschuldigte in Kinderpornografie-Ermittlungen

Wiesbaden (ost)
Gemeinsame Veröffentlichung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main -ZIT- und des Hessischen Landeskriminalamtes
Bei dem großangelegten Einsatz zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie wurden 59 Wohnungen und Häuser durchsucht, 9 Beschuldigte vernommen und 460 Gegenstände sichergestellt. Die hessische Polizei führte die Schwerpunktaktion im Auftrag der hessischen Staatsanwaltschaften letzte Woche von Montag bis Freitag, dem 30. Juni bis 4. Juli, durch. Die Koordination des Einsatzes lag beim Hessischen Landeskriminalamt (HLKA).
Die 57 Beschuldigten – 52 Männer und 5 Frauen im Alter von 15 bis 71 Jahren – sind hauptsächlich wegen Herstellung, Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie angeklagt. In zwei Fällen besteht der Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Minderjährigen.
Nach den Wohnungsdurchsuchungen mussten 9 Beschuldigte von den Ermittlern zur Vernehmung zur nächsten Dienststelle begleitet werden. Insgesamt wurden 460 deliktspezifische Gegenstände bei den Beschuldigten sichergestellt, darunter verschiedene Arten von Speichermedien. Diese werden nun ausgewertet. Es gab keine Festnahmen. Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen stehen die Beschuldigten nicht in Verbindung zueinander.
Die Durchsuchungen fanden in den Städten Frankfurt am Main, Fulda, Gießen, Hanau, Kassel, Offenbach am Main und Wiesbaden sowie in den Landkreisen Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Gießen, Groß-Gerau, Hersfeld-Rotenburg, Hochtaunus, Kassel, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg, Main-Kinzig, Main-Taunus, Marburg-Biedenkopf und Offenbach statt.
Viele junge Verdächtige
Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche geht nicht nur von Erwachsenen aus, sondern auch von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden. Unabhängig von der tatsächlichen Schuldfähigkeit von jungen Menschen ab 14 Jahren werden Straftaten, selbst wenn sie von Kleinkindern begangen werden, in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst, ohne Altersgrenze.
Im Jahr 2024 wurden in Hessen insgesamt 5.270 Fälle von Erwerb, Besitz und/oder Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie in der PKS registriert. 52,9 Prozent der Tatverdächtigen in diesem Bereich waren jünger als 21 Jahre (16,7 Prozent Kinder, 26,4 Prozent Jugendliche, 9,8 Prozent Heranwachsende). Auch bei den 1.159 in 2024 registrierten Fällen von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen waren 35,2 Prozent der erfassten Tatverdächtigen jünger als 21 Jahre (10,3 Prozent Kinder, 17 Prozent Jugendliche, 7,9 Prozent Heranwachsende).
Minderjährige Verdächtige handeln manchmal aus Unwissenheit, z.B. wenn sie strafrechtlich relevante kinderpornografische Inhalte über soziale Medien oder Messenger verbreiten, ohne darüber nachzudenken. Das Strafrecht unterscheidet jedoch nicht, wer die Inhalte verschickt: Auch Jugendliche und Heranwachsende, die in der digitalen Welt ihre Sexualität erkunden, sexualisierte Fotos und Videos freiwillig aufnehmen, herunterladen und teilen, können strafrechtlich verfolgt werden.
Im Jugendstrafverfahren ist es wichtig, schnell auf strafrechtlich relevantes Verhalten zu reagieren, da der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Ziel ist es, den jungen Menschen ihr Fehlverhalten vor Augen zu führen, sie sensibler zu machen und sie davon abzuhalten, ähnliche Straftaten zu begehen. Bei Vorwürfen im Umgang mit kinderpornografischen Inhalten kann bei einsichtigen und kooperativen Jugendlichen oft bereits ein Erziehungsgespräch und die Pflicht zur Löschung der strafrechtlich relevanten Inhalte von ihren Geräten ausreichen. Je nach Fall können jedoch auch Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchungen zur Sicherstellung von Beweisen und härtere Strafen erforderlich sein.
Die hessische Polizei hat eine landesweite Beratungs- und Hilfshotline zur Prävention und Aufklärung über die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie eingerichtet. Seit Anfang 2022 können hilfesuchende Eltern und Jugendliche unter der Nummer 0800 – 55 222 00 die Präventionsexperten der hessischen Polizei kontaktieren. Der Hintergrund ist, dass immer öfter – meist unwissentlich – entsprechende Bilder und Videos von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden über soziale Netzwerke und Messenger-Dienste verbreitet werden.
Hintergrund FOKUS
Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie ist ein Schwerpunkt der hessischen Polizei. Die Einheit „FOKUS“ (Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von Kindern), die im Oktober 2020 aufgrund steigender Fallzahlen zunächst als Besondere Aufbauorganisation (BAO) eingerichtet wurde, ist seit Februar 2024 fester Bestandteil der Regelorganisation der sieben hessischen Polizeipräsidien und des Hessischen Landeskriminalamts. Mit rund 300 Mitarbeitern, darunter knapp 170 Ermittlerinnen und Ermittler, verfolgt die hessische Polizei gezielt Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen, um polizeiliche Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Hessen zu bündeln und zu verstärken. Bei allen hessischen Staatsanwaltschaften gibt es Sonderdezernate zur Verfolgung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch. Allein in diesem Jahr wurden bisher rund 960 Durchsuchungsbeschlüsse und 29 Haftbefehle gegen fast 970 Beschuldigte vollstreckt und mehr als 9.000 Datenträger sichergestellt.
Quelle: Presseportal