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Sängerin Sarajane: Vergleiche unter Müttern „machen so viel Druck“

Im Herbst 2020 hat Sängerin Sarajane einen Sohn bekommen. Im Interview kritisiert die Jurorin der TV-Show „All Together Now“ Vergleiche in den sozialen Medien, insbesondere unter Müttern. „Vergleiche, egal wo und mit wem, machen so viel Druck! Jeder Körper und jedes Kind sind anders“, sagt sie.

Sarajane hat vor Kurzem ihr Album "Milk & Money" veröffentlicht.
Foto: Leah Spinzig

Im Herbst 2020, mitten in der Corona-Pandemie, hat Sängerin Sarajane ihren Sohn zur Welt gebracht. Dies brachte „so viele“ Herausforderungen mit sich, wie die Jurorin der TV-Show „All Together Now“ im Interview mit spot on news erzählt. Ihr Leben als Mutter verarbeitet sie auf dem neuen Album „Milk & Money“, das vor Kurzem erschienen ist. Zum Titelsong hat sie nun auch ein Musikvideo veröffentlicht. Das Cover zeigt Sarajane barbusig beim Stillen – eine mutige Entscheidung. „Bevor ich das Baby hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich so locker überall stillen können würde“, sagt die deutsch-britische Popsängerin.

Auf dem Albumcover von „Milk & Money“ sind Sie oberkörperfrei und stillend zu sehen. Hat Sie dieses Cover Überwindung gekostet?

Sarajane: Beim Shooten gar nicht. Es war keine geplante Pose, mein Baby wachte nach dem Mittagsschlaf auf und war hungrig. Es war ein All-female-Set (nur Frauen, Anm. d. Red.) und das Oberteil war geliehen, also zog ich es aus, um zu stillen. Die Fotografin hat einfach weiter Bilder gemacht. Das Cover war also ein gelungener Schnappschuss. Kurz bevor ich es dann veröffentlicht habe, hatte ich kurz Bammel, klar. Aber auch da ging es mir weniger darum, dass Leute meine Brüste sehen, sondern um den möglichen Online-Backlash (negative Reaktionen, Anm. d. Red.). Sich im Internet zu streiten wäre einfach anstrengend gewesen.

Warum ist es Ihnen wichtig, mit vermeintlichen Tabus wie Stillen in der Öffentlichkeit aufzubrechen?

Sarajane: Jeder von uns kam aus einer Frau. Unsere Körper sind dafür gemacht. Zu stillen oder nicht ist glücklicherweise eine persönliche Entscheidung, aber wir Menschen sind Säugetiere. Und nur weil wir Menschen mit unseren Nippeln auch Spaß haben können, sollten wir nicht vergessen, dass sie eigentlich einen Job haben. Ich muss aber sagen, dass ich auch schnell trotzig werde, wenn mir jemand sagt „etwas geht nicht“ oder „man macht sowas nicht“. Das hat sich aber auch erst mit der Mutterschaft so ergeben. Bevor ich das Baby hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich so locker überall stillen können würde. Aber wenn dein Kind Hunger hat und zu brüllen anfängt, erlebt man, was Adrenalin ist und macht fast alles möglich, damit Ruhe einkehrt und der Puls zum normalen Leben zurückkehrt!

Inwiefern hat sich Ihr Berufsleben als Mutter verändert? Wie bekommen Sie alles unter einen Hut?

Sarajane: Ich bekomme nicht alles unter einen Hut (lacht). Ich habe nun härtere Deadlines. Wenn was mit dem Kind ist, dann bleiben andere Sachen kurz oder auch mal länger liegen, wenn sich dann aufgrund der Pandemie noch Quarantäne-Situationen ergeben! Ich bin in meinem Job aber glücklicherweise flexibel mit Arbeitszeiten. Und abends beim Konzert schläft der Kleine meistens.

Ihr Sohn kam mitten in der Corona-Pandemie zur Welt. Welche Herausforderungen brachte dies mit sich?

Sarajane: Oh, so viele. Ich hätte mir mehr Familie um mich gewünscht und mehr finanzielle Planungssicherheit. Mein 2020 war bis kurz vor der Entbindung voll gebucht und auch danach gab es schon Jobanfragen. Als das alles wegfiel, bin ich schon echt nervös geworden. Wenn man am Anfang mit dem Baby stundenlang spazieren geht, wäre es schöner gewesen, sich in Cafés aufwärmen zu können, statt auf der kalten Parkbank zu sitzen. Aber es hatte auch Vorteile. Ich hatte keine Babypause in dem Sinne geplant, aber das ergab sich durch die Clubschließungen. Es hat uns als Familie natürlich auch gutgetan, sich zu 100 Prozent der neuen Aufgabe widmen zu können und sich mit der neuen Situation einzugrooven!

Wie reagiert Ihr Sohn auf Ihre Musik?

Sarajane: Er springt auf, schmeißt die Arme hoch und ruft: „Mummy!“ Er liebt Musik! Top drei sind Ella Fitzgeralds „Dream a little dream of me“, „Juice“ von Lizzo und von meinen Songs sind es bisher „Don’t care about no ring“, „Some more Coffee“ und „Milk & Money“. Er tanzt gerne.

In den sozialen Medien sind Vergleiche an der Tagesordnung, besonders auch bei Müttern. Sehen Sie darin eine Gefahr?

Sarajane: Oh ja! Vergleiche, egal wo und mit wem, machen so viel Druck! Jeder Körper und jedes Kind sind anders. Ich habe mit vielen Kolleginnen ab und zu mal Realtalk gemacht, denn Instagram und TikTok bilden nur einen sehr kleinen Teil der Realität ab, wenn überhaupt. Das stresst total, wenn man Mütter sieht, die drei Tage nach der Geburt schon wieder herumlaufen und Reels machen, als wäre nie was gewesen. So sah es bei mir nämlich ganz und gar nicht aus!

Auf Ihrem Album reflektieren Sie unter anderem, wie sich das Kinderkriegen über die Generationen verändert hat. Was haben Sie von Ihrer Mutter und Großmutter mit auf den Weg bekommen?

Sarajane: Ich habe großartige Frauen in meiner Familie. Alle haben so viel Kraft vorgelebt. Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen, alles schaffen zu können, dass es immer eine Lösung gibt, einen unglaublich starken Optimismus, aber vor allem, dass immer jemand für einen da ist. Ich hoffe, dass meine Kindeskinder das auch mal über mich sagen können.

Sie sind in einer großen Patchworkfamilie aufgewachsen. Inwiefern hat Sie das geprägt?

Sarajane: Ich liebe Familie! Es ist zwar oft nervig und anstrengend, aber es bereichert mich sehr. Wenn man mit vielen verschiedenen Menschen aufwächst, dann erlebt man eben auch verschiedene Lebensentwürfe, verschiedene Herangehensweisen und Lebenswege. Ich glaube, das hat mich zu einem sehr toleranten und offenen Menschen gemacht. Es ist egal, ob blutsverwandt, angeheiratet oder eingepartnert: Wir halten zusammen wie Pech und Schwefel!

Wenn Sie Prioritäten setzen oder ein Vorbild sein wollen, achten Sie zuerst auf Selbstliebe. Warum ist Ihnen das wichtig?

Sarajane: Ich möchte vorleben, dass man okay ist, so wie man ist. Das ist das Tolle an Babys, sie machen nur Arbeit und man liebt sie trotzdem. Im Englischen heißt es auch humanbeing and not humandoing. (Redewendung, im Deutschen etwa: Man ist wertvoll, weil man existiert und nicht, weil man etwas Bestimmtes tut, Anm. d. Red.) Wenn ich das sage, dann kann ich aber nicht gleichzeitig an mir selbst herumnörgeln: „Oh, wie dumm ich bin, weil ich das oder jenes vergessen habe“ oder „Bitte mach kein Foto von mir so wie ich gerade aussehe“. Ich glaube, der innere Monolog ist etwas, was Kinder aufschnappen. Wenn auch unterbewusst. Es ist wichtig, dass wir alle mehr wir selbst sind, statt so sein zu wollen wie jemand anders. Nur dann können wir aus dem Vollen schöpfen!

Im Song „FUPA“ wenden Sie sich beispielsweise liebevoll der Bauchrolle zu, die wohl viele kennen. Was raten Sie Menschen, die sich selbst – und ihre FUPA – nicht so annehmen können wie Sie?

Sarajane: Ich habe auch Tage, an denen ich das nicht so gut kann. Wenn es einen sehr stört, dann kann man ja auch dagegen angehen. Aber auch wenn man sagt „Der Speck muss weg“, dann ist man als Mensch immer noch genauso liebenswert wie ohne. Es geht mir also nicht unbedingt darum zu sagen „Finde dich schön“, sondern „Wertschätze und respektiere deinen Körper“. Statt einen Sommer lang das Kleid nicht anzuziehen und das Eis nicht zu essen, finde ich: „Zeig dich, wie du bist! Du bist okay!“ Das Schreiben ist ja oft therapeutisch! Ich brauche da auch oft noch Motivation. Jetzt habe ich einen Song draus gemacht. Er gibt mir beim Hören ein schönes Gefühl und dann ziehe ich das Kleid an, auch wenn man meine FUPA sieht. Weil ich es kann! Vor ein paar Jahren hätte ich das nicht geschafft.

In einem stressigen Alltag ist es wichtig, sich auch immer wieder Zeit für sich selbst zu nehmen. Wie nehmen Sie sich solche Auszeiten und wie gestalten Sie diese?

Sarajane: Ich bin nicht sehr gut darin, aber ich plane gerade einen Wellnesstag im Hamam! Um nicht durchzudrehen, helfen mir aber auch kleine Auszeiten. Eine Tasse Tee und ein Keks. Na gut, oder sagen wir fünf Kekse. Auf dem Weg zu einem Termin Musikhören, die mich empowered. Auf dem Rückweg von der Kita ein inspirierendes Hörbuch hören. Mich in meine Duschwanne setzen und so tun, als wäre es eine Badewanne, mit Kerzenlicht und allem. Oder Schwimmen gehen. Dann nimmt man sein Handy nicht mit, da hört man keine Musik, nur das Rauschen des Wassers und des eigenen Atems.

Sie sind Jurorin bei „All Together Now“. Wie viel Spaß macht Ihnen der TV-Job?

Sarajane: Der Job bei „All Together Now“ hat unglaublich viel Spaß gemacht. 100 bunte Freaks auf einem Haufen, die alle leidenschaftlich für Musik brennen Das kann ja nur gut sein! Ich habe so viele tolle neue Menschen kennengelernt und Freundschaften geknüpft. Wenn dann die Kandidatinnen und Kandidaten Songs schmettern, die man selbst auch so liebt, wird man in der Zeit zu seinen eigenen Anfängen zurückgebracht. Es war ganz schön aufregend! Ich würde es jederzeit wieder tun! Ich sabbele auch sehr gerne.

Könnten Sie sich vorstellen, auch noch an anderen TV-Shows beteiligt zu sein?

Sarajane: Absolut! Ich habe in den letzten Jahren viel moderiert, live bei Festivals oder Podiumsdiskussionen, und rede einfach gerne mit Menschen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, in der Richtung noch mehr zu machen. Ich habe auf YouTube die „Kelly Clarkson Show“ entdeckt. Eine unfassbare Sängerin, die eine TV-Show macht mit ihrer eigenen Band, Lieblingssongs singt und mit kreativen Menschen spricht. Genial! Solche Chancen gibt es im deutschen Fernsehen zu wenig. Wenn Ina (Müller, Anm. d. Red.) im Schellfischposten mal Vertretung braucht, wäre ich auch am Start! Ist nur die Straße runter.

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