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Bei Cannabis-Bußgeldern zeichnet sich ein Flickenteppich ab

Ein Cannabis-Konsument raucht vor einer Kita oder Schule. Die Polizei bekommt das mit. Und jetzt? Über die Höhe von Bußgeldern grübeln gerade die Bundesländer. Ein föderales Flickwerk ist absehbar.

Als erstes Bundesland hat Bayern einen Bußgeld-Katalog für Verstöße gegen das Cannabisgesetz beschlossen.
Foto: Hannes P Albert/dpa

Die kontroverse Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist seit dem 1. April in Kraft – mit zahlreichen Vorgaben und Regeln, die nun jedoch auch durchgesetzt und überwacht werden sollen. Das Gesetz legt einen bundesweiten Rahmen fest, um die möglichen Strafen für Verstöße zu bestimmen. Doch was bedeutet das konkret für erwischt Kiffer und behördliche Kontrollen vor Ort? Bayern hat als erstes Bundesland einen Bußgeldkatalog und weitere Vorschriften verabschiedet. Wird das zum Vorbild?

Erlaubt ist der Besitz und Anbau der Droge für Volljährige zum Eigenkonsum – jedoch nur in beschränkten Mengen und mit Tabuzonen für das Kiffen, beispielsweise auf Spielplätzen, in Schulen, Kitas und in Sichtweite davon. Wer hingegen fahrlässig oder vorsätzlich dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Gemäß dem Gesetz kann dies mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sofort so teuer wird.

Laut dem Bundesjustizministerium beträgt die untere Grenze für Geldbußen gemäß dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten mindestens 5 Euro. Der Höchstbetrag einer Geldbuße richtet sich nach der im Cannabisgesetz festgelegten Obergrenze.

Die zuständige Behörde legt innerhalb dieses Rahmens die angemessene Geldbuße im Einzelfall fest, wie es weiter heißt. Es steht den Ländern auch frei, sich mit anderen interessierten Ländern zusammenzuschließen, um ein gemeinsames Vorgehen – wie beispielsweise den Erlass eines Bußgeldkatalogs – zu besprechen.

Die Höhe einer Geldbuße wird grundsätzlich anhand der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit festgelegt. Sie soll den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen, der durch den Verstoß möglicherweise erlangt wurde.

Eine Zusammenfassung der deutschen Bundesländer:

Bayern

Im Freistaat sind die Bußgelder für Cannabis-Verstöße bereits festgelegt – zum Beispiel 1000 Euro für das Rauchen von Marihuana in Anwesenheit von Kindern. Dies geht aus einem Bußgeldkatalog des Landesgesundheitsministeriums hervor, der seit dem 1. April gültig ist.

Außerdem verbietet Bayern das Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten komplett. Zudem gibt es ein Kiff-Verbot für den Englischen Garten in München und den Hofgarten Bayreuth. «Unser Ziel ist es, den Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen. Das ist wichtig für den Gesundheitsschutz – und ganz besonders für den Kinder- und Jugendschutz», sagt Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Damit schaffe man «klare Verhältnisse trotz eines völlig vermurksten Gesetzes».

Hessen

«Zeitnah einen Bußgeldkatalog mit konkreten Bußgeldern» festzulegen – das strebt auch der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) an. Dazu liefen Abstimmungen mit anderen Ministerien. «Darüber hinaus werden auch Cannabisverbotszonen, ähnlich den Alkoholverbotszonen, zur Gefahrenabwehr geprüft.» Der Landesregierung geht es nach eigenem Bekunden um eine «möglichst restriktive Umsetzung» des Cannabisgesetzes, «damit die Beeinträchtigungen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit so gering wie möglich sind».

Sachsen

Hier macht das CDU-geführte Innenministerium Druck: «Aufgrund vieler ungeklärter Fragen» – etwa was die Kontrolle der ab 1. Juli möglichen Anbauvereinigungen angeht – werde die «erforderliche Verordnung» des zuständigen Sozialministeriums «dringend erwartet». Dieses wird von der SPD-Politikerin Petra Köpping geführt.

Hamburg

Auch Hamburg beabsichtigt nach den Worten von Innensenator Andy Grote (SPD), in Kürze einen eigenen Bußgeldkatalog zu beschließen – zur Höhe der Bußgelder gibt es allerdings noch keine Auskunft, dem Vernehmen nach dürften sie sich aber am bayerischen Katalog orientieren. «Natürlich wäre es sinnvoll, bei einem Bundesgesetz wie dem Cannabisgesetz, einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog festzulegen», sagte Grote. Doch: «Der Bund entzieht sich hier ein weiteres Mal der Verantwortung für die praktische Umsetzung seines Gesetzes.»

Baden-Württemberg

Im grün-schwarz geführten Baden-Württemberg verweist das Sozialministerium auf die laut Cannabisgesetz möglichen Bußgelder bis zu 30.000 Euro. Fragen zur Umsetzung in Baden-Württemberg, auch mit Blick auf «die konkrete Ausschöpfung des Bußgeldrahmens», seien aktuell in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Während des Frühlingsfestes in Stuttgart ab dem 20. April darf auf dem Gelände am Neckar kein Cannabis geraucht werden. Der Grund: Das Frühlingsfest sei ausdrücklich auch für Kinder und Familien gedacht, sagen die Veranstalter.  

Rheinland-Pfalz

Derzeit wird der Erlass eines Bußgeldkatalogs vom Land geprüft.

Nordrhein-Westfalen

Die schwarz-grüne Landesregierung im bevölkerungsreichsten Bundesland gibt an, noch dabei zu sein, sich einen Überblick zu verschaffen. Daher ist noch unklar, ob Bußgelder geplant sind.

Niedersachsen

Derzeit erfolgen innerhalb der Landesregierung die abschließenden Ressortabstimmungen über die Zuständigkeiten für das Cannabisgesetz, wie ein Sprecher des SPD-geführten Innenministeriums mitteilt. Es steht noch aus, ob und in welcher Form ein spezifischer Bußgeldkatalog für Niedersachsen erstellt werden soll.

Thüringen

«Die Auswirkungen und entsprechende Umsetzung der neuen Regelungen werden aktuell zwischen den Ressorts besprochen», heißt es von der rot-rot-grünen Minderheitsregierung in dem Land. «Das betrifft auch das Ob und den Inhalt eines möglichen Bußgeldkatalogs.»

Mecklenburg-Vorpommern

Das rot-rot-regierte Nord-Land spricht noch von Abstimmungsprozessen innerhalb der Landesregierung, auch für die Frage der Bußgelder. Man sehe «noch Klärungs- und Regelungsbedarf im Bundesgesetz», die Bundesregierung habe entsprechende Nachschärfungen zugesagt. Bayern jedenfalls sei «kein gutes Beispiel für eine praxisnahe Umsetzung des Gesetzes, da von der dortigen Landesregierung eine Kampagne gegen die Cannabisfreigabe für Erwachsene geführt wird». 

dpa