Die Gesundheitsversorgung in Deutschland kostet Milliarden, und die finanzielle Situation bleibt angespannt. Müssen wir bald tiefer in die Tasche greifen?
Beitrags-Schock für Krankenkassen-Kunden
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland ist ein zentrales Element des deutschen Gesundheitssystems und basiert auf dem Solidaritätsprinzip. Sie wurde im Jahr 1883 durch Otto von Bismarck eingeführt und hat sich seither stetig weiterentwickelt.
Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein tragendes Element des deutschen Sozialstaates und gewährleistet, dass alle Bürger Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Durch das Solidaritätsprinzip und die Pflichtversicherung wird sichergestellt, dass die finanzielle Belastung fair verteilt ist und niemand aufgrund seines Einkommens von medizinischer Versorgung ausgeschlossen wird. Trotz der Herausforderungen bleibt die GKV ein Modell, das in vielen anderen Ländern als Vorbild dient.
Beiträge werden wohl steigen
Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) haben angesichts steigender Ausgaben in Milliardenhöhe vor möglichen Beitragserhöhungen für die Versicherten im kommenden Jahr gewarnt. Laut Doris Pfeiffer, der Vorsitzenden des GKV-Spitzenverbands, sei im Jahr 2025 mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten zu rechnen. Diese Aussage machte sie im brandenburgischen Kremmen.
Die zusätzlichen Kosten aus aktuellen Gesetzesvorhaben seien dabei noch nicht berücksichtigt. Doris Pfeiffer forderte daher eine umfassende Finanzreform. “Die Spirale der Beitragssatzerhöhungen muss durchbrochen werden,” erklärte sie.
Ausgaben von über 300 Milliarden Euro
Der Zusatzbeitrag, den die gesetzlichen Krankenkassen für ihre Mitglieder festlegen, wurde für dieses Jahr bereits leicht auf durchschnittlich 1,7 Prozent erhöht. Zusätzlich umfasst der Gesamtbeitrag den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns, der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt wird. Im Bundestagswahljahr 2025 wird das Ringen um die Schließung der Finanzlücken in der Versorgung der 58 Millionen Versicherten sowie der 16 Millionen beitragsfrei Mitversicherten also weitergehen. Insgesamt geht es um Leistungsausgaben von fast 300 Milliarden Euro jährlich.
Bei den Ausgaben gebe es “keinen Hinweis auf Entwarnung”, erklärte Pfeiffer. Im ersten Quartal 2024 stiegen die Ausgaben pro Versichertem um 7,1 Prozent. Der GKV-Verband rechnet für das gesamte Jahr mit einem Anstieg von 6,5 Prozent und für 2025 mit einem Zuwachs von 5,0 bis 5,5 Prozent. Gleichzeitig dürften die Beitragseinnahmen in diesem Jahr um 5,4 Prozent und im Jahr 2025 um 4,4 Prozent steigen. Grund dafür sei die weiterhin stabile Beschäftigung sowie die Nachwirkungen jüngster hoher Tarifabschlüsse.
Einige Kassen heben Beiträge mitten im Jahr an
Wie Pfeiffer betonte, ist es nicht mehr möglich, aus den Finanzpuffern der Krankenkassen zusätzliche Mittel bereitzustellen. Es stellt sich die Frage, ob die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve von voraussichtlich 5,4 Milliarden Euro für 2024 noch aufrechterhalten werden kann. Es ist akut zu erwarten, dass einige Kassen im Laufe des Jahres den zu Jahresbeginn festgelegten Zusatzbeitrag erhöhen müssen. Diese Situation ist auch darauf zurückzuführen, dass die Kassen in den vergangenen Jahren aufgrund gesetzlicher Vorgaben ihre Rücklagen teilweise deutlich reduziert haben.
Zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen hatte die Ampel-Koalition bereits für 2023 eine zusätzliche Finanzspritze beschlossen, die ein erwartetes Defizit von 17 Milliarden Euro abwendete. Dieses Geld wurde unter anderem aus Kassenreserven sowie einer Erhöhung des Zusatzbeitrags um 0,15 Prozentpunkte auf 1,51 Prozent bereitgestellt. Der Bund erhöhte seinen regulären Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro um zwei Milliarden Euro, und auch die Pharmabranche und Apotheken wurden zur Kasse gebeten. Insgesamt verzeichneten die Krankenkassen laut GKV-Verband für 2023 ein Minus von 1,9 Milliarden Euro.
Angespannter Haushalt und weitere Ausgaben erwartet
Eine zusätzliche Finanzhilfe des Bundes für 2025 ist momentan nicht absehbar, insbesondere da die Verhandlungen über den Haushalt bereits sehr schwierig sind. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat mehrfach betont, dass für ihn Leistungskürzungen grundsätzlich nicht zur Debatte stehen. Die Krankenkassen betrachten mit Besorgnis, dass mehrere Initiativen des SPD-Politikers die Ausgaben weiter erhöhen könnten – darunter ein Fonds zur Modernisierung von Krankenhäusern, Anreize für Pharmafirmen zur Bewältigung von Lieferengpässen und verbesserte Arbeitsbedingungen für Hausärzte. Für 2025 könnte sich dadurch ein zusätzliches Ausgabenrisiko von zwei Milliarden Euro ergeben.
Seit einiger Zeit setzen sich die Krankenkassen dafür ein, dass Beitragsgelder nicht für allgemeine öffentliche Aufgaben verwendet werden sollten, insbesondere wenn die Kassen einen Teil der Versorgungskosten für Empfänger von Bürgergeldern tragen müssen. Uwe Klemens, Co-Vorsitzender des Verwaltungsrats des GKV-Spitzenverbands, argumentierte, dass die Herkunft des Geldes nicht egal sei. Steuermittel würden von der gesamten Bevölkerung aufgebracht, während Beiträge ausschließlich von Kassenmitgliedern und Arbeitgebern gezahlt würden. Privatversicherte seien dabei außen vor und Gutverdiener profitierten von einer Beitragsbemessungsgrenze.