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Diakonie-Chef lehnt überzeugte AfD-Wähler als Mitarbeiter ab

Die christlichen Kirchen haben sich gegen die AfD scharf abgegrenzt. Auch als Arbeitgeber wollen sie mit Anhängern der Rechtsaußenpartei nichts zu tun haben. Das betrifft Hunderttausende Beschäftigte.

«Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten», sagt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.
Foto: Soeren Stache/dpa

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch will überzeugte AfD-Wähler in den eigenen Reihen nicht dulden. «Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten», sagte Schuch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Diese Leute können sich im Grunde auch nicht mehr zur Kirche zählen, denn das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild.»

Der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie Deutschland ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und beschäftigt laut eigenen Angaben mehr als 627.000 Menschen. Die beiden großen christlichen Kirchen hatten sich bereits im Frühjahr scharf von der AfD abgegrenzt. Als Arbeitgeber haben viele von den Kirchen getragene Institutionen den Status sogenannter Tendenzbetriebe und genießen eine vergleichsweise große Entscheidungsfreiheit bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter.

Schuch sagte, zwar sollte zunächst mit betreffenden Mitarbeitenden gesprochen und klargestellt werden, dass für menschenfeindliche Äußerungen in den Einrichtungen der Diakonie kein Platz sei. «Aber wenn das nichts ändert, muss es arbeitsrechtliche Konsequenzen geben», sagte Schuch. Er fügte hinzu: «Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen.»

AfD spricht von Hexenjagd

Die AfD reagierte empört. Die kirchenpolitische Sprecherin Nicole Höchst sprach von einer «modernen Hexenjagd auf die AfD», die unchristlich und menschenfeindlich sei. Die Äußerungen des Diakonie-Präsidenten seien «hohlen Phrasen». «Die Diakonie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, den Artikel vier des Grundgesetzes zu verletzen», meinte Höchst. Artikel 4 garantiert die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Religion.

Die Lutherische Bischofskonferenz hatte bereits im März vor der AfD gewarnt und erklärt: «Wer die AfD wählt, unterstützt eine Partei, die das christliche Menschenbild mit Füßen tritt». Die Katholische Bischofskonferenz formulierte in einem Beschluss vom Februar: «Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar.»

Der katholische Deutsche Caritasverband, der seinerseits knapp 696.000 Menschen in sozialen Einrichtungen beschäftigt, ist nach eigenen Angaben dabei zu klären, was dies arbeitsrechtlich bedeutet. Der Verband lehne «extremistische, fundamentalistische, rassistische, antisemitische, demokratiefeindliche, nationalistische, ausländerfeindliche Positionen entschieden ab», erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.

Die «Grundordnung des kirchlichen Dienstes», die das Arbeitsrecht in der katholischen Kirche regele, verweise auch explizit auf die Ablehnung von kirchenfeindlichen Positionen. Über konkrete arbeitsrechtliche Fragen als Konsequenz dieser Grundhaltung berate gerade eine Arbeitsgruppe. Eine Handreichung mit konkreten Punkten solle zeitnah veröffentlicht werden, erklärte die Sprecherin.

«Für den Erhalt der offenen Gesellschaft»

Als «Tendenzbetriebe» haben christliche Arbeitgeber besondere Rechte und können ihren Arbeitnehmern bestimmte Vorgaben machen, um die «Glaubwürdigkeit der Kirche» oder deren Sittenlehre zu wahren. In der Vergangenheit galten zum Beispiel die Heirat mit einem geschiedenen Partner oder ein verschwiegener Kirchenaustritt als Kündigungsgrund für Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter.

Diakonie-Präsident Schuch mahnte die Arbeitgeber in Deutschland, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Wählen aufzufordern. «Sie sollten auch deutlich machen, dass es wichtig ist, mit ihrer Stimme nicht die Feinde der Demokratie zu stärken.» Die Demokratie sei kein Selbstläufer. Schuch fügte hinzu: «Jedes Unternehmen in Deutschland sollte deswegen seine Haltung überprüfen und sich fragen, ob es genug für den Erhalt der offenen Gesellschaft tut.»

dpa