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EU verhängt erstmals Sanktionen gegen israelische Siedler

Gewalttaten radikaler israelischer Siedler gelten als ein Hindernis für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt. Die EU setzt jetzt ein klares Zeichen.

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Foto: ---/dpa-Infografik/dpa

Die EU verhängt erstmals Sanktionen wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland. Die Mitgliedstaaten beschlossen die Strafmaßnahmen in einem schriftlichen Verfahren, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Laut den Angaben zielen die Sanktionen auf Personen und Organisationen ab, die für Gewalttaten gegen Palästinenser im Westjordanland verantwortlich gemacht werden. Sie werden durch das EU-Sanktionsinstrument zur Bestrafung schwerwiegender Menschenrechtsverstöße verhängt. Betroffene Personen dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern tätigen. Darüber hinaus müssen ihre Konten und anderen Vermögenswerte in der EU eingefroren werden.

Symbolisch bedeutender Schritt

Angriffe gegen Palästinenser und der Siedlungsbau im Westjordanland werden als Hindernisse für langfristige Friedenslösungen im Nahost-Konflikt betrachtet, insbesondere nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober. Die EU hat die Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits verurteilt, aber es gab bisher keinen Konsens über Strafmaßnahmen. Die Entscheidung für Sanktionen wird daher als Zeichen für eine mögliche Änderung der Israel-Politik der EU angesehen, obwohl die Auswirkungen für die Betroffenen vergleichsweise gering sind.

Die EU folgt mit den Sanktionen dem Vorbild der USA. Diese haben bereits Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Siedler verhängt. Den Betroffenen wird unter anderem vorgeworfen, sich im Westjordanland an Gewalt gegen palästinensische Zivilisten beteiligt zu haben.

Sanktionen sollen Strafverfolgung initiieren

Die Namen der Betroffenen werden bald im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Laut dpa handelt es sich zunächst um vier Personen und zwei Organisationen. Die Sanktionen sollen idealerweise dazu führen, dass die israelische Justiz sich in Zukunft stärker für die Verfolgung von Gewalttaten israelischer Siedler gegen palästinensische Dörfer und Olivenhaine einsetzt, so Diplomaten.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat die Entwicklungen in dem Gebiet erst in der vergangenen Woche wieder als höchst besorgniserregend bezeichnet. Im Westjordanland würden Palästinenser ständig von Hunderten israelischen Siedlern angegriffen, die oft vom Militär unterstützt würden, ließ er mitteilen. Nach der Tötung eines 14-jährigen Israelis aus einer Siedlerfamilie seien bei Racheakten vier Palästinenser getötet worden, darunter ein Kind. Israel sei als Besatzungsmacht verpflichtet, Palästinenser vor Siedlerattacken und rechtswidriger Gewalt durch Sicherheitskräfte zu schützen, so Türk.

Ungarn verhinderte lange Sanktionen

Die Sanktionen gegen Siedler hätten eigentlich bereits vor längerem beschlossen werden sollen. Die ungarische Regierung, die in der EU als besonders israelfreundlich gilt, signalisierte allerdings erst im vergangenen Monat, dass sie ihnen nicht mehr im Weg steht. Teil der Einigung war, dass es auch neue Strafmaßnahmen gegen bewaffnete islamistische Gruppen gibt. Sie waren bereits in der vergangenen Woche verhängt worden – insbesondere wegen des Einsatzes «systematischer und weiträumiger sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt».

Ein Faktor für die angespannte Situation im Westjordanland ist die kontroverse Erweiterung israelischer Siedlungen seit der Eroberung des Gebiets im Sechstagekrieg 1967. Die Anzahl der Siedler in dieser Region, die zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, hat mittlerweile auf etwa eine halbe Million zugenommen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben dort zusammen mit rund drei Millionen Palästinensern.

Die Vereinten Nationen betrachten diese Siedlungen als bedeutende Hürde für eine Friedensregelung, da sie die Schaffung eines zusammenhängenden palästinensischen Territoriums im Falle einer möglichen Zwei-Staaten-Lösung stark einschränken. Ein weiterer Grund für die angespannte Situation sind die Razzien der israelischen Armee in Städten des Westjordanlands aufgrund von Anschlägen von Palästinensern gegen Israelis.

dpa