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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Moskau droht den USA nach einem ukrainischen Raketenangriff auf Sewastopol mit Konsequenzen. Nun greift der US-Verteidigungsminister nach langer Funkstille zum Telefonhörer. Die News im Überblick.

Die Ukraine verteidigt sich nun seit 854 Tagen gegen den russischen Angriffskrieg.
Foto: Evgeniy Maloletka/AP

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat mit seinem russischen Kollegen Andrej Beloussow gesprochen, nachdem Moskau gedroht hatte. Pentagon-Sprecher Pat Ryder sagte, dass Austin betonte, die Kommunikation angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine aufrechtzuerhalten. Ryder nannte keine weiteren Details zu dem Telefonat.

Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass beide Seiten in der Nacht über den Krieg in der Ukraine gesprochen haben. Beloussow wies auf die steigende Gefahr einer Eskalation in dem Land hin, im Zusammenhang mit den laufenden US-Waffenlieferungen an die Ukraine. Es wurden auch andere Themen diskutiert. Das Ministerium in Moskau nannte jedoch keine Details.

Kremlsprecher: Angriff kann nicht ohne Folgen bleiben

Moskau hatte Washington nach einem ukrainischen Raketenangriff auf die Stadt Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim gedroht. «Es versteht sich, dass die unmittelbare Beteiligung der USA an Kampfhandlungen, in deren Ergebnis russische Zivilisten ums Leben kommen, nicht ohne Folgen bleiben kann», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das russische Außenministerium bestellte zugleich die US-Botschafterin in Moskau, Lynne Tracy, ein und übergab ihr eine Protestnote. 

Moskau hat keine konkreten Angaben zu den Auswirkungen auf Washington gemacht. Die russische Führung beklagt jedoch seit langem, dass die USA sich zunehmend als Kriegspartei engagieren würden.

Laut dem Pentagon wurde das Gespräch von Austin initiiert. Ryder zufolge fand das letzte Gespräch zwischen Austin und seinem russischen Kollegen am 15. März 2023 statt. Zu dieser Zeit war Sergej Schoigu noch russischer Verteidigungsminister. Nach verschiedenen Skandalen bezüglich Korruption und Amtsmissbrauch wechselte er in die Position des Sekretärs des nationalen russischen Sicherheitsrats. Der Ökonom Beloussow soll sicherstellen, dass die Militärausgaben effektiv für die Kriegswirtschaft und die Kämpfe an der Front genutzt werden.

Ukraine und Russland tauschen Kriegsgefangene aus

Unterdessen haben die Ukraine und Russland bei einem weiteren Austausch von Kriegsgefangenen jeweils 90 Soldaten wieder in ihre Heimat entlassen. «Unsere Leute sind zuhause», teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im sozialen Netzwerk X mit. 

Es sind also Soldaten verschiedener Einheiten der Streitkräfte, einige von ihnen haben auch in Mariupol gekämpft, bevor die Russen die Stadt einnahmen. Die Heimkehrer haben in den Gebieten Cherson, Donezk, Saporischschja und Luhansk gegen die russische Invasion gekämpft.

https://x.com/ZelenskyyUa/status/1805675927755518376

«Wir denken an all unsere Menschen in russischer Gefangenschaft. Wir setzen unsere Arbeit fort, um alle herauszukommen», sagte Selenskyj. Er dankte wie das russische Verteidigungsministerium in einer Mitteilung den Vereinigten Arabischen Emiraten für die Rolle als Vermittler. Beide Seiten veröffentlichten Video von den freigelassenen und glücklichen Soldaten.

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass 90 russische Kriegsgefangene von der Ukraine übergeben wurden. Die Männer wurden mit militärischen Transportflugzeugen nach Moskau gebracht, um in medizinischen Einrichtungen behandelt und rehabilitiert zu werden.

Die Verhandlungen über den Austausch von Kriegsgefangenen sind einer der wenigen verbliebenen Kontakte zwischen den Konfliktparteien. Laut Kremlchef Wladimir Putin, der den Krieg vor über zwei Jahren am 24. Februar 2022 begonnen hat, befinden sich Anfang dieses Monats 1348 russische Soldaten in ukrainischer Gefangenschaft. Auf der anderen Seite seien mehr als 6000 ukrainische Kriegsgefangene in russischer Gefangenschaft, so sagte er.

Selenskyj begrüßt erneut EU-Beitrittsverhandlungen

Auch in seiner abendlichen Videobotschaft versicherte Selenskyj erneut, dass er den Verbleib der ukrainischen Gefangenen klären und sie nach Hause bringen werde. Er betonte erneut in dem Video, dass die Ukraine für eine Zukunft in Europa kämpft. Außerdem begrüßte er wie bereits in anderen Mitteilungen den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen. Das Land werde alles in seiner Macht Stehende tun, um die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Europäische Union zu erfüllen.

Davor hatte er schon mit anderen Vertretern der ukrainischen Führung ebenfalls in einem Video den Start der Verhandlungen gelobt. «Heute ist der Tag, auf den wir alle lange und hart hingearbeitet haben – die gesamte Mannschaft der Ukraine», sagte Selenskyj in der Aufnahme vor seinem Amtssitz in Kiew.

Der Staatschef erinnerte daran, dass das Land nun endgültig die Gewissheit habe, ein vollwertiges Mitglied der EU zu werden. Die Unterzeichnung des Beitrittsgesuchs fand am fünften Tag der russischen Invasion Ende Februar 2022 statt. Auf dem Video waren neben Selenskyj auch Regierungschef Denys Schmyhal und Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk zu sehen.

Nach «Tausenden von Treffen und Telefonaten»

«Viele haben gesagt, das ist nicht mehr als ein Traum», sagte Selenskyj. Nach «Tausenden von Treffen und Telefonaten» habe Kiew jedoch die Bedingungen für die Aufnahme der Gespräche dank der Entschlossenheit des ukrainischen Volkes erfüllt. «Wir werden dieses Ziel – wie auch alle anderen unsere Ziele – definitiv erreichen», sagte Ministerpräsident Schmyhal.

Parlamentspräsident Stefantschuk meinte, dass die Ukraine den Prozess in Rekordzeit absolvieren werde. «Wir haben alle notwendigen Gesetze verabschiedet und werden das auch weiter tun, damit die Ukraine nie wieder vom europäischen Haus gelöst wird», unterstrich Stefantschuk. Der ukrainische Beitritt sorge für eine stabile und sichere Zukunft Europas.

EU-Beitritt vor Kriegsende so gut wie ausgeschlossen

Die Ukraine hat vor mehr als zwei Jahren kurz nach dem russischen Überfall einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt. Im Juni 2022 wurde das osteuropäische Land offiziell als Beitrittskandidat anerkannt; Ende 2023 empfahl der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs die Aufnahme von Beitrittsgesprächen. Die Ukraine wird als das ärmste Land Europas angesehen, dessen Haushalt bereits jetzt zu einem großen Teil von ausländischen Geldgebern finanziert wird.

Es ist unklar, wie lange es dauern könnte, bis ein EU-Beitritt nach Beginn der Verhandlungen erfolgt. Es ist theoretisch möglich, dass ein Beitrittskandidat niemals Mitglied wird. Für die Ukraine ist es derzeit auch unwahrscheinlich, dass sie vor dem Ende des russischen Angriffskriegs EU-Mitglied wird. Denn in diesem Fall könnte Kiew gemäß Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärische Unterstützung anfordern – und die EU würde sich als Kriegspartei positionieren.

dpa