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Keine Diskriminierung von Vätern bei Kindererziehungszeiten für die Rente

Das Bundessozialgericht entschied, dass die Zuordnung der Erziehungszeiten im Zweifel bei der Mutter liegt, um Nachteile auszugleichen.

Das Bundessozialgericht in Kassel.
Foto: Swen Pförtner/dpa

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat entschieden, dass Väter bei der Zuordnung von Kindererziehungszeiten für die Rente nicht diskriminiert werden (Aktenzeichen B 5 R 10/23 R). Laut BSG liegt keine verfassungswidrige Benachteiligung von Männern vor, wenn Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel bei der Mutter anerkannt werden.

Gemäß der aktuellen Regelung haben Eltern, die gemeinsam ein Kind erziehen, die Möglichkeit, eine gemeinsame Erklärung gegenüber dem Rentenversicherungsträger abzugeben, um festzulegen, welchem Elternteil die Kinderziehungszeiten zugeordnet werden sollen. Wenn keine solche Erklärung vorliegt, werden die Erziehungszeiten dem Elternteil zugeordnet, der das Kind hauptsächlich betreut hat. Kann auch das nicht festgestellt werden, werden die Erziehungszeiten der Mutter zugeordnet. Dies ist im aktuellen Fall geschehen.

Hintergrund des Falles

Der Kläger – ein Vater aus Hessen – und die Kindsmutter lebten zunächst mit ihrer im Jahr 2001 geborenen Tochter in einem gemeinsamen Haushalt, so das Bundessozialgericht. Die Eltern haben keine einheitliche Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit abgegeben. Der Vater war auch nach der Geburt der Tochter weiterhin in Vollzeit beschäftigt, während die Mutter erst kurz vor dem sechsten Geburtstag der Tochter eine geringfügige Beschäftigung aufnahm. Im November 2008 zog sie aus der gemeinsamen Wohnung aus, und seitdem leben Vater und Mutter dauerhaft getrennt. Der Aufenthaltsort der Mutter ist mittlerweile laut BSG unbekannt. Das Familiengericht hat das Ruhen ihrer elterlichen Sorge festgestellt.

Der beklagte Rentenversicherungsträger hat die Zeit ab dem Auszug der Mutter beim Vater als Berücksichtigungszeit für die Kindererziehung vorgemerkt. Vorher hat er die Vormerkung von rentenrechtlichen Zeiten wegen Kindererziehung abgelehnt. Da keine einvernehmliche Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit abgegeben wurde und erst ab November 2008 eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nachgewiesen werden konnte, wird die Zuordnung bei der Kindsmutter erfolgen.

Argumente des Vaters

Der Vater hat jedoch verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Er argumentiert, dass er aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wird, wenn bei gemeinsamer Erziehung durch die Eltern, bei der nicht nachgewiesen werden kann, dass ein Elternteil überwiegend erzieht, die Kindererziehungszeit der Mutter zugeordnet wird. Das zugrunde liegende Rollen- und Familienbild entspricht auch nicht mehr der gesellschaftlichen Realität.

Wie bereits die beiden Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Erziehungszeit der Mutter zugeordnet wird, wenn die Eltern keine übereinstimmende Erklärung zu ihrer Zuordnung abgegeben haben und eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorliegt. Zwar führe die Anwendung der Auffangregelung zu einer unmittelbaren Benachteiligung des Kindsvaters. «Die Ungleichbehandlung ist aber zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots ausnahmsweise gerechtfertigt», begründeten die Kasseler Richter ihre Entscheidung.

«Indem die Erziehungszeit im Zweifel der Mutter zuordnet wird, werden faktische Nachteile ausgeglichen, die infolge der Erziehungsleistung beim Erwerb von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen und die Frauen weiterhin deutlich häufiger betreffen als Männer», führten sie aus. Obwohl die Erwerbstätigenquote und teilweise auch der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern unter drei Jahren und auch darüber hinaus gestiegen sei, bleibe sie immer noch deutlich hinter denjenigen der Väter zurück. «Diese, die Mütter bevorzugende Auffangregelung ist auch verhältnismäßig.» Die übrigen Zuordnungsregelungen ließen genügend Raum für eine Zuordnung der Erziehungszeit an einen männlichen Elternteil.

dpa