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Trendwende in Sicht: Konjunktur erholt sich langsam

Die Regierung hebt Prognose an, Reallöhne steigen, Konsumneigung nimmt zu – Wirtschaftswende dringlich.

Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht sich angesichts struktureller Probleme des Standorts für Reformen aus.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Bei der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland scheint trotz anhaltender Wachstumsschwäche langsam eine Trendwende in Sicht zu sein. Die Anzeichen für eine konjunkturelle Aufhellung hätten sich deutlich verstärkt, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in Berlin. Die Regierung hob ihre Konjunkturprognose leicht an. Habeck sieht aber weiterhin Bremsen für mehr Wachstum und sprach sich für Reformen sowie Entlastungen für Firmen aus. «Es ist kein Grund, nicht weiter hart an der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu arbeiten.»

Hoffnung auf Erholung – Inflation geht zurück

Die Bundesregierung erwartet nun für dieses Jahr ein Wachstum von 0,3 Prozent. Im Februar noch hatte die Regierung ihre Prognose drastisch heruntergeschraubt – auf ein Plus des Bruttoinlandsprodukts von nur noch 0,2 Prozent. Ein Wachstum von 0,3 Prozent sei natürlich «nichts, mit dem wir zufrieden sein können», sagte Habeck. Es gebe aber eine Reihe positiver Entwicklungen. So habe die Inflation schneller nachgelassen als noch vor zwei Monaten prognostiziert. Laut Frühjahrsprognose dürft sich der Anstieg der Verbraucherpreise nach 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,4 Prozent im laufenden Jahr verringern. 

Konsum könnte Fahrt aufnehmen

Die Reallöhne steigen laut Ministerium deutlich, sodass inflationsbedingte Kaufkraftverluste der privaten Haushalte zunehmend überwunden werden. Das könnte zu einer Belebung des privaten Konsums führen, als einer wesentlichen Stütze des Wirtschaftswachstums. «Die Menschen haben wieder mehr Geld im Portemonnaie», sagte Habeck. 

Laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung könnte die stark beeinträchtigte Kauflaune der Verbraucher in Deutschland bald wieder steigen. Die Konsumneigung steigt in allen Einkommensgruppen deutlich an, vor allem in den Bereichen Freizeit, Unterhaltung und Kultur sowie Wohnungsinstandhaltung.

Stimmung in der Wirtschaft bessert sich

Habeck sagte auch, dass die Energiepreise gesunken seien und Engpässe bei Lieferketten überwunden seien. Darüber hinaus werde die Produktion, insbesondere in der energieintensiven Industrie, die abgestürzt war, wieder steigen.

Eine Zinswende der Europäischen Zentralbank könnte positive Auswirkungen haben. Eine im Sommer erwartete Zinssenkung der Europäischen Zentralbank könnte dazu führen, dass der Wohnungsbau wieder Fahrt aufnimmt.

Der Minister verwies auch auf das Ifo-Geschäftsklima. Demnach hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im April erneut verbessert. Es ist der dritte Anstieg des Wertes des wichtigen Konjunkturbarometers in Folge. Ökonomen sprechen nach einer solchen Serie häufig von einer konjunkturellen Wende zum Besseren. «Die Konjunktur stabilisiert sich, vor allem durch die Dienstleister», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Das Geschäftsklima hellte sich in allen betrachteten Wirtschaftsbereichen auf.

Habeck wies jedoch auch auf Risiken hin. Die Weltwirtschaft hat sich noch nicht vollständig erholt. Er betonte, dass sie von den Krisen in der Welt abhängig sei, insbesondere mit Blick auf die fragile Lage im Nahen Osten.

«Ärmel hochkrempeln»

Als größte kurzfristige strukturelle Herausforderung nannte Habeck, dass die Investitionszurückhaltung vieler Unternehmen überwunden wird – mittelfristig gehe es darum, mehr Fachkräfte zu gewinnen, Bürokratie abzubauen und Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. «Deutschland ist abgefallen in der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern», sagte Habeck: «Wir müssen die Ärmel hochkrempeln.»

Das sieht auch die Wirtschaft so. «Es wäre wünschenswert, dass die Konjunktur in Schwung kommt. Aber leider haben die Unternehmen nach wie vor mit handfesten strukturellen Herausforderungen zu kämpfen», sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Deutschland verliere im internationalen Vergleich an Boden, nicht zuletzt wegen der hohen Steuerlast und enormer Bürokratiebelastungen. «Die Unternehmen brauchen jetzt ein deutliches Aufbruchssignal.»

Habeck stellte ein Wachstumspaket vor der Europawahl im Juni in Aussicht. Nur: wie genau könnte dieses aussehen? Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, die Frühjahrsprojektion zeige eine gewisse Stabilisierung der Konjunktur. Eine «Wirtschaftswende» sei aber weiter dringlich. 

Habeck reagierte gelassen auf ein FDP-Dokument für eine solche Wende und bezeichnete es als ein Papier für den anstehenden FDP-Parteitag. Auf spezifische Punkte wie den von der FDP geforderten vollständigen Soli-Abbau ging er nicht ein.

Der Wirtschaftsminister betonte erneut die Notwendigkeit staatlicher Anreize, um Investitionen in neue, umweltfreundlichere Technologien zu fördern – beispielsweise durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten. Eine allgemeine Senkung der Steuern, so sehr sie auch gewünscht würde, ist finanziell nicht möglich und könnte auch nicht zielgerichtet genug sein, so Habeck.

Derzeit finden innerhalb der Bundesregierung Verhandlungen über den Haushalt 2025 statt, um Milliardenlöcher zu stopfen. Habeck hatte bereits ein milliardenschweres, schuldenfinanziertes Sondervermögen vorgeschlagen, um Firmen zu entlasten. Dies könnte jedoch aufgrund der FDP schwierig werden.

Und der Kanzler? Wirtschaftsverbände hatten Olaf Scholz (SPD) zuletzt scharf kritisiert und ihm vorgeworfen, den Ernst der Lage offenbar zu unterschätzen. Scholz wies dies zurück. Habeck verwies darauf, was die Regierung geleistet habe, etwa um die Energieversorgung zu stabilisieren und die Inflation zu bekämpfen und den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen. Aber: «Selbstzufriedenheit» sei die falsche Haltung.

Die Veranstaltung findet am 15. Oktober um 14:00 Uhr im Konferenzraum statt. Alle Mitarbeiter sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Bitte bestätigen Sie Ihre Teilnahme bis zum 10. Oktober. Vielen Dank.

dpa