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Union und Ampel: Einigung beim Bürgergeld

Die Verhandlungen fanden unter Hochdruck statt – doch quasi in letzter Minute wurden Kompromisse zur wohl größten Sozialreform dieser Wahlperiode gefunden.

Das Bürgergeld soll das heutige Hartz-IV-System ablösen.
Foto: Marijan Murat/dpa

Nach tagelangem Ringen haben die Ampel-Koalition und die Union den Weg für das geplante Bürgergeld freigemacht. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse, wie sie am Dienstag in Berlin mitteilten. Das Bürgergeld soll zum 1. Januar 2023 die heutigen Hartz-IV-Leistungen ablösen.

Die Union hatte darauf gepocht, dass es mehr Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger gibt als ursprünglich geplant – und konnte sich damit durchsetzen. Die Ampel hatte eine «Vertrauenszeit» von sechs Monaten vorgesehen, in denen es diese Sanktionen nicht geben sollte. Auf diese Vertrauenszeit wird nun komplett verzichtet. Stattdessen sollen von Anfang an Leistungsminderungen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war. Dafür wurde ein Stufenmodell vereinbart.

Einigung bei Vermögen der Empfänger

Zudem hatten CDU und CSU gefordert, dass Betroffene weniger eigenes Vermögen behalten dürfen, wenn sie die staatliche Leistung erhalten. Die Ampel hatte ein Schonvermögen von 60.000 Euro geplant. Der Kompromiss sieht nun einen Betrag von 40.000 Euro für die erste Person einer Bedarfsgemeinschaft vor und 15.000 Euro für jede weitere. Es gilt eine Karenzzeit von einem Jahr – die Ampel hatte zwei Jahre gewollt. In dieser Zeit müssen Leistungsbezieher das Ersparte nicht aufbrauchen. Die Altersvorsorge wird davon komplett ausgenommen und geschützt.

Die FDP hatte Grüne und SPD zuvor zu Kompromissen aufgefordert. Auch «noch attraktivere Hinzuverdienstregeln» sollten dabei in den Blick kommen. Laut bisherigem Entwurf soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können, wer zwischen 520 und 1000 Euro verdient.

Bereits geplant war, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss an diesem Mittwoch festzurrt. Bis Freitag sollen Parlament und Länderkammer dann das Bürgergeldgesetz beschließen. Zum 1. Januar sollen die Bezüge etwa von Alleinstehenden um mehr als 50 Euro auf 502 Euro steigen.

Union hält Gesetz jetzt für zustimmungsfähig

Nach dem Kompromiss mit der Ampel-Koalition halten CDU und CSU das Gesetz jetzt für akzeptabel. Zu seiner Überraschung sei die Ampel-Koalition sehr weitgehend bereit gewesen, Kompromisse zu machen, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Dienstag in Berlin. «Damit ist das Gesetz, so wie es jetzt in dieser Form vorliegt, aus unserer Sicht zustimmungsfähig.» Dies werde er, wenn der Vermittlungsausschuss dem Gesetz so zustimmen werde, auch der Unionsfraktion vorschlagen.

«Dieses Gesetz wird weiter den Namen Bürgergeldgesetz tragen. Aber es wird nicht mehr dem Inhalt nach das Bürgergeld sein, das die Koalition ursprünglich geplant hat.» Merz verwies darauf, das die vorgesehene Vertrauenszeit, in der es keine Sanktionen geben sollte, komplett gestrichen worden sei. Verweigere ein Leistungsbezieher die Mitwirkung, werde es vom ersten Tag an Sanktionen geben. Die Leistungen würden im ersten Monat um 10 Prozent gekürzt, im zweiten Monat um weitere 10 Prozent und ab dem dritten Monat der Mitwirkungsverweigerung um 30 Prozent.

«Opposition wirkt», sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt. «Wir haben in den Verhandlungen schwere Systemfehler im Hartz-IV-Update, das ja missverständlich als Bürgergeld bezeichnet wird, also schwere Fehler im Hartz-IV-Update beseitigen können.» Die größten Fehler seien fehlende Sanktionen, ein überzogenes Schonvermögen und eine zu lange Karenzzeit gewesen.

dpa