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Antisemitismus an deutschen Universitäten, Bildung als Schlüssel zur Bekämpfung von Hass und Hetze

Jüdische Studenten leiden unter Antisemitismus an deutschen Hochschulen, während die Politik strukturelle Änderungen zur Sicherheit vorantreibt.

Josef Schuster zeigt sich besorgt über eine mögliche Ausweitung der Proteste an deutschen Hochschulen.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Nach einem propalästinensischen und anti-israelischen Protest an der Humboldt-Universität in Berlin hat der Präsident des Zentralrats der Juden vor Zuständen wie an US-Hochschulen gewarnt. «Meine größte Sorge ist, dass die Verhältnisse, die wir den USA sehen, sich auch in Deutschland zeigen werden, da viele Gruppen international vernetzt sind», sagte Josef Schuster laut Mitteilung. «Erste Anzeichen dafür konnten wir bereits an der HU Berlin sehen.» Am Freitag hatten rund 150 Menschen in der Nähe der Universität demonstriert.

Jüdische Studierende fühlen sich nicht sicher

Jüdische Studentinnen und Studenten seien seit vielen Monaten in hohem Maße von Antisemitismus betroffen, was ein «extremes Unsicherheitsgefühl» unter ihnen hervorgerufen habe. «Wir sind mit der Politik und der Hochschulrektorenkonferenz in einem engen Austausch, um strukturelle Änderungen an den Universitäten voranzutreiben, die ein wirksamer Schutz gegen Hass und Hetze gegen Juden und gegen Israel auf dem Campus sein können.» 

Hier sei Bildung der Schlüssel: «Aktuell mangelt es häufig am Erkennen und am Umgang von und mit antisemitischen Umtrieben unter Studenten und Lehrenden sowie meist auch an den richtigen Instrumenten, um gegen die Treiber dieser Entwicklung vorzugehen.» So sei bereits eine Grenze überschritten, wenn die Vernichtung des Staates Israel gefordert werde. Schuster forderte ein Nachschärfen des Strafrechts. 

Anfang Februar wurde der jüdische Student Lahav Shapira in Berlin bei einem vermutlich antisemitischen Angriff zusammengeschlagen und mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus gebracht.

Propalästinensische Demo an der Humboldt-Universität

Bei dem Protest am Freitag wurden von der Polizei 37 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es handelt sich unter anderem um mögliche Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wie die Polizei am Samstag bekannt gab. Während des Einsatzes wurden 38 Personen – darunter 24 Frauen und 14 Männer – in ihrer Freiheit eingeschränkt. Am Samstag war nichts über Verletzte bekannt.

Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu der nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen – es demonstrierten zwei Gruppen. Die Protestierenden forderten einen Hörsaal als Kundgebungsort, dem die Universitätsleitung nicht stattgab. Zwischenzeitlich wurde die Versammlung angemeldet, was dann aber wieder zurückgezogen wurde. Die Polizei untersagte antisemitische Ausrufe. Die Protestierenden riefen laut Polizei mehrfach die antisemitische Parole «From the river to the sea, palestine will be free», die als Aufruf zur Zerstörung Israels, Vertreibung und Auslöschung der jüdischen Bevölkerung verstanden werden kann.  

Humboldt-Uni will multiperspektivischen Dialog

Der Deutschen Presse-Agentur sagte die Präsidentin der HU, Julia von Blumenthal, dass sie den Protestierenden deutlich gemacht habe, dass die Universität ein Ort kontroverser Diskussionen sei, die auf Basis der Grundwerte geführt würden. «Dazu gehört kein Platz für Antisemitismus, kein Platz für Rassismus und kein Platz für irgendeine andere Form der Diskriminierung.» Es habe die Forderung im Raum gestanden, die Kontakte zu Israel abzubrechen, «etwas, was für mich vollkommen ausgeschlossen ist». 

„Sie hat angeboten, bei einer Veranstaltung in den kommenden Wochen über das Thema zu diskutieren. Es gab jedoch eine Kerngruppe, die beschlossen hat, laut zu brüllen. Ihr Angebot gilt weiterhin für Studierende der Humboldt-Universität.“

Bei einer Diskussion wäre ihr ein breites Spektrum an Position wichtig, sagte von Blumenthal. «Es gibt unterschiedliche jüdische Stimmen, es gibt unterschiedliche palästinensische Stimmen, es gibt auch wissenschaftliche Positionen.» Teilweise gehe es vor Ort aber auch um Forderungen, die nicht die Universität beträfen, wie die nach Anerkennung des Staates Palästina und nach einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen. 

Teils gewaltvolle Ausschreitungen an US-Universitäten

Derzeit protestieren Gruppen an vielen Universitäten in den USA für Solidarität mit Palästinensern und fordern die Beendigung der Verbindungen zu Israel. Kritiker werfen vor allem dem radikalen Flügel der Protestbewegung Antisemitismus und die Bagatellisierung der islamistischen Terrororganisation Hamas vor, die Israel das Existenzrecht abspricht und am 7. Oktober ein Massaker in Israel verübte.

dpa