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Habecks «Pharma-Reise» – Branche sieht strukturelle Probleme

Zwei Tage nimmt sich Wirtschaftsminister Habeck Zeit, um Pharma-Standorte in drei Bundesländern zu besuchen. Die Branche hat klare Erwartungen.

Habecks Ministerium arbeitet an einer Anpassung des Vergaberechts - dieses solle einen wichtigen Beitrag zur Ansiedlung von Herstellungsstätten in der EU leisten.
Foto: Michael Helbig/dpa-Zentralbild/dpa

Die Pharmabranche sieht strukturelle Probleme am Standort Deutschland. «Wir haben ein schlechtes Quartett aus überbordender Bürokratie, Fachkräftemangel, zu hohen Energiekosten und bröckelnder Infrastruktur», sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, der dpa vor einer «Pharma-Reise» von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Zudem müsse die Arzneimittelpolitik wieder deutlich innovationsfreundlicher werden. «Auch muss sich Generika-Produktion in Deutschland wieder lohnen. Die ersten Trippel-Schritte der Regierung bei Antibiotika und Kinderarzneimitteln waren gut, weitere müssen folgen.»

Habeck bricht heute zu einer zweitägigen Reise zu Pharma-Standorten in Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt auf. Er besucht unter anderem große Konzerne wie Merck sowie Mittelständler. Habeck will sich laut Ministerium ein Bild von den Herausforderungen der Branche machen. Es solle darum gehen, wie die Voraussetzungen für die Gesundheitswirtschaft in Deutschland verbessert werden könnten.

«Haben 2023 nicht mehr produziert als 2005»

Der Bundesarbeitgeberverband Chemie erklärte, die Chemie- und Pharmaindustrie kämpfe mit Nachteilen wie hohen Energiekosten, steigenden Arbeitskosten und ausufernder Bürokratie. «Wir verlieren Wettbewerbsfähigkeit und haben 2023 nicht mehr produziert als 2005. Parallel zu diesen Herausforderungen muss unsere Branche in die Transformation investieren. Nachhaltigkeit, klimaneutrale Produktion und Digitalisierung sind absolut geschäftsrelevant. Es ist essenziell, dass die Transformation gelingt und der Strukturwandel nicht zum Strukturbruch wird.»

Es sei vor allem eine verlässliche Energiepolitik und weniger Bürokratie für die Unternehmen erforderlich, sowie eine bessere Bildung, eine moderne Infrastruktur, eine verstärkte Digitalisierung und langfristig tragfähige soziale Sicherungssysteme.

Bundesregierung will Standort stärken

Die Bundesregierung hatte Ende des vergangenen Jahres eine neue Pharma-Strategie für die Branche beschlossen. Das Ziel: Deutschland soll als Forschungs- und Produktionsstandort für die Pharmabranche wieder attraktiver werden. So sollen unter anderem schnellere Zulassungsverfahren und unbürokratische Genehmigungen die Arzneiforschung stärken.

Die Pharmaproduktion hat sich in letzter Zeit zunehmend auf wenige Herstellungsstätten konzentriert, vor allem in China und Indien, wurde berichtet. Dieser Trend hat zu einer größeren Abhängigkeit geführt. Es wird angestrebt, Anreize für die Ansiedlung von Arzneimittelproduktionsstätten in Deutschland zu schaffen, insbesondere für Antibiotika oder Krebsmedikamente.

Lieferengpässe nicht behoben

Laut dem Wirtschaftsministerium gab es während der Corona-Pandemie Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln wie Fiebersaft für Kinder und Antibiotika. Diese Engpässe sind noch nicht behoben. Die Versorgung der Patienten mit diesen Arzneimitteln ist von großer Bedeutung. Es wird angestrebt, die Abhängigkeit von wichtigen Wirkstoffen zu reduzieren. Das Ministerium arbeitet derzeit an einer Anpassung des Vergaberechts, um die Ansiedlung von Herstellungsstätten in der EU zu fördern.

Große Entrup sagte, die ersten Vorschläge der Pharma-Strategie zur Stärkung des heimischen Standortes seien gut und eine große Chance. «Diese muss die Koalition jetzt konsequent und mit nachhaltiger Wirkung umsetzen. Pharmaforschung und -produktion gehören zu Deutschland. Beides wettbewerbs- und damit zukunftsfähig zu gestalten, ist nicht nur unsere Erwartung, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit.»

dpa