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Goldbesitz der Deutschen schrumpft nach Corona-Boom

Trotz Höchstpreisen für Gold halten sich Verkäufe und Käufe die Waage. Die Nachfrage nach dem Edelmetall bleibt stabil.

In Deutschland waren zu Beginn des Jahres 9034 Tonnen Gold in privatem Besitz.
Foto: Sven Hoppe/dpa

Der Goldschatz der Menschen in Deutschland ist nach dem Corona-Boom wieder etwas geschrumpft. Laut Forschern der Steinbeis-Hochschule Berlin für die Reisebank belief sich Anfang des laufenden Jahres der private Besitz an Gold auf 9034 Tonnen. Im Jahr 2021 wurde mit 9089 Tonnen ein Rekordvolumen erreicht.

Die Pandemie hatte die Nachfrage nach Gold als sicherem Hafen in der Krise angekurbelt. Den anschließenden Höhenflug des Goldpreises nutzte mancher Anleger offensichtlich, um Bestände zu Geld zu machen. Allerdings: «Angesichts der Höchstpreise für Gold könnte man erwarten, dass mehr Menschen Gold veräußern als es zu kaufen. Die Studie zeigt aber, dass sich diese Zahlen die Waage halten», ordnete die Reisebank mit Sitz in Frankfurt ein, die als einer der großen Verkäufer hierzulande unter anderem die Volks- und Raiffeisenbanken mit Edelmetallen versorgt.

Fast sechs Prozent der weltweiten Goldvorräte in deutschem Besitz

Die Goldbestände, die private Haushalte in Deutschland zu Anlagezwecken in Form von Barren und Münzen halten, sind im Vergleich zur Analyse 2021 sogar um 35 Tonnen auf 5229 Tonnen gestiegen. Die übrigen 3805 (2021: 3894) Tonnen sind Goldschmuck. Zusammen mit den 3353 (Stand 31.12.2023) Tonnen der Bundesbank sind laut Angaben 5,9 (2021: 6,2) Prozent der weltweiten Vorräte des Edelmetalls in deutschem Besitz.

Würde man den gesamten Goldbesitz der Privathaushalte in Deutschland und der Bundesbank in einen Würfel packen, hätte dieser eine Kantenlänge von etwas mehr als 8,6 Metern. Zum Zeitpunkt der Erhebung hatte dieser Goldschatz einen Wert von rund 750 Milliarden Euro (Goldpreis vom 29.1.2024). Das von Privatpersonen zu Anlagezwecken in Form von Münzen und Barren gehaltene Gold macht davon laut Berechnungen 315 Milliarden Euro aus.

Etwas weniger als zwei Drittel der Bundesbürger (61 Prozent) besitzen der Analyse zufolge Gold in Form von Schmuck, Barren oder Münzen oder mittelbar über ein spezielles Wertpapier wie «Xetra-Gold» (Deutsche Börse/Frankfurt) oder «Euwax Gold» (Börse Stuttgart). Bei der Deutschen Börse ist der für Anleger verwahrte Goldschatz im vergangenen Jahr kleiner geworden. Ende Dezember 2023 lagerten 198,7 Tonnen des Edelmetalls in den Tresoren des Unternehmens in Frankfurt. Ein Jahr zuvor waren es 231 Tonnen, zum 30. Juni 2022 hatten die Bestände ein Rekordhoch bei 242 Tonnen erreicht.

Steigende Sparzinsen als Alternative

Die Deutsche Börse hatte den rückläufigen Trend in ihrer Xetra-Gold-Jahresbilanz Anfang Januar 2024 als «normale Reaktion» von Anlegern auf das Marktumfeld gewertet. Im Dezember war der Goldpreis auf 2135 Dollar beziehungsweise 1950 Euro pro Feinunze (31,1 Gramm) geklettert – und lag damit nur noch knapp unter der Marke von 2000 Euro pro Unze, die Anleger laut Selbsteinschätzung in der Reisebank-Analyse zum Verkauf ihres Goldes verlocken würde.

Zudem habe die Zinswende «kurzfristige Renditemöglichkeiten geschaffen», hatte Michael König, Geschäftsführer der Deutsche Börse Commodities, der Emittentin von Xetra-Gold, Anfang Januar erklärt. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 die Phase der Null- und Negativzinsen beendet und die Leitzinsen in der Folge in Serie erhöht hat, sind Tages- und Festgeld für Sparerinnen und Sparer wieder attraktiv geworden. Gold gilt zwar als krisenfest, weil die Menge des Edelmetalls begrenzt ist und Gold so seinen Wert nie ganz verliert. Allerdings gibt es für Gold weder Zinsen noch Dividenden.

Edelmetall als Inflationsschutz

Einige Bankberater empfehlen Gold im Portfolio als eine Art zeitlose Währung und Absicherung, besonders in Zeiten hoher Geldentwertung. Laut einer Umfrage der Reisebank nennen diejenigen, die Gold aus Anlagegründen kaufen, als Hauptmotiv tatsächlich den Schutz vor Inflation (38 Prozent). In den Jahren 2022 und 2023 stiegen die Preise für Energie und Lebensmittel aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine sprunghaft an, was zu einer Inflationsrate von 6,9 Prozent beziehungsweise 5,9 Prozent führte – die höchsten Werte seit der Wiedervereinigung in Deutschland. Dies führt zu einem Rückgang der Kaufkraft, da die Menschen sich für einen Euro weniger leisten können.

«Auch die Generation Z kennt hohe Inflationsraten nun nicht mehr nur aus dem Unterricht, sondern hat die Inflation und ihre Auswirkungen selbst erlebt. Vor diesem Hintergrund erwarben einige von Ihnen in den letzten Jahren zum ersten Mal Gold», erläuterte Studienautor Jens Kleine vom Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule. In der Generation der 1995 bis 2010 Geborenen gab es der Analyse zufolge zuletzt deutlich mehr Goldkäufer als bei älteren Befragten.

In den letzten Monaten ist die Inflation zurückgegangen, aber Kriege und Krisen unterstützen die Nachfrage nach Gold genauso wie die Unsicherheit über den Ausgang wichtiger Wahlen, zum Beispiel in den USA, und die Erwartung sinkender Zinsen. Laut einer Analyse der Reisebank gaben drei Viertel (75,2 Prozent) der Goldanleger an, auch weiterhin Edelmetall zu Anlagezwecken erwerben zu wollen. In den vorherigen Untersuchungen von 2019 (78,1 Prozent) und 2021 (76,6 Prozent) war dieser Wert jedoch etwas höher.

Wer Goldbarren oder Goldmünzen erwerben will, muss derzeit tief in die Tasche greifen: Seit Jahresbeginn bis einschließlich April kletterte der Preis des gelben Edelmetalls bis auf ein Rekordhoch von 2431 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm). Zuletzt waren es immer noch etwa 2300 Dollar (etwa 2140 Euro). Das könnte aber nur eine vorübergehende Preiskorrektur sein, wie Louise Street von der Lobby-Organisation World Gold Council Ende April prognostizierte: «Mit Blick auf die Zukunft ist es wahrscheinlich, dass der Goldpreis im Jahr 2024 viel stärker steigen wird, als wir zu Beginn des Jahres aufgrund der jüngsten Entwicklung erwartet haben.»

dpa