Überraschung im Verfahren um illegale Recherchemethoden. Eigentlich wurde Prinz Harry im Prozess gegen die «Sun» im Zeugenstand erwartet. Doch daraus wird nichts.
Abhörskandal: Harry einigt sich mit «Sun» auf Vergleich

Prinz Harry (40) hat sich im Prozess um illegale Recherchemethoden mit dem Verlag der britischen Boulevardzeitung «Sun» auf einen Vergleich geeinigt. Das teilten beide Seiten vor Beginn des zweiten Prozesstags mit.
Der jüngere Sohn von König Charles III. (76) und sein Mitkläger, der Ex-Labour-Politiker Tom Watson, warfen den Journalisten der «Sun» vor, sie bespitzelt zu haben, unter anderem durch das Abhören von Sprachnachrichten und andere illegale Recherchemethoden. Bei beiden entschuldigte sich der Verlag nun, ohne jedoch eine direkte Beteiligung von «Sun»-Journalisten einzugestehen.
Harry erhält substanzielle Entschädigung
Die Einigung in letzter Minute ist eine große Überraschung. Harry hatte angekündigt, stellvertretend für andere Betroffene das Verfahren durchzuziehen und die mutmaßlichen Machenschaften des Blattes ans Licht zu bringen. Er wollte dafür sogar selbst in den Zeugenstand treten. Das bleibt nun aus. Doch Harry erhält eine «substanzielle Entschädigung», wie es in einer Erklärung des Verlags NGN (News Group Newspapers) hieß.
Der Verlag entschuldigte sich zudem in einer Erklärung «umfassend und ohne Einschränkungen» für «ernsthafte Verletzungen seines Privatlebens, einschließlich illegaler Praktiken, die durch Privatdetektive angewandt wurden, die für die „Sun“ tätig waren.»
Illegale Methoden waren verbreitet
Der Verlag von US-Medienmogul Rupert Murdoch entgeht nun einer ausführlichen Prüfung vor Gericht, ob und inwieweit Mitarbeiter der «Sun» in illegale Machenschaften verwickelt waren.
Es handelt sich um den Zeitraum zwischen 1996 und 2011. Es ist unbestritten, dass zu dieser Zeit illegale Methoden wie das Abhören von Sprachnachrichten bei einigen britischen Zeitungen weit verbreitet waren. Trotzdem konnte der Verlag bisher immer Klagen durch Zahlungen im Voraus abwenden.
Großes finanzielles Risiko
Der Schauspieler Hugh Grant (64) und andere, die sich zunächst der Klage angeschlossen hatten, waren bereits im Voraus auf ein Angebot des Verlags NGN (News Group Newspapers) eingegangen. Grant hatte als Grund dafür das finanzielle Risiko angegeben. Ihm drohten nach eigenen Angaben Kosten in Höhe von zehn Millionen Pfund (derzeit etwa 11,8 Millionen Euro).
Kläger in Großbritannien müssen im Falle eines Gerichtssieges die Prozesskosten selbst tragen, wenn das Gericht eine niedrigere Summe zuspricht als zuvor im Rahmen eines Vergleichs angeboten.
Harry führt einen regelrechten Kreuzzug
Prinz Harry wollte das Risiko eigentlich bewusst eingehen. Der Royal führt einen regelrechten Kreuzzug gegen die «tabloid press», wie die Boulevardpresse in Großbritannien genannt wird. Er will zeigen, dass die Methoden System hatten.
«Niemand ist besser geeignet, das durchzuziehen, als ich», sagte er einmal in der Dokumentation «Tabloids on Trial» des britischen TV-Senders ITV. Er fechte das stellvertretend für alle aus, so der Royal damals.
In einem früheren Verfahren gegen den Verlag der Boulevardzeitung «Daily Mirror» hatte Harry weitgehend Recht bekommen. Ein weiteres Verfahren gegen den Verlag der «Daily Mail» ist anhängig.
Was treibt Prinz Harry an?
Er hatte immer wieder betont, dass er die Schuld am Unfalltod seiner Mutter Prinzessin Diana im Jahr 1997 in Paris den Paparazzi zuschreibt, die damals ihr und ihren Begleitern folgten. Mehrmals äußerte er die Sorge, dass seine Frau Meghan (43) ein ähnliches Schicksal erleiden könnte.
Er gibt den Boulevardmedien die Schuld an seinem Austritt aus dem engeren Kreis der Königsfamilie, den er und Meghan vor gut fünf Jahren vollzogen hatten, sowie dem Zerwürfnis mit Angehörigen auf beiden Seiten, die ihm seit seiner Kindheit auf Schritt und Tritt folgen.