Mehr als 15 Monate dauert der Gaza-Krieg nun schon. Die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln scheinen in der Endphase. Der Hamas geht es angeblich nur noch um Details.
Israel und Hamas ringen um letzte Details für Gaza-Abkommen
Israel und die islamistische Terrororganisation Hamas haben sich Berichten zufolge grundsätzlich auf eine Waffenruhe im Gazastreifen geeinigt – nur letzte Detailfragen sollen noch offen sein. Bei den Vermittlungsgesprächen in Katars Hauptstadt Doha müssten noch Einzelheiten zum angestrebten Rückzug der israelischen Armee aus Gebieten im Gazastreifen geklärt werden, meldete die «Times of Israel» in der Nacht unter Berufung auf arabische Unterhändler.
Die Hamas habe Israel aufgefordert, Karten und einen Zeitplan für den Rückzug vorzulegen, der von den internationalen Vermittlern während der Umsetzung überwacht werden solle, sagten der Hamas nahestehende Quellen. US-Außenminister Antony Blinken sagte in Washington, nun sei die Hamas am Zug. «In diesem Moment, während wir hier sitzen, warten wir auf das letzte Wort der Hamas über ihre Zustimmung», sagte Blinken. Er gehe davon aus, dass eine Einigung erreicht werde – ob dies noch vor der Amtseinführung Donald Trumps als US-Präsident am kommenden Montag der Fall sein werde, ließ der Minister offen.
Die von der «Times of Israel» zitierten arabischen Unterhändler spekulierten, dass eine Einigung in dem seit mehr als 15 Monaten andauernden Krieg heute oder am Donnerstag in Form einer gemeinsamen Erklärung der USA, Katars und Ägyptens bekanntgegeben werden könnte. Die drei Länder vermitteln zwischen Israel und der Hamas, da diese nicht direkt miteinander verhandeln.
Demonstranten sind für einen Deal – und dagegen
In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv versammelten sich am Abend laut örtlichen Medien Tausende Menschen in der Hoffnung, dass die Islamisten dem Entwurf einer Vereinbarung zustimmen, die unter anderem die Freilassung von Geiseln der Hamas im Austausch gegen palästinensische Häftlinge aus Israels Gefängnissen vorsieht. In Jerusalem protestierten indes Hunderte gegen einen solchen Deal. «Ein freigelassener Terrorist ist der Mörder von morgen», sagte einer der Teilnehmer.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beriet sich laut der «Times of Israel» mit dem Verhandlungsteam sowie Mitgliedern des Sicherheitsapparats. Die Verhandlungen in Doha über letzte Details würden die ganze Nacht hindurch fortgesetzt, habe sein Büro mitgeteilt. Die Familien der Geiseln würden so bald wie möglich über den neusten Stand informiert. Eine Vereinbarung müsste vom Sicherheitskabinett und der gesamten Regierung gebilligt werden.
Bangen um Geiseln
Krankenhäuser und medizinische Teams in Israel bereiten sich bereits auf die Behandlung der bei einer Einigung freizulassenden Geiseln vor, wie das «Wall Street Journal» berichtet. Vielen der beim Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführten Geiseln dürfte es körperlich wie psychisch sehr schlecht gehen.
Ein israelischer Regierungsvertreter sagte, dass das Ziel sei, alle 98 Geiseln zurückzuholen, auch wenn unklar ist, wie viele von ihnen noch am Leben sind. Unter den Entführten befinden sich Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft, darunter auch Deutsche.
Die angestrebte Waffenruhe sei zunächst auf etwa 42 Tage beschränkt, sagte der Regierungsvertreter. Die Freilassung der Geiseln würde sich voraussichtlich über Wochen erstrecken. In einer ersten Phase sollten 33 «humanitäre Fälle» freikommen. Es gehe um Frauen, Kinder, Menschen über 50 sowie Verletzte und Kranke, erklärte der Informant. Man gehe davon aus, dass die meisten am Leben seien.
Regierungsvertreter nennt Details des Deals
Beide Parteien hätten vereinbart, dass die Hamas am ersten Tag drei Geiseln freilässt, so ein palästinensischer Offizieller in Doha, wie der britische Sender BBC berichtet. Anschließend würde die israelische Armee mit dem Abzug ihrer Truppen aus den bewohnten Gebieten Gazas beginnen. Sieben Tage später würde die Hamas dann vier weitere Geiseln freilassen. Israel würde den Vertriebenen im Süden des Gazastreifens erlauben, in den Norden zurückzukehren, jedoch nur zu Fuß über die Küstenstraße.
Laut der BBC hat sich Israel auch dazu bereit erklärt, etwa 1.000 palästinensische Häftlinge freizulassen, darunter etwa 190, die eine Haftstrafe von 15 Jahren oder mehr verbüßt haben. Auch nach Beginn der Waffenruhe sollen israelische Soldaten in einer Pufferzone am Rande des Gazastreifens und in anderen Gebieten bleiben, um die Sicherheit der israelischen Grenzorte zu gewährleisten, sagte ein Vertreter der israelischen Regierung.
Die Verhandlungen über die zweite Phase sollen am 16. Tag der Umsetzung beginnen. In dieser Phase sollen die restlichen Geiseln freigelassen und Israels Truppen abgezogen werden, bevor in der dritten und letzten Phase des Abkommens der Krieg endgültig beendet werden soll. “Wir werden Gaza nicht verlassen, bis alle Geiseln zu Hause sind”, betonte der israelische Regierungsvertreter.
Der Krieg wurde durch das beispiellose Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 mit über 1.000 Toten ausgelöst. Seitdem wurden nach palästinensischen Angaben im abgeriegelten Gazastreifen mehr als 46.600 Menschen getötet und über 110.000 verletzt. Die nicht überprüfbaren Zahlen machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kämpfern.