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Werbung für Beauty-Eingriffe – BGH klärt Grenzen

In TV und sozialen Medien sind «Dr. Rick und Dr. Nick» für Hyaluron- und Botox-Eingriffe bekannt. Nun hat sich der BGH ihrer Arbeit gewidmet: Dabei ging es um die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern.

Das beklagte Unternehmen bietet Unterspritzungen mit Hyaluron und Botox an. (Symbolbild)
Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB

Der Markt für minimalinvasive Schönheitsbehandlungen mit Botox oder Hyaluron ist groß, und Anbieter werben im Internet und in sozialen Medien mit Vorher-Nachher-Bildern. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat dieser Art der Werbung nun einen Riegel vorgeschoben.

Für eine Behandlung, bei der dem Kunden Hyaluron gespritzt und dadurch die Form oder Gestalt etwa von Nase oder Kinn verändert wird, darf nicht mit Vorher-Nachher-Bildern geworben werden, stellt das höchste deutsche Zivilgericht am Donnerstag in einem Urteil klar. Konkret ging es in dem Verfahren um das Unternehmen Aesthetify von den beiden bekannten Ärzten und Influencern «Dr. Rick und Dr. Nick». (Az. I ZR 170/24)

Spritze statt Skalpell

Aesthetify bietet an sechs Standorten in Deutschland ästhetische Behandlungen wie Nasenkorrekturen oder Lippenformungen mit Hyaluron oder Botox an. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen mit Sitz in Recklinghausen dazu auf seiner Internetseite sowie bei Instagram Vorher-Nachher-Bilder von den minimalinvasiven Behandlungen verbreitet.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sah darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das verbietet nämlich vergleichende Darstellungen vor und nach dem Eingriff in der Werbung für «operative plastisch-chirurgische Eingriffe», die medizinisch nicht notwendig sind. Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob auch minimalinvasive Eingriffe mit Spritze statt Skalpell unter diese Beschreibung und damit unter das Verbot fallen.

BGH bestätigt Verbot

Der BGH hat dies nun bejaht und damit eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm bestätigt. Die Kollegen aus NRW haben zu Recht angenommen, dass es sich bei den Behandlungen, bei denen mittels eines Instruments in den menschlichen Körper eingegriffen wird und dadurch seine Form oder Gestalt verändert wird, um operative plastisch-chirurgische Eingriffe handelt, erklärte der Senat. Solche Eingriffe dürfen gemäß dem Heilmittelwerbegesetz nicht mit Vergleichsbildern beworben werden.

Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass diese weite Auslegung mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar sei und dem Schutzzweck der Vorschrift entspreche. Das Verbot solle unsachliche Einflüsse durch potenziell suggestive und irreführende Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückdrängen, um zu verhindern, dass Menschen sich unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden könnten.

«Risikoprofil» spielte am BGH keine Rolle

Aesthetify hatte argumentiert, die Botox- und Hyaluron-Behandlungen hätten «ein ganz anderes Risikoprofil» als klassische Schönheits-Operationen mit Skalpell. Das Risiko der minimalinvasiven Eingriffe sei eher mit einer Tätowierung oder einem Piercing vergleichbar. Doch auch dieses Argument zog am BGH nicht. Beim Piercen oder Tätowieren handele es sich schließlich nur um ästhetische Veränderungen der Hautoberfläche, so der Senat.

Ihr Unternehmen nutze schon seit geraumer Zeit keine Vorher-Nachher-Bilder mehr, hatten Geschäftsführer Henrik Heüveldop («Dr. Rick») und Dominik Bettray («Dr. Nick») nach der mündlichen Verhandlung Anfang Juli erklärt. In Karlsruhe sei es ihnen aber darum gegangen, für ihre Patienten einzustehen. Die würden sich direkte Vergleichsbilder nämlich wünschen und hätten auch ein Recht auf umfassende Information – einschließlich «visueller Eindrücke».

Zu Risiken zählen blaue Flecken und Infektionen

Die Verbraucherzentrale NRW stimmt dem jedoch überhaupt nicht zu. Laut Rechtsanwältin Susanne Punsmann besteht die Gefahr, dass Verbraucher die Risiken der Behandlung vollständig ausblenden, wenn in der Werbung nur das positive Endergebnis auf Vorher-Nachher-Fotos gezeigt wird. Aesthetify nennt auf seiner Website selbst die Risiken – darunter Schwellungen, blaue Flecken, Infektionen, allergische Reaktionen und Embolien.

Das Karlsruhe Urteil schütze Verbraucher vor manipulativer Werbung und unrealistischen Schönheitsversprechen auf Social Media, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale, nach der Verkündung. «Schönheit per Spritze ist kein harmloser Trend, sondern ein medizinischer Eingriff – und darf nicht wie ein Lifestyle-Produkt vermarktet werden». Weiterhin erlaubt sind Vorher-Nachher-Bilder im ärztlichen Beratungsgespräch.

dpa