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Buch von Epstein-Opfer Giuffre erhöht Druck auf Prinz Andrew

Virginia Giuffres Memoiren bringen erschreckende Details zu den Vorwürfen um Prinz Andrew ans Licht. Welche Konsequenzen könnten dem britischen Prinzen jetzt noch drohen?

Bis heute bestreitet Andrew die Vorwürfe. (Archivbild)
Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa

Der Druck auf Prinz Andrew ist vor der Veröffentlichung der Biografie von Epstein-Opfer Virginia Giuffre weiter gestiegen. Heute ist Verkaufsstart in Großbritannien für das Buch mit dem Titel «Nobody’s Girl». Die darin ausgeführten Details dürften den Forderungen nach weiteren Konsequenzen für den Bruder von König Charles III. weiteres Gewicht verleihen. Schon jetzt gibt es Rufe, ihm auch den Prinzentitel zu entziehen und ihn von seinem luxuriösen Anwesen nahe Schloss Windsor zu verbannen.

Giuffre, eine US-Amerikanerin, beschuldigte den 65-jährigen Royal, sie mehrmals sexuell missbraucht zu haben, insbesondere als sie noch minderjährig war. Andrew leugnet die Vorwürfe entschieden.

Londoner Polizei prüft Vorwürfe

Eine Zivilklage in den USA endete im Februar 2022 mit einem angeblich millionenschweren Vergleich. Dennoch verlor Andrew seine militärischen Ränge, seine Rolle als aktives Mitglied der Royal Family und seine Anrede als Königliche Hoheit. Schließlich musste er auch seinen Titel als Herzog von York und weitere Ehrungen aufgeben – offenbar unter Druck des 76-jährigen Monarchen Charles und des Thronfolgers Prinz William (43).

Angestoßen durch die Veröffentlichung der Memoiren könnten nun weitere unangenehme Einzelheiten ans Licht kommen. Die «Mail on Sunday» und andere britische Medien berichteten etwa, Prinz Andrew habe einen seiner polizeilichen Personenschützer damit beauftragt, Informationen über Giuffre auszugraben, um sie zu diskreditieren. Die Londoner Metropolitan Police bestätigte auf dpa-Anfrage, die Vorwürfe zu prüfen.

Angst, als «Sexsklavin» zu sterben

Giuffre, die als prominentestes Opfer des US-Multimillionärs und verurteilten Pädophilen Jeffrey Epstein (1953-2019) gilt, beging im April dieses Jahres Selbstmord. Ihre Memoiren mit dem Titel «Nobody’s Girl» wurden nun posthum veröffentlicht. Der US-Geschäftsmann Epstein, der in höchsten Kreisen verkehrte, führte einen Missbrauchsring, dem Dutzende junger Frauen und Mädchen zum Opfer fielen. Andrew war eng mit Epstein und dessen Gehilfin Ghislaine Maxwell befreundet, die wegen ihrer Rolle in dem Skandal in den USA zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde.

Im Buch wird beschrieben, wie Giuffre, auch bekannt unter ihrem Geburtsnamen Roberts auf dem Buchcover, von Maxwell auf dem Gelände des Luxus-Resorts Mar-a-Lago des späteren US-Präsidenten Donald Trump angeworben wurde, um angeblich eine Ausbildung als Masseurin zu machen. Der Missbrauch begann jedoch bereits bei der ersten Begegnung mit dem Multimillionär Epstein, der sie später regelmäßig zur Prostitution mit anderen Männern – darunter Prinz Andrew – gezwungen haben soll.

Die Details sind erschütternd. So schreibt Giuffre sie sei regelmäßig «benutzt und erniedrigt» worden und habe Angst gehabt, als «Sexsklavin» zu sterben. Dreimal sei sie zum Sex mit Andrew genötigt worden, als 17-Jährige in London, ein weiteres Mal in Epsteins Anwesen in New York und auf dessen privater Karibikinsel bei einer Gruppensex-Orgie mit Epstein und acht weiteren Mädchen, die kaum oder kein Englisch sprachen.

Interview endet in PR-Desaster

Prinz Andrew hatte die Vorwürfe immer vollständig bestritten. Nur Monate nach Epsteins Tod in einer New Yorker Gefängniszelle im Jahr 2019 gab Andrew ein Interview mit der BBC. Doch was als Befreiungsschlag gedacht war, wurde zu einem PR-Desaster. Andrew zeigte kaum Mitgefühl mit Epsteins Opfern. Er bereute nicht einmal, dass er mit ihm befreundet gewesen war.

Bei Konfrontation mit Giuffres Vorwürfen bestritt er, sie je getroffen zu haben. Es gibt jedoch ein Foto, das die beiden Arm in Arm zeigt, wobei Andrews Hand auf Giuffres Hüfte ruht. Maxwell ist ebenfalls auf dem Bild zu sehen. Giuffre zufolge stand Epstein hinter der Kamera.

Im Interview präsentierte Andrew auch absurde Alibis, wie den Besuch in einem Restaurant einer Pizza-Kette, den er sich gut merken konnte, weil das normalerweise nicht sein Niveau sei. Er behauptete dann, nicht schwitzen zu können, da er im Falkland-Krieg einen übermäßigen Adrenalinschub erlitten habe. Giuffre erinnerte sich an seine Schweißausbrüche. Das Interview markierte das Ende seiner offiziellen Rolle als Repräsentant des Königshauses. Andrew musste seine Aufgaben aufgeben. Später wurden ihm von der Queen seine militärischen Ehrenränge aberkannt.

Wird Andrew der Prinzentitel entzogen?

Die im Jahr 2022 verstorbene Königin hatte Schwierigkeiten, ihren vermeintlichen Lieblingssohn zu verstoßen. Es war bemerkenswert, dass sie ihn dennoch wählte, um sie zur verspäteten Trauerfeier für ihren Mann Prinz Philip in die Westminster Abbey zu begleiten, die aufgrund der Corona-Pandemie stattfand. Dies wurde als Zeichen interpretiert, dass die Königin weiterhin zu ihrem zweitältesten Sohn steht.

Trotz der jüngsten Demütigungen behält Andrew als Mitglied der königlichen Familie weiterhin erhebliche Privilegien. Er residiert in der Royal Lodge in der Nähe von Schloss Windsor, einem Anwesen mit 30 Zimmern. Das palastartige Gebäude war einst der Wohnsitz von Queen Mum, der Mutter von Königin Elizabeth II., die 2002 im Alter von 101 Jahren verstarb. Seit rund 20 Jahren teilt Prinz Andrew das Anwesen mit seiner Ex-Frau Sarah Ferguson (66). Es wird berichtet, dass König Charles seit geraumer Zeit versucht, die beiden loszuwerden. Allerdings hat Andrew offenbar einen langfristigen Pachtvertrag.

Giuffres Bruder forderte, dass Andrew auch der Prinzentitel entzogen werden solle. Dieser Forderung schlossen sich mehrere Abgeordnete im Unterhaus an. Allerdings würde es für die Aberkennung des Prinzentitels, den Andrew seit seiner Geburt trägt, einen Parlamentsbeschluss benötigen.

dpa