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Deutschland legalisiert Cannabis-Anbau für Vereine

Ab Montag können Vereine größere Mengen produzieren. Erlaubt sind Anbauvereinigungen mit Auflagen und Behördenanträgen.

Cannabis-Anbau soll bald in größerem Stil anlaufen.
Foto: Christian Charisius/dpa

Seit drei Monaten ist das Kiffen in Deutschland für Volljährige legal – mit zahlreichen Beschränkungen und Vorgaben, die auch den Cannabis-Anbau in einer privaten Wohnung erlauben. Aber nur begrenzt auf je drei Pflanzen. Ab Montag können nun auch Vereine starten, die gemeinsam größere Mengen produzieren möchten. Auch hier gelten jedoch Auflagen, und Interessierte müssen zunächst Behördenanträge stellen und einige andere Vorbereitungen treffen. Bis zum Anbau, der Ernte und den ersten Joints wird es noch mehrere Wochen dauern.

Das umstrittene Gesetz, das den Besitz und Anbau von Drogen für Volljährige zum Eigenkonsum erlaubt, ist seit dem 1. April in Kraft. Das erklärte Ziel ist, den kriminellen Schwarzmarkt einzudämmen, auf dem Cannabis mit Beimengungen und hohen Konzentrationen gehandelt wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) argumentiert, dass es jedoch eine ausreichende Menge an legalem Stoff geben muss – dieser könnte zukünftig auch aus speziellen Anbau-Einrichtungen stammen.

Was genau sind die Anbauvereine?

Erlaubt sind jetzt «Anbauvereinigungen», wie sie offiziell heißen. Also so etwas wie Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder Cannabis nicht-kommerziell anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben. Organisiert sein müssen sie als eingetragene Vereine oder Genossenschaften – als Stiftung oder Unternehmen geht es nicht. Zum Zweck gehört es dem Gesetz zufolge auch, Cannabis-Samen und Stecklinge weitergeben zu können und über Suchtvorbeugung zu informieren.

Welche Voraussetzungen gibt es?

Die Mitglieder müssen mindestens sechs Monate in Deutschland leben, und für Mitgliedschaften muss eine Mindestzeit von drei Monaten gelten. Das soll laut Ministerium Drogentourismus vermeiden. Die Vorstandsmitglieder dürfen keine Vorstrafen wegen Drogendelikten haben. Das Anbau-Areal darf kein Wohngebäude sein und keine auffälligen Schilder haben. Werbung ist verboten, ebenso wie Cannabis-Konsum vor Ort und innerhalb von 100 Metern um den Eingang herum. Es muss ein Mindestabstand von 200 Metern zu Schulen, Spielplätzen und anderen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche eingehalten werden.

Was können Vereine jetzt tun?

Anbauvereine können nun damit beginnen, eine offizielle Genehmigung zu beantragen. Sie müssen Angaben zur Mitgliederzahl, Standort und Größe der Anbauflächen, erwarteten Cannabis-Jahresmengen, Sicherheitsmaßnahmen und einem Gesundheits- und Jugendschutzkonzept machen. Die Genehmigung ist dann für sieben Jahre befristet und kann nach fünf Jahren verlängert werden. Es wird mit einer Bearbeitungszeit von drei Monaten für die Anträge gerechnet, wie es aus verschiedenen Ländern heißt.

Wo können Vereine Anträge stellen? 

Der Deutsche Städtetag beklagte, dass es wenige Tage vor dem Start noch nicht überall abschließend klar war, wer für Genehmigungen und Kontrollen zuständig ist. Festlegen sollen das die Länder, und so gibt es nun verschiedene Stellen für Anträge – von der Landwirtschaftskammer in Niedersachsen über das Regierungspräsidium in Freiburg für ganz Baden-Württemberg bis zum Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Rheinland-Pfalz. Im Land Berlin gibt es noch keine Verordnung. Die «Auffangzuständigkeit» liegt vorerst bei den Bezirken, wie es aus dem Senat hieß. Welches Fachamt in den Bezirken zuständig sein soll, war zunächst unklar.

Wie viel Cannabis bekommen Mitglieder? 

Die Menge ist begrenzt. Pro Tag sind es höchstens 25 Gramm pro Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm. Für 18- bis 21-Jährige dürfen monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) erlaubt sein, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Die Vereine dürfen auch nicht einfach so viel anbauen, wie sie wollen. Die Erlaubnis gilt für feste Jahresmengen, die sich am Eigenbedarf der Mitglieder orientieren. Mehr muss vernichtet werden. Nur Mitglieder dürfen Pflanzen anbauen, gießen, düngen, beschneiden – keine bezahlten Beschäftigten. Mitglieder dürfen das Cannabis nicht an andere weitergeben, zulässig ist dies nur für Samen.

Welche Vorgaben gibt es noch?

Um Cannabis zu erhalten, muss man persönlich vor Ort erscheinen, den Mitgliedsausweis und einen amtlichen Ausweis mit Foto vorzeigen. Erlaubt ist nur reines Cannabis: getrocknete Blüten und blütennahe Blätter (Marihuana) oder isoliertes Harz (Haschisch). Gemische mit Tabak, Nikotin oder Lebensmitteln sind verboten. Die Verpackung muss neutral sein. Ein Informationsblatt muss Angaben wie Gewicht, Sorte, durchschnittlichen THC-Gehalt und Hinweise zu Konsumrisiken enthalten. Es darf kein Kaufpreis verlangt werden, die Vereine sollen sich durch Mitgliedsbeiträge finanzieren. Auch die Dokumentationspflichten der Vereine und regelmäßige behördliche Kontrollen sind geregelt.

Werden viele Anbauvereine entstehen?

Wie groß der Andrang ist, muss sich jetzt zeigen. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) sprach von «hohem Interesse» bei Clubs, die in Gründung seien und sich vorbereiteten. Rückmeldungen bei ihm zufolge könnte mindestens eine hohe dreistellige Zahl an Vereinen entstehen. Das Gesundheitsministerium legte einer Kostenschätzung im Gesetzentwurf zugrunde, dass im ersten Jahr 1000 und im zweiten bis fünften Jahr noch jeweils 500 Vereine entstehen dürften. 

Wie geht es weiter?

Auf Anfrage der Länder hat der Bund kürzlich einige Richtlinien verschärft, um größere Cannabis-Plantagen zu verhindern. Die Länder können auch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit nutzen, die Anzahl der Anbauvereine in einem Kreis oder einer Stadt auf einen Verein pro 6000 Einwohner zu beschränken. Das vorerst letzte Gesetz mit Cannabis-Regeln für Autofahrer soll der Bundesrat am 5. Juli genehmigen. Für THC am Steuer soll zukünftig ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut gelten – ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze für Alkohol. Das Gesetz, einschließlich der Geldstrafen bei Verstößen, soll voraussichtlich im Sommer in Kraft treten.

dpa