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Der Fürst der Mode – Giorgio Armani ist tot

Der Name Armani steht für teure Mode, teuren Schmuck und teure Parfüms. Der Italiener sorgte aber auch dafür, dass man zum Anzug T-Shirt tragen kann. Jetzt ist der «Principe» gestorben.

Jetzt ist der «Principe» gestorben. (Archivbild)
Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Was wird wohl von Giorgio Armani bleiben? Wird es sein wie bei Karl Lagerfeld, bei Yves Saint-Laurent, bei Coco Chanel – Namen, die auch nach Jahren und Jahrzehnten noch Bedeutung haben?

Viele glaubten, dass der Italiener der letzte große Modeschöpfer mit unverkennbarem Stil war: lässig, edel und schlicht. Armani hat das Sakko neu erfunden und es möglich gemacht, ein T-Shirt zum Anzug zu tragen. Bis ins hohe Alter hat er das selbst getan. Nun ist er im Alter von 91 Jahren verstorben.

Im Gegensatz zu vielen anderen Größen seiner Branche war Armani nie in Paris ansässig, sondern immer in Mailand. In der Via Borgonuovo, einer äußerst eleganten Straße, besaß er mehrere Gebäude. Der Firmensitz ist ein Palast aus dem Jahr 1662. Neue Kollektionen präsentierte er im Keller seines Wohnhauses. Viermal im Jahr Mailand, zweimal Herrenmode, zweimal Damenmode, zusätzlich zweimal im Jahr Paris. Alle kamen. Seit dem Tod Lagerfelds im Februar 2019 war er für viele der weltweit bekannteste Modemacher.

Fürst der Mode

Geboren wurde der «Principe della Moda» («Fürst der Mode»), wie sie ihn in seiner Heimat nannten, nicht in Mailand, sondern eine Autostunde entfernt, in der Kleinstadt Piacenza, als zweites Kind einer Hausfrau und eines Speditionskaufmanns. Die Mutter legte Wert auf Kleidung, auch in den Kriegsjahren. Aber größeren Einfluss in Sachen Mode hatte in jungen Jahren wohl der Großvater, der als Maskenbildner und Perückenmacher beim städtischen Theater sein Geld verdiente.

Auf jeden Fall war Armani stolz auf seine Herkunft. Ein seltener Anblick in den letzten Jahren war es, als er im Mai 2023 von der Universität seiner Heimatstadt zum Ehrendoktor ernannt wurde. Er trug den Talar und die Schärpe, die zum Doktorhut gehören.

In seiner Dankesrede sagte er: «Diese Arbeit ist für mich das Leben, ein ständiger Akt der Liebe.» Und er fügte lächelnd, aber geschäftsbewusst hinzu: «Ich höre mir immer die Meinung der anderen an. Aber dann treffe ich die Entscheidungen.»

Nie eine Lehre

Fast wäre aus Armani sogar ein echter Doktor geworden. Nach dem Abitur studierte er zwei Jahre lang Medizin. Beim Militärdienst in einem Hospital merkte er, dass das nicht seine Welt war. Eine Freundin vermittelte ihn zur Kaufhauskette «La Rinascente», wo er als Schaufensterdekorateur begann, dann Einkäufer wurde. So lernte er 1964 den Altmeister der italienischen Herrenmode kennen, Nino Cerruti. Ohne je den Beruf erlernt zu haben, machte er seine ersten eigenen Entwürfe. Dann trennten sich die Wege.

In den 1970er Jahren gründete Armani mit seinem Lebensgefährten Sergio Galeotti die Giorgio Armani SpA. Dies war der Ursprung eines Unternehmens, das heute einen hohen Milliardenwert hat. Anfangs kam das Geld durch Mode herein, später auch durch Kosmetik, Uhren, Schmuck und Hotels. Nach Galeottis frühem Tod im Jahr 1985 gehörte das Unternehmen allein Armani. Er lebte, soweit bekannt, auch weiterhin allein.

Er hat nie an der Börse teilgenommen. Er hat alle Übernahmeangebote abgelehnt. Heute gehören zum Konzern weltweit 8700 Mitarbeiter, über 2000 Geschäfte, oft in erstklassigen Lagen, mit einem Jahresumsatz von mehr als 2,3 Milliarden Euro. Armanis persönliches Vermögen wird auf sieben Milliarden geschätzt.

Er besaß Luxusgüter wie Häuser in verschiedenen Orten wie St. Moritz oder auf der Karibikinsel Antigua. Seine bevorzugte Residenz war jedoch seine Villa auf der Mittelmeerinsel Pantelleria, die sich nahezu am südlichsten Punkt Italiens befand, fast schon in Afrika.

Von der Herrenmode zu Damenkollektionen

Sein Markenzeichen: Er reduzierte Mode aufs Wesentliche. Aus den früher oft noch uniformartigen Sakkos entfernte er Polster und Einlagen. Die Hemdenkragen wurden weniger steif, die Knöpfe nach unten gesetzt. Dazu beschränkte er sich auf zeitlose Farben wie Grau, Beige und Weiß. Ihm selbst war tiefes Blau am liebsten. «80 Prozent von dem, was ich mache, ist Disziplin», pflegte er zu sagen. «Der Rest ist Kreativität. Manchmal bin ich Handwerker, manchmal Vermesser, manchmal Baumeister, manchmal Architekt.»

Als Schneider wollte sich nie bezeichnen lassen. «Ich bin auch kein Couturier. Ich bin jemand, der einen eigenen Stil kreiert», sagte er 1980 schon dem «Corriere della Sera», der großen Zeitung aus Mailand. «Also Stilist.» Dass er aus der Herrenmode kam, merkte man auch seinen Damenkollektionen an. Nie waren Hosenanzüge so weiblich. Die Modewissenschaftlerin Barbara Vinken sagte: «Armani hat unterkühlte Sexyness in die Mode gebracht.»

Erfolg auch in Hollywood

Das machte sich auch Hollywood zu eigen. Dort gelang ihm 1980 der Durchbruch, indem er Richard Gere als «American Gigolo» (deutscher Titel: «Ein Mann für gewisse Stunden») einkleidete. Auf der Leinwand folgten Kevin Costner («Die Unbestechlichen»), Tom Cruise («Mission Impossible») und Leonardo DiCaprio («Wolf of Wall Street»). Mit der TV-Serie «Miami Vice» wurde das T-Shirt zum Sakko alltagstauglich. Die Schauspiel-Prominenz trug Armani auch privat und auf dem roten Teppich. Oscar-Auftritte von Nicole Kidman oder Cate Blanchett bleiben in Erinnerung.

Für seine Landsleute war der wohlgealterte Mann – immer schlank, weißes Haar, stets gebräunt – der Vorzeige-Italiener schlechthin. Man verzieh ihm die Bestechung von Steuerfahndern und sogar, dass er für die Fußball-WM 2006 ausgerechnet die englische Nationalmannschaft ausstattete. Das Magazin der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» stellte ihn als «Monolithen der Mode» heraus, als «Felsen im schrecklich schnellen Geschäft, das keine Verwandten kennt, keine Dauer, keine Tradition».

Nachfolge ungeregelt

Der Nachteil aller Einzigartigkeit: Wie es weitergeht mit der Marke Armani, ist unklar. Über das Thema sprach er nicht gern. Zeit seines Lebens unterließ es der «Principe», sich auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger festzulegen. Eigene Kinder hatte er nie. Er hinterlässt zwei Nichten und einen Neffen.

dpa