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Ende der EM-Träume: Kevric stürzt und muss ins Krankenhaus

Ein Podestplatz war in Reichweite. Doch der Traum von einer weiteren Medaille bei den Heim-Europameisterschaften endet für Helen Kevric dramatisch. Nach einem Sturz muss sie ins Krankenhaus.

Drama in Leipzig: Helen Kevric stürzt und muss aufgeben.
Foto: Marijan Murat/dpa

Helen Kevric hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das bandagierte linke Knie. Nach der Landung beim Sprung war die 17 Jahre alte Turnerin gestürzt und auf dem Rücken liegen geblieben. Gerben Wiersma, der Bundestrainer, und Rainer Eckhardt, der Mannschaftsarzt, trugen die Stuttgarterin aus der Halle. Später wurde Kevric für weitere Untersuchungen des verletzten Knies ins Krankenhaus gebracht.

Es war zunächst unklar, welche Art und Schwere der Verletzung vorlag. Aber es steht fest: Ihre Medaillenträume bei den Heim-Europameisterschaften in Leipzig endeten bereits am ersten Gerät des Mehrkampf-Finales auf dramatische Weise.

Kevric hatte sich als Drittbeste für das Finale qualifiziert und war mit berechtigten Medaillenhoffnungen an den Start gegangen. Außerdem hatte sie als Beste den Endkampf am Stufenbarren erreicht und damit beste Chancen, an ihrem Spezialgerät den EM-Titel zu gewinnen. Zuletzt war dies Elisabeth Seitz 2022 in München gelungen. Die 31-Jährige erklärte kurz vor Beginn des Mehrkampf-Finales ihren Rücktritt und gab bekannt, dass sie Mutter wird.

Knieprobleme halten schon länger an

Kevric hatte seit ihrer Ankunft in Leipzig mit Knieproblemen zu kämpfen. Daher verzichtete sie beim Podiumstraining auf Akrobatikreihen und ließ die Übung am Sprung komplett aus. Wiersma bezeichnete dies lediglich als Vorsichtsmaßnahme. Bei der Qualifikation und dem Gewinn der Silbermedaille mit der Mannschaft zeigte sie dann einen stabilen Mehrkampf mit einer glanzvollen Übung am Stufenbarren.

«Meinem Knie geht es schon deutlich besser. Wir haben ja extra das Podiumstraining am Boden und am Sprung weggelassen, damit ich heute einsatzbereit bin. Und es hat auch alles gut geklappt», hatte sie anschließend gesagt. Dennoch war ihr linkes Knie bereits vor Beginn der Mehrkampf-Entscheidung getaped.

Schönmeier verzichtet überraschend

Einen Tag nachdem sie gemeinsam mit Timo Eder (Ludwigsburg) den Titel bei der Mixed-Premiere gewonnen hatte, verzichtete Karina Schönmaier überraschend auf einen Start im Mehrkampf, obwohl sie sich als Achte qualifiziert hatte. Laut Bundestrainer Wiersma hat die 19-Jährige sich freiwillig aus dem Endkampf zurückgezogen, um den Fokus auf die Einzelfinals am Freitag am Sprung und am Samstag am Boden zu legen.

Am Vorabend mit der Goldmedaille um den Hals hatte es trotz des kräftezehrenden und nervenaufreibenden Wettkampfes noch anders geklungen. «Ich bin für die nächsten Tage auch gut vorbereitet und habe auch keine Bedenken», hatte der Schützling von Heimtrainer Anatol Ashurkov erklärt. Für Schönmaier trat Janoah Müller (Haßloch) an, die sich als 18. eigentlich qualifiziert hatte, aber als drittbeste Deutsche wegen der Beschränkung auf zwei Turnerinnen pro Nation zunächst nicht starten durfte.

Erfolge überdecken Missstände nicht

Die seit Ende letzten Jahres schweren Zeiten für das deutsche Frauen-Turnen und insbesondere für Helen Kevric durch die Aufdeckung der Missstände in Stuttgart und Mannheim sind durch die jüngsten Erfolge jedoch allenfalls übertüncht, aber nicht vergessen. «Natürlich nicht», betonte Bundestrainer Wiersma. Aber man müsse auch feiern, wenn man etwas Großes erreicht habe. Er sei ziemlich sicher, dass man in den nächsten Wochen definitiv versuche, die Arbeit an der Situation fortzusetzen.

Seit fünf Monaten belasten Anschuldigungen von Missbrauch zunächst am Kunst-Turn-Forum Stuttgart und später auch am Stützpunkt Mannheim das deutsche Frauen-Turnen. Mehrere ehemalige und aktive Sportlerinnen hatten unter anderem «systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch» sowie katastrophale Umstände angeprangert.

Zwei Trainer wurden entlassen. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Stuttgart führen Ermittlungen durch. Es besteht der Verdacht der Nötigung in mehreren Fällen. Kevric hat dadurch ihre Heimtrainer verloren und wird seit März von Aimee Boormann sowie bei den EM von LaPrise Harris-Williams betreut.

Der Schwäbische Turnerbund (STB) und der Deutsche Turner-Bund (DTB) beschäftigen sich weiterhin mit der Aufarbeitung – dafür wurde Mitte Januar eine Kanzlei aus Frankfurt am Main hinzugezogen. Beim Landessportverband (LSV) untersucht ein unabhängiges Expertengremium die Vorwürfe. Im Juli sollen erste Ergebnisse vorliegen.

dpa