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FC Bayern beim FC St. Pauli: Zu Gast bei Freunden

Größere Unterschiede gibt es kaum und trotzdem sind der FC St. Pauli und der FC Bayern ziemlich beste Freunde. Nun treffen sie aufeinander – und erfüllen den Wunsch eines St. Pauli-Retters.

Hofft, dass Uli Hoeneß kommt: FC St. Paulis Präsident Oke Göttlich.
Foto: Philipp Szyza/dpa

Sie sind Antipoden im Profifußball – und doch verbindet den FC St. Pauli und den FC Bayern München seit mehr als 20 Jahre eine enge Freundschaft. Dreizehneinhalb Jahre nach einem 1:8 der Hamburger gegen die Bayern treffen sich die beiden ungleichen Vereine am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in der Bundesliga wieder – und erfüllen damit Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß einen Wunsch.«Ich wünsche dem FC St. Pauli, dass wir, solange ich noch alle sieben Sinne beieinander habe, dass wir gemeinsam in derselben Liga spielen», hatte der heute 72-Jährige im Februar 2023 im St. Pauli-Podcasts «Don’t call it a Kultclub» gesagt und erzählt, dass er bei Spielen des FC St. Pauli mitfiebere.

Vom Klassenfeind zum Retter

In den 80er-Jahren waren die Bayern und Hoeneß die großen Reizfiguren der zumeist linken St. Pauli-Anhängerschaft. Doch als es dem Verein aus Hamburg wirtschaftlich schlecht ging, half der damalige Manager Hoeneß sofort. Er organisierte im Juli 2003 gemeinsam mit dem FC St. Pauli ein Freundschaftsspiel der Bayern am Millerntor gegen den damaligen Drittligisten und beließ alle Einnahmen von 200.000 Euro bei den Hamburgern. In Erinnerung ist, wie er ein «Retter»-T-Shirt des FC St. Pauli vor dem Anpfiff überstreifte und durch das Stadion ging. Der Beginn einer Freundschaft.

In diesem Sommer ist der Verein wieder in der Bundesliga angekommen. Dass der FC Bayern an einem Wochenende ans Millerntor kommt, wenn der Kiezclub eine Revolution ausruft, fällt wohl in die Kategorie «ausgerechnet». 

Erst das Bayern-Spiel, dann die Revolution

Am Sonntag beginnt die Genossenschaft – ein bisher einzigartiges Modell im deutschen Profifußball. Der Aufsteiger möchte zeigen, dass auch eine alternative Finanzierung des Milliardengeschäfts möglich ist. Ohne Einflussnahme von mächtigen Investoren und Oligarchen, sondern mit vielen Fans und Clubmitgliedern als eigentlichen Entscheidungsträgern. Im Vergleich dazu haben die Bayern die Großunternehmen Audi, Adidas und die Allianz als Anteilseigner. Der Verein selbst besitzt jedoch den Großteil von 75 Prozent.

Ob Hoeneß nach Hamburg reist, war nicht bekannt. «Ich werde ihn zum Spiel einladen. Vielleicht kauft Uli Hoeneß, wenn er kommt, auch noch Anteile von uns», hatte St. Pauli-Präsident Oke Göttlich der «Sport-Bild» gesagt. 850 Euro müsste Hoeneß berappen, um einen Anteil zu kaufen und Mitbesitzer des Millerntor-Stadions zu werden.

«Der Verein hat immer wieder gute Ideen, sich zu finanzieren, die Fans mitzunehmen, ein Wir-Gefühl zu kreieren», sagte Bayern-Sportdirektor Christoph Freund grundsätzlich, «und haben immer wieder sehr spezielle und gute Ideen und machen das richtig gut.»

Bayern-Sportdirektor: FC St. Pauli tut der Liga gut

Die Münchener zeigen Respekt gegenüber den Hamburgern im sportlichen Bereich, obwohl das Team von Trainer Alexander Blessin bisher noch keinen Treffer in der eigenen Arena erzielen konnte und somit auch noch keinen Heimsieg feiern konnte. Im Gegensatz dazu hat der Rekordmeister in seinen bisherigen fünf Auswärtsspielen jeweils mindestens drei Tore erzielt. Sollte dies auch in Hamburg gelingen, wäre es ein Rekord. Dennoch präsentieren sich die Kiezkicker defensiv mit nur elf Gegentoren in neun Ligaspielen relativ solide.

«Ich sehe die Entwicklung von St. Pauli sehr positiv. Es ist ein spezieller Verein, sehr emotional. Ich glaube, er tut der Liga richtig gut», meinte Freund. «Sie spielen sehr guten Fußball, sind verdient aufgestiegen.»

Blessins Wiedersehen mit Kompany

Für St. Paulis Trainer Blessin ist das Spiel ein doppelter Grund zur Freude. «Es ist ein absolutes Highlight», sagte der 51-Jährige. «Ich hoffe, dass wir danach in den Spiegel schauen können und sagen, wir haben alles getan.» 

Ein weiterer Grund zur Freude ist das Treffen mit Bayern-Trainer Vincent Kompany. Sie haben sich noch aus der ersten belgischen Liga gekannt. Damals haben sie sich dreimal getroffen. Blessin war Trainer des KV Ostende und Kompany war Kollege beim RSC Anderlecht. Blessin konnte den Favoriten zweimal mit jeweils einem 2:2-Remis ärgern, eine Partie ging verloren.

Kompany erinnert sich gern an Hamburg

Der 38-jährige Kompany sieht die Reise nach Hamburg auch als eine Reise in die Vergangenheit. Zwischen 2006 und 2008 spielte er für den Stadtrivalen Hamburger SV in der Bundesliga, während der FC St. Pauli damals in der 3. Liga und der 2. Bundesliga war.

«Meine Zeit in Hamburg war einfach sehr wichtig und wunderschön», sagte Kompany. Bei der Nachfrage, ob er denn damals auch auf der legendären Reeperbahn gewesen sei, antworte er erst mal indirekt: «Selbst die Beatles waren auf der Reeperbahn.»

Die enge Verbindung zwischen dem FC St. Pauli und dem ehemaligen Klassenfeind FC Bayern zeigt sich auch in einer geplanten Aktion beider Fan-Lager: Am Tag der Pogromnacht am 9. November 1938 wird mit einer gemeinsamen Choreo an jüdische Sportlerinnen und Sportler des FC St. Pauli erinnert.

dpa