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Hitze-Drama beim Ironman: Laura Philipp kämpft sich aufs Podest

Laura Philipp meistert extremen Bedingungen und holt sich trotz Tortur einen Podiumsplatz bei der Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii.

Auch für die entthronte Weltmeisterin war es ein hartes Rennen. (Archivbild)
Foto: Georg Wendt/dpa

Nach einer körperlichen Tortur hat Laura Philipp auf den letzten Metern eines hochdramatischen Rennens ihr Lächeln wieder gefunden. Schon weit vor dem Ziel ging der Daumen nach oben, im Zielkanal klatschte sie mit ausgebreiteten Armen die Zuschauer ab. «Es war auf jeden Fall für mich persönlich der härteste Tag, den ich je hatte», sagte sie der ARD: «Ich hatte viele schwere Momente und bin stolz, dass ich bei mir geblieben bin.»

Die 38-jährige Profi-Triathletin aus Heidelberg konnte ihre Titelverteidigung bei der Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii nicht wie erhofft durchführen, nachdem sie vor einem Jahr in Nizza triumphiert hatte. Trotzdem gelang es ihr, hinter der norwegischen Überraschungssiegerin Solveig Løvseth und der Britin Kat Matthews noch auf das Podium zu kommen – etwas, das lange Zeit unwahrscheinlich schien.

Doch die extremen Bedingungen brachten sogar die Besten an ihre Grenzen – und darüber hinaus. «Ich wurde so richtig durchgekocht», sagte Philipp. Andere erwischte es aber noch heftiger. 

Ausscheidungsrennen auf den letzten Kilometern

Im Verlauf eines wahren Hitze-Dramas auf der Laufstrecke musste zunächst die Hawaii-Siegerin von 2023, Lucy Charles-Barclay, aufgeben. Drei Kilometer vor dem Ziel konnte dann auch Taylor Knibb aus den USA nicht mehr weitermachen. Beide waren ins Wanken geraten, schienen kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Beide hatten das Feld lange angeführt und vor allem auf der Radstrecke ein hohes Tempo vorgelegt.

«Es ist nicht die Art und Weise, wie man aufs Podium kommen will», sagte Mit-Profiteurin Philipp. Es sei aber auch darum gegangen, das Tempo so zu gestalten, um das Ziel zu erreichen. «Was da draußen passiert ist, ist noch nicht so oft passiert in einem Rennen.» 

Beim Aufwachen mitten in der Nacht gab es bereits die erste unangenehme Überraschung. Nicht nur, dass sie schlecht geschlafen hatte, es hatte auch stark geregnet im Urlaubsparadies, das an diesem Tag nichts mit Entspannung zu tun hatte. Zum vorerst letzten Mal gehörte die Bühne des Langstrecken-Triathlons nur den Frauen. Im nächsten Jahr wird Ironman wieder Männer und Frauen gemeinsam an einem Ort – in Kailua-Kona – starten lassen.

Eine schwimmt allen davon

Diesmal hatten sich über 1600 Frauen im Profi- und Altersklassenbereich qualifiziert. Laura Philipp sprang mit der Startnummer 1 als Titelverteidigerin nach ihrem Triumph vor gut einem Jahr in Nizza ins warme Pazifik-Wasser. Neoprenanzüge waren nicht erlaubt, was für jemanden wie Charles-Barclay unwichtig war, denn die Britin wollte sich als Schwimmerin für die Olympischen Spiele in London qualifizieren.

Das hat nicht funktioniert, aber sie wurde eine der prägenden Triathletinnen. Im Jahr 2023 gewann sie die Weltmeisterschaft in Hawaii, zuvor war sie viermal Zweite geworden. Im Jahr 2019 wurde sie von Anne Haug geschlagen, der bis heute einzigen deutschen Gewinnerin in Hawaii.

Wie das Rennen begann 

Laura Philipp, die erst mit 24 Jahren Schwimmen richtig gelernt hatte, war überrascht, dass es in der ersten Disziplin recht gut lief. Um 6.25 Uhr morgens wurde das Rennen mit einem Kanonenschuss gestartet. In einer zweiten Verfolgergruppe konnte die deutsche Mitfavoritin mithalten und stieg gut sechs Minuten nach Charles-Barclay aus dem welligen Wasser.

Was zunächst dennoch vielversprechend aussah, entwickelte sich dann aber nicht im Sinne von Laura Philipp und ihrem Trainer und Ehemann Philipp Seipp. «Das Radfahren war bisher Kindergeburtstag», sagte er der ARD am Streckenrand, bevor es hoch ging zum Wendepunkt der Radstrecke. Doch der Gegenwind auf dem Rückweg machte auch Laura Philipp zu schaffen, der Rückstand auf die Spitze wuchs. 

Charles-Barclay und Knibb lieferten sich ein Duell. Als die Britin eine einminütige Zeitstrafe erhielt, weil sie eine Trinkflasche verloren hatte, konnte die Amerikanerin davonziehen. Sie startete als Führende auf die Laufstrecke, 1:43 Minuten später kam Charles-Barclay, weitere vier Minuten danach Løvseth, die Debütantin aus dem Land von Casper Stornes, der im vergangenen Monat die Männer-WM in Nizza gewonnen hatte.

Aufholjagd auf 42 Kilometern 

Philipp lag nun 15 Minuten zurück, als die Vizeweltmeisterin von Nizza, Kat Matthews, den Marathon startete. Philipp konnte jedoch nicht mit ihrem Tempo mithalten. An der Spitze setzte sich Charles-Barclay mit einem Klaps für Knibb nach etwa sieben Kilometern an die Spitze – aber zu früh gefreut.

Die Weltmeisterin von 2023, die damals mit einem Muskelfaserriss in der Wade nach nicht mal zwei Kilometern zu ihrem ersten WM-Triumph in Hawaii rannte, torkelte durch eine Verpflegungsstelle. Sie stopfte sich verzweifelt Eiswürfel in den Rennanzug. Die Führung hatte sie vorher schon wieder hergeben müssen an Knibb. In den Armen ihres Mannes, der sie stoppte, beendete Charles-Barclay völlig aufgelöst das Rennen und wurde im Medical Car betreut.

Philipp mit Spezialfach im Rennanzug

Den Körper kühl halten, kühl halten, kühl halten – und dabei einen kühlen Kopf bewahren. Genau das tat Philipp. Ihr Anzug hatte ein Extra-Fach für Eiswürfel, außerdem trug sie ein kühlendes Tuch für den Nacken. Sie zeigte keine Schwäche, kämpfte und lief konstant stark. Das nächste Drama spielte sich weiter vorne ab: Bei Knibb ging plötzlich auch nichts mehr – drei Kilometer vor dem Ziel. Auch sie taumelte wie benommen und ließ sich erschöpft auf den Asphalt fallen. Løvseth zog vorbei, Matthews zog vorbei – und Philipp.

dpa