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Emotionale Champions-League-Nacht für PSG-Trainer Enrique und verstorbene Tochter Xana

Paris Saint-Germain triumphiert im Finale, Enrique gedenkt seiner Tochter und Doué brilliert. Inzaghi perplex, Zukunft bei Inter unklar.

Trainer Luis Enrique war das Hirn hinter dem unerwarteten PSG-Triumph.
Foto: Christian Charisius/dpa

Mehr Gänsehaut geht nicht. Mitten in der Ekstase über den historischen Champions-League-Triumph von Paris Saint-Germain streift sich Luis Enrique ein T-Shirt für seine gestorbene Tochter Xana über. Fans entrollen ein riesiges Banner zu Ehren des geliebten Coaches und des Mädchens, das der Knochenkrebs viel zu früh aus dem Leben gerissen hatte. «Xana ist immer bei uns, wir denken immer an sie. Wir lieben sie», erzählt Enrique noch auf dem Rasen der Münchner Arena. «Ich denke, dass sie hier unter uns rennen würde.»

Das beeindruckende 5:0 von PSG mit Matchwinner Désiré Doué im Finale der Königsklasse gegen Inter Mailand war ein Abend voller emotionaler Extreme. Luis Enrique war im Freudentaumel über seinen zweiten Erfolg in der Königsklasse und gleichzeitig in Erinnerung an Xana. Auf der anderen Seite war Trainerkollege Simone Inzaghi völlig perplex nach der gewaltigen Blamage und ließ seine Zukunft bei Inter offen.

Der 19-jährige Doué, um den sich im Sommer 2024 der FC Bayern vergeblich bemüht hatte, brillierte nun ausgerechnet in München mit zwei Toren und einer Vorlage. Bayerns Ex-Keeper Yann Sommer konnte Inters Schmach nicht verhindern.

Euphorie in Frankreich: «Hier ist das Paradies»

Auch der umstrittene PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi schob sich ins Bild, als er den silbernen Henkelpott in die Luft reckte, noch bevor die meisten seiner Spieler ihn in den Händen hielten. Die Mailänder mussten verdattert zusehen, als der DFB-Nationalspieler Yann Aurel Bisseck nur Minuten nach seiner Einwechslung verletzt wieder vom Platz musste und später humpelnd aus der Arena ging.

«Hier ist das Paradies», titelte Frankreichs Sportblatt «L’Équipe» am Tag nach dem Endspiel in Anlehnung an ein berühmtes PSG-Motto. Ins Paradies geführt worden waren die Franzosen vor allem von einem Mann: Coach Enrique. «Er hat alles verändert. Er hat eine andere Art, Fußball zu sehen», sagte der ehemalige Dortmunder Achraf Hakimi, der den Torreigen mit seinem 1:0 eröffnet hatte. «Nach all dem, was er erlebt hat, ist es großartig, dass er das erleben kann. Er verdient es wie kein anderer.»

https://x.com/PSG_inside/status/1928943302163792048

Berührende Hommage der PSG-Fans für Xana Enrique

Vor zehn Jahren führte Ex-Profi Enrique den FC Barcelona in Berlin zum Sieg in der Champions League. Ein Bild von damals, wie er neben Tochter Xana eine Siegerfahne in den Rasen steckt, griffen die PSG-Anhänger nun in München auf und erinnerten mit dem großen Banner an jene Szene. Xana war im August 2019 im Alter von neun Jahren an Knochenkrebs gestorben.

«Die Fans haben mir und meiner Familie eine große Freude bereitet», sagte Enrique. «Ich denke jeden Tag an meine Tochter, auch wenn ich keine Titel gewinne. Meine Tochter ist immer bei uns. Sie unterstützt mich, auch wenn ich keine Titel gewinne. Ich fühle ihre Anwesenheit» Auch das spanische Sportblatt Marca erinnerte an Xana und titelte am Sonntag: «Im Himmel wurde gefeiert.»

Erst Bayern-Absage, dann Final-Coup: Teenager Doué überragt

Luis Enrique ist der siebte Trainer, der Europas Club-Krone mit zwei verschiedenen Vereinen gewinnt, nach Carlo Ancelotti, Ernst Happel, Jupp Heynckes, Ottmar Hitzfeld, José Mourinho und Pep Guardiola. Keiner der anderen Trainer hat ein so dominantes Finale erlebt – das 5:0 war der höchste Endspielerfolg in der Geschichte der europäischen Königsklasse.

Entscheidenden Anteil daran hatte Super-Teenager Doué mit seiner klugen Vorlage zu Hakimis frühem 1:0 und den zwei danach selbst erzielten Treffern. Was wohl die Bayern-Granden um Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß auf der Ehrentribüne gedacht haben? Vor der Saison bemühte sich der deutsche Rekordmeister intensiv um den Teenager, der sich aber für einen Wechsel von Stade Rennes zu PSG entschied. «Ich kann das nicht in Worte fassen. Es ist etwas Magisches», sagte der Stürmer, der am Dienstag 20 Jahre alt wird, zu seiner großen Show.

Pariser Erfolgsformel: Hungriges Team statt großer Namen

Doué ist das Gesicht des neuen PSG, nachdem der vermeintliche Heils- und Henkelpottbringer Kylian Mbappé den Club vor der Saison verlassen hatte. Die Zeitung «Le Figaro» schrieb von «sicherlich dem Jahr, in dem wir es am wenigsten erwartet hatten, als PSG nach der Ära der Stars auf Jugend, Teamgeist und Geduld setzte». Das zählte mehr als Namen wie Mbappé, Lionel Messi oder Neymar, mit denen die Champions-League-Krönung missglückte.

Paris hat mit einem der jüngsten Kader in dieser Saison gute Chancen, auch in den kommenden Jahren eine führende Rolle im europäischen Fußball zu spielen. Selbst Ousmane Dembélé, der früher als undiszipliniert und launisch galt, zeigte im Finale eine hingebungsvolle Leistung.

Wie eine Warnung konnte Doués Analyse interpretiert werden, dass sich viele Spieler im Team noch steigern müssten, «und ich gehöre dazu». Als nächstes steht die Club-WM an.

Bemerkenswerte Szene mit PSG-Boss Al-Khelaifi

Dass Paris aber nach wie vor auf eine fürstliche Finanzierung aus Katar setzen kann, das wurde in einer für viele befremdlichen Szene deutlich. Noch auf dem Siegerpodium durfte Clubchef Al-Khelaifi den Pokal vor vielen Spielern in die Luft stemmen. Dann wurde der Katari auch noch auf Schultern gehoben. «Wahnsinn», sagten die ZDF-Experten Christoph Kramer und Per Mertesacker missbilligend.

Als die PSG-Kicker noch lange auf dem Rasen feierten und Hunderte ihrer Fans bei einem kurzen Platzsturm Teile des Rasens und ein Tor malträtierten, waren die Inter-Spieler schon in der Kabine verschwunden. «Das war ein schlimmer Abend», analysierte Nationalspieler Nicolò Barella. Italiens Zeitungen schrieben kollektiv von einem «Alptraum» und einer «Demütigung». Die «Gazzetta dello Sport» titelte empört und in großen Lettern: «So nicht».

Und was wird aus Final-Verlierer Inzaghi?

Noch vor wenigen Wochen hatte Inter das Triple in Aussicht – nun verpatzten die Nerazzurri den wichtigsten Titel auf schlimmstmögliche Weise. Und was wird auch Coach Inzaghi? Gerüchte um einen Weggang nach Saudi-Arabien halten sich seit Tagen. In der Nacht auf Sonntag konnte er noch nicht einmal sagen, ob er bei der Club-WM in zwei Wochen noch dabei ist. «Ich bin viel zu verbittert, um mir Gedanken über meine Zukunft zu machen», meinte er.

dpa