Bei Borussia Dortmund tobt ein Machtkampf um das Präsidentenamt des Stammvereins. Hans-Joachim Watzke tritt an und hat gute Chancen – aber um welchen Preis?
Langer Wahlkampf droht: Watzke kandidiert als BVB-Präsident
Hans-Joachim Watzke beabsichtigt, nach seinem Rücktritt als Vorsitzender der Geschäftsführung der BVB-Kapitalgesellschaft im Herbst zum Präsidenten des Stammvereins gewählt zu werden. Diese Ankündigung war lange erwartet worden und seine offizielle Erklärung, sich im November auf der Mitgliederversammlung zur Wahl zu stellen, ist zwar keine Überraschung, aber von großer Bedeutung für den BVB.
«Bei unserer nächsten Mitgliederversammlung stelle ich mich zur Wahl als Präsident von Borussia Dortmund. Damit folge ich der Bitte der Gremien des BVB», sagte Watzke am Mittwoch in einer Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlag.
Dies ist eine weitere Etappe im erbitterten Machtkampf um das Präsidentenamt des Vereins, der seit Ende Mai tobt. Beobachter befürchten einen langen Wahlkampf, der den BVB erschüttern könnte. Denn Watzkes ehemaliger Freund und Amtsinhaber Reinhold Lunow hatte überraschend angekündigt, entgegen seiner bisherigen internen Zusagen, doch noch einmal zur Wahl antreten zu wollen.
«Meine Aufgabe ist es, die bestmögliche Lösung für den Verein zu gewährleisten, und es gab und gibt Entwicklungen, die ich wahrnehme, bewerte und entsprechende Schlussfolgerungen ziehe. Ich werde damit der Verantwortung des Amtes gerecht», sagte der seit Mittwoch 72 Jahre alte Mediziner zuletzt dem Portal «schwatzgelb.de» zu seinem Sinneswandel.
Wer Präsident ist, hat Auswirkung auf die Kapitalgesellschaft
Es spielt eine Rolle für die ausgegliederte Kapitalgesellschaft, welches Mitglied zum Präsidenten des Vereins gewählt wird. Der Vereinsvorstand beruft die Geschäftsführung der KGaA über eine GmbH.
«Es wäre mir eine Ehre, wenn ich nach 20 Jahren operativer Tätigkeit unseren Verein in diesem wichtigen Amt weiterhin unterstützen könnte. Reinhold Lunow habe ich meine Entscheidung in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt», sagte Watzke weiter.
Nicht nur er hatte unlängst im «Kicker» überrascht auf Lunows Entschluss reagiert, «weil es anders besprochen war». Offiziell begründet Lunow dies mit dem umstrittenen Rheinmetall-Deal aus dem vergangenen Jahr. Watzke und der umtriebige Marketingchef Carsten Cramer hatten einen Werbevertrag mit dem Rüstungskonzern abgeschlossen, der dem BVB über drei Jahre rund 20 Millionen Euro einbringt. Lunow stimmte dem Deal zunächst zu, wechselte auf der vergangenen Mitgliederversammlung dann ins Lager der Kritiker.
Watzke gegen Lunow: Aus Freunden wurden Widersacher
Schon damals waren die einstigen Freunde wohl nicht mehr gut miteinander – nicht erst, als Lunow ankündigte, sich erneut zur Wahl zu stellen. Vor 20 Jahren hatte Watzke ihn als seinen Nachfolger als Schatzmeister des Vereins vorgeschlagen und vor drei Jahren dafür gesorgt, dass Lunow erfolgreich um das Präsidentenamt bewirbt, als Vorgänger Reinhard Rauball ausschied. Mittlerweile meiden sich die einstigen Weggefährten so gut es geht. Bei der Club-WM in den USA sollen beide in verschiedenen Hotels übernachtet haben. Bei einem Fantreffen in Cincinnati verließ Lunow die Veranstaltung, als Watzke mit seiner Entourage eintraf.
Der interne Bruch beim BVB ist deutlich zu spüren. Wie die «Ruhr Nachrichten» berichteten, sah sich Watzke im Sommer plötzlich einem Compliance-Verfahren ausgesetzt, weil dieser angeblich im Jahr 2023 zwei Charterflüge dienstlich abgerechnet, aber privat genutzt habe. Die interne Prüfung stellte indes kein Fehlverhalten Watzkes fest: «Den beanstandeten Flügen lagen ausnahmslos dienstliche Anlässe zugrunde.»
Watzke selbst sagte dazu: «Damit ist die Sache für mich abgeschlossen. Dass aus vertraulichen Gremien von Borussia Dortmund interne Details trotz allumfassender Verschwiegenheitsverpflichtungen aller Beteiligten an die Öffentlichkeit gelangen, empfinde ich allerdings als enttäuschend.»
Chancen für Watzke scheinen deutlich größer
Herzlich willkommen in der Welt der Politik. Der Wahlkampf hat bereits begonnen, mit möglichen Auswirkungen auf Lunow, Watzke und auch Borussia Dortmund. Ein unangenehmer, langer Wahlkampf sorgt für Verwirrung, da Watzke bessere Chancen hat, gewählt zu werden.
Lunow und seine Vorstandskollegen entschieden sich dafür, die Mitgliederversammlung hybrid abzuhalten. Dadurch haben alle rund 230.000 BVB-Mitglieder die Möglichkeit, an der Wahl teilzunehmen, nicht nur die anwesenden. Es wird vermutet, dass unter allen Mitgliedern deutlich mehr Watzke-Anhänger sind. Bei den anwesenden Mitgliedern der Versammlung könnte dies anders aussehen. In der aktiven Fanszene gibt es viele Kritiker von Watzke.
Die Satzung sieht keine Kampfkandidatur vor und es steht zunächst nur ein Kandidat des Wahlausschusses zur Wahl. Erst wenn dieser in den ersten beiden Wahlgängen keine Mehrheit bekommt, kann auch jemand anderes vorgeschlagen werden. Es gilt als sicher, dass Watzke der Kandidat des Wahlausschusses wird, da es in den BVB-Gremien eine klare Mehrheit pro Watzke gibt.