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Kein ESC-Wunder für Deutschland: Ist Raab jetzt in Gefahr?

Mit Stefan Raab sollte für Deutschland wieder alles besser werden beim ESC – am Ende reichte es für das Mittelfeld. Ist das Comeback von «Deutschlands ESC-König» damit schon wieder beendet?

Nach vielen Pleiten hoffte Deutschland mit dem Geschwister-Duo Abor & Tynna auf eine bessere Platzierung.
Foto: Jens Büttner/dpa

Stefan Raab ist wieder beim Eurovision Song Contest – aber seine frühere ESC-Magie ist kaum spürbar. Unter seiner Regie landete Deutschland in der Nacht zum Sonntag auf Platz 15. Dies war weit entfernt von der angestrebten Spitzenposition und auch von den Top Ten, für die Raab einst als Garant galt. Stattdessen holte sich Österreich den Sieg, während der Wettbewerb von Protesten gegen die Teilnahme Israels überschattet wurde.

Das Gewinnerlied des Countertenors JJ ist eine dreiminütige Pop-Oper mit dem Titel «Wasted Love». Insbesondere die Jurys in ganz Europa waren von dem Stück, das viele stilistische Brüche aufweist, begeistert. Obwohl Israel bei den Publikumsstimmen – die die andere Hälfte der Wertung ausmachen – klar in Führung lag, reichte es am Ende für JJ zum Sieg. Elf Jahre nach dem Triumph von Conchita Wurst hat die Alpenrepublik somit erneut einen ESC-Sieger.

Schorn: «“Baller“ ist der Knaller»

Der Auftritt des von Deutschland entsandten Geschwister-Duos Abor & Tynna hatte die geschürten Hoffnungen zunächst durchaus am Leben gehalten. Schwester Tynna tanzte auf einem gigantischen Radiorekorder, während Bruder Abor auf einem Cello mit LED-Beleuchtung spielte. Das Instrument war weiß lackiert – möglicherweise als Referenz an die weiße Gitarre, mit der Sängerin Nicole 1982 zum ersten Mal den Musikwettbewerb für Deutschland gewonnen hatte. Die beiden hatten sich etwas vorgenommen.

Der Auftritt kam in der Halle in Basel sehr gut an. ARD-Kommentator Thorsten Schorn versuchte dann auch, Optimismus zu verbreiten. «“Baller“ ist der Knaller», übermittelte er nach dem Auftritt dem heimischen Publikum. «Das wird hier gefeiert.»

In der Tat ist Platz 15 kein schlechtes Ergebnis, wenn man die vielen Misserfolge berücksichtigt, die Deutschland in den letzten zehn Jahren erlitten hat. Darüber hinaus vergaben zwei Jurys die Höchstpunktzahl von 12 Punkten an die Bundesrepublik – die Ukraine und Tschechien.

Erst im vergangenen Jahr hatte Sänger Isaak überraschenderweise den 12. Platz erreicht – das war also noch etwas besser. Erst danach wurde Raab wieder in die deutsche ESC-Auswahl aufgenommen und sollte nach noch größeren Zielen streben.

Die Erwartungen waren dabei von Anfang an hoch. Spätestens seit dem unter seiner Ägide errungenen Sieg von Lena Meyer-Landrut im Jahr 2010 umgibt Raab die Aura des ESC-Gurus. Auch als Komponist für Guildo Horn (1998, «Guildo hat euch lieb») und bei seinem eigenen Auftritt (2000, «Wadde hadde dudde da») gelangen ihm Top-Ten-Ergebnisse. Das Portal eurovision.de bezeichnet ihn als «Enfant terrible und Deutschlands ESC-König».

Verpufftes «Raabinator»-Comeback?

Abor & Tynna waren dann in mehreren Auswahlshows zum deutschen Beitrag auserkoren worden. Die Entscheidung traf am Ende zwar das Publikum, aber Raab verantwortete die Vorauswahl. Und er erklärte kühn: «Wenn man in Deutschland noch wetten könnte auf ESC-Songs, ich würde all mein Geld darauf setzen, dass dieser Song gewinnt.»

In den vergangenen Tagen hatte er selbst auch intensiv für das Lied geworben. Er versuchte unter anderem, Deutsche auf Mallorca dazu zu bringen, für Abor & Tynna zu stimmen. Die erhoffte Wirkung blieb jedoch aus.

Auch für Raab stand mit dem Abschneiden beim ESC einiges auf dem Spiel. Erst im vergangenen September hatte er seine jahrelange Bildschirmpause mit viel Tamtam und deutlich formulierten Ambitionen beendet. Teil des «Raabinator»-Comebacks war auch, wieder bei der Auswahl des deutschen ESC-Acts mitzumischen. 

Mittlerweile ist seine wieder aufgenommene Kamera-Karriere allerdings ins Stocken geraten. Erst vor wenigen Tagen verkündete sein Haussender RTL, dass man mit den Quoten von Raabs wöchentlicher Show («Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab») nicht mehr zufrieden sei und sie in ihrer aktuellen Form beenden werde. Im Herbst soll es ein neues Format geben. Wie das aussehen kann, steht in den Sternen.

Ob Raab noch einmal in die ESC-Maschinerie eingreifen darf, ist nun fraglich. Die ARD, die für den Wettbewerb zuständig ist, hatte die Zusammenarbeit mit dem erhofften Erfolg verkoppelt. Als ARD-Programmdirektorin Christine Strobl von der «Hörzu» im Januar gefragt wurde, ob das Konzept mit Raab wieder auf Eis gelegt werde, sollte nicht der Sieg herausspringen, antwortete sie: «Absolut.» Der Anspruch sei «ganz klar», zu gewinnen. Das ist nun nicht eingetreten.

dpa