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Neuer Trainer bei Bayer Leverkusen: Hjulmand übernimmt in turbulenten Zeiten

Der erfahrene Coach setzt auf Authentizität und fordert ohne Lautstärke, während er vor einer intensiven Spielphase steht und den Club umkrempeln muss.

Souveräner Auftritt: Kasper Hjulmand bei seiner ersten Pressekonferenz als Leverkusen-Trainer.
Foto: Marius Becker/dpa

Seinen ersten Arbeitstag bei Bayer Leverkusen begann Kasper Hjulmand mit einer verbalen Verbeugung vor seinem Vorgänger. «Ich habe großen Respekt vor Erik. Er ist ein guter Kollege. Ich möchte, dass Erik weiß, dass ich viel Respekt vor ihm habe», sagte der neue Trainer der Werkself im Stile eines Gentleman zu seinem schon nach zwei Monaten und mit unschönen Nebengeräuschen geschassten Vorgänger Erik ten Hag. 

Es blieben nicht die einzigen durchdachten Sätze eines Mannes, der viel erlebt hat und offenbar genau weiß, war er will – im Fußball und auch sonst. «Das Leben ist zu kurz, um eine Rolle zu spielen und jemand zu sein, der man nicht ist», sagte Hjulmand beispielsweise an diesem Vormittag in grauer Bayer-04-Kluft mit dem Vereinslogo auf der Brust.

Bei seinem neuen Arbeitgeber, dessen Verantwortliche um Sportchef Simon Rolfes er schon lange kennt, müsse er sich nicht verstellen. «Ich habe das Gefühl, dass ich ich selbst sein kann. Ich muss nicht erklären, wie ich Fußball sehe», sagte der 53-Jährige.

Hjulmand: «Ich schreie Leute nicht an»

Hjulmand wurde trotzdem nach seiner Spielphilosophie gefragt. «Ich mag es am meisten, wenn wir den Ball haben und aktiv sind», antwortete der Däne. Er betonte jedoch auch, dass der moderne Fußball so vielfältig sei, dass es schwierig sei, seinem bevorzugten Spiel einen bestimmten Namen zu geben. Man müsse alles beherrschen.

«Ich bin sehr fordernd. Ich sehe Potenzial, überall Dinge zu optimieren», sagte er. Dafür brauche er keine Lautstärke: «Ich schreie Leute nicht an. Ich muss Leute nicht zerstören, um zu zeigen, dass ich ein starker Anführer bin.»

https://x.com/bayer04fussball/status/1965702939038884068

Erfahrung als Nationaltrainer ein Vorteil?

Hjulmand hat jedoch nicht viel Zeit zur Optimierung. Nur zwei Tage nach seinem ersten Training mit dem neuen Team steht am Freitag das schwere Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt an. Es ist der Beginn einer intensiven Phase mit insgesamt sechs Spielen in 23 Tagen – zum Start der Champions-League-Saison nächste Woche wird Bayer ausgerechnet in Hjulmands Heimatland beim FC Kopenhagen antreten.

Der Trainer hat zuletzt für den Verband an der Entwicklung eines neuen Fußball-Campus gearbeitet. Zuvor war er Nationaltrainer – aus Hjulmands Sicht ein Vorteil in der aktuellen Situation. «Ich habe bei der Nationalmannschaft viel gelernt. Dort hatte ich auch nicht viele Trainingseinheiten», sagte er.

Mit dem dänischen Nationalteam sorgte er bei der Europameisterschaft 2021 für Furore und kam bis ins Halbfinale. Zudem bewies Hjulmand mit souveränem und empathischem Verhalten rund um den dramatischen Herzstillstand von Dänemarks Superstar Christian Eriksen im Spiel gegen Finnland eindrucksvoll, dass sich seine Spieler auf ihn verlassen können. Auch Rolfes erinnerte an das Turnier und die «Führungsstärke», die Hjulmand dort gezeigt habe.

In Mainz war für Hjulmand schnell wieder Schluss

Die Bundesliga kennt Hjulmand ebenfalls bereits. Als Trainer des FSV Mainz 05 in der Saison 2014/15 musste er allerdings nach nur gut einem halben Jahr wieder gehen. Ob er nun zeigen wolle, dass er auch in Deutschlands höchster Spielklasse Erfolg haben kann, wurde Hjulmand gefragt. Er hatte eine eindeutige Antwort parat: «Ich gehe nicht in diesen Job, um irgendwas zu beweisen.»

Trotzdem wird ein besonderes Augenmerk auf ihm liegen. Immerhin übernimmt er einen Club, der in kurzer Zeit eine enorme Entwicklung durchgemacht hat. Der Double-Coup unter Trainer Xabi Alonso 2023/24 und mitreißender Offensivfußball mit Zauberfuß Florian Wirtz haben Bayer 04 zu einem der aufregendsten Clubs der vergangenen Jahre gemacht. Jetzt erlebt Leverkusen einen beispiellosen Umbruch.

Hjulmand muss verhindern, dass es zu einem Absturz kommt. Nach dem erfolglosen Engagement von ten Hag steigt auch der Druck auf die sportlichen Entscheider.

Hjulmand zum Team: «Das Potenzial ist groß»

Wirtz, Granit Xhaka, Jonathan Tah und andere Stars haben den Verein verlassen. Es kamen viele neue Spieler. Kann es Hjulmand schaffen, die zweistellige Anzahl an Neuzugängen zu integrieren und sie zu einem starken Team zu formen? Das ist die Herausforderung.

«Ich denke, es wird harte Arbeit. Aber das Potenzial ist groß. Es gibt so viel Talent, so viel Qualität», sagte er zu seiner Aufgabe. «Jetzt liegt es an uns, zusammenzukommen und ein fantastisches Team zu werden – auf und neben dem Platz.»

dpa