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Eurovision Song Contest in Basel: Spektakel der Superlative

Schweiz bereitet sich auf das größte Musikspektakel der Welt vor. 37 Länder kämpfen um die Siegestrophäe in der St. Jakobshalle.

Der ESC hat mehr als 160 Millionen Zuschauer weltweit.
Foto: Jens Büttner/dpa

Der Eurovision Song Contest (ESC) in Basel ist ein Spektakel der Superlative: Mit mehr als 160 Millionen Zuschauern ist es das größte Musikspektakel der Welt. 37 Länder kämpfen am Samstagabend ab 21.00 Uhr in der St. Jakobshalle um die Siegestrophäe.

In der Schweizer Stadt direkt an der deutschen Grenze herrscht seit Tagen ein reges Treiben mit Live-Bühnen, Quiz- und Fernsehshows direkt aus der Fußgängerzone und ESC-Selfieboxen für schräge Fotos mit viel Glitter. Trotz des guten Wetters tanzen die ESC-Fans bis spät in die Nacht. Basel erwartet eine halbe Million Besucher, obwohl nur etwa 60.000 live bei den neun Shows dabei sein können. Was man wissen muss, um mitreden zu können:

Wer ist der umstrittenste Act?

Wie 2024 in Malmö ist das der Auftritt Israels. Wegen des Gazakriegs mit mehr als 50.000 Toten protestieren viele Menschen dagegen, dass Israel teilnimmt, darunter auch 70 frühere Teilnehmer. Sie schrieben in einem offenen Brief, Russland sei 2022 auch ausgeschlossen worden wegen des Überfalls auf die Ukraine. «Wir akzeptieren diese Doppelmoral gegenüber Israel nicht», schrieben sie. Ähnlich äußerten sich Sender und Politiker in Spanien, Island und Slowenien. Es sind in Basel vereinzelt palästinensische Flaggen zu sehen, größere Zwischenfälle gab es aber anders als 2024 in Malmö bislang nicht. 

Israels Sängerin Yuval Raphael (24) hat die Anschläge in Israel von Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 als Besucherin des Nova-Musikfestivals überlebt, stundenlang versteckt unter Leichen, wie es heißt. In ihrem Song «New Day Will Rise» geht es um Verlust und Hoffnung. Israel ist beim ESC mit vier Siegen bis heute doppelt so erfolgreich wie Deutschland. Zuletzt gewann 2018 Netta. Israel darf als Mitglied der Europäischen Rundfunkunion (EBU) teilnehmen. Die EBU richtet den Song Contest aus. 

Wen schickt Deutschland ins Rennen?

Die Geschwister Abor (26) und Tynna (24) aus Wien haben die deutsche Vorentscheidung gewonnen und bekommen Lob aus sehr berufenem Munde: «Ein unglaublich starker Act», sagt Nemo, 2024 siegreich für die Schweiz, der Deutschen Presse-Agentur. «Das ist ein Sound, bei dem es einfach Spaß macht mitzusingen. Ich habe das Gefühl, Top 10, das könnte wirklich drin liegen.» 

Abor &Tynna, mit bürgerlichem Namen Attila (26) und Tünde (24) Bornemisza, treten mit dem Popsong «Baller» auf. Darin geht es um die Wut einer Verlassenen. Kein Wunder, dass die beiden dazu nicht so eine zündende Fröhlichkeit wie einst Lena beim deutschen Sieg 2010 mit «Satellite» an den Tag legen. Textprobe: «Ich baller’ Löcher in die Nacht» und «Ich krieg wieder diesen Drang, ich will den Weltuntergang». Sie singt, er spielt Cello. 

Was sind die Gründe, die Schweden zum Top-Favoriten machen?

Die Schweden treten mit einem Spaß-Trio aus Finnland an. Die Gruppe KAJ frönt mit ihrem Spaßsong «Bara bada bastu» (Einfach in die Sauna gehen) genau dem: dem Saunagang. Sie haben tief in die Trickkiste der Ohrwürmer gegriffen: mit Mitgröl-Parollen wie «Ohhh-ee-oh-ee-oh-ee-ohhh» und «Saunaaaaa», garniert mit lustigen Tanzmoves im Saunahandtuch.

Bei Wettbüros liegen die drei seit Wochen vorn. Ebenso ganz oben stehen Österreich mit dem Countertenor JJ, der auf einer Schiffsattrappe vor Bildern eines tosenden Ozeans singt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes in den höchsten Tönen. Dabei geht es um vergebene Liebesmüh. Die Niederlande mit Claude, gebürtig im Kongo, mit dem seichten Schlager «C’est la vie» ist in den Favoritenkreis gestoßen, wo sich auch Frankreichs Louane befindet. Sie besingt auf der Bühne in einem Haufen Sand ihre verstorbene Mutter.

Warum Basel?

Weil jeweils das Land den Wettbewerb ausrichten darf, das im Jahr davor gewonnen hat, Basel also wegen Nemos Sieg in Malmö. Nemo tanzte damals auf einer drehenden Scheibe. Er glaubt, dass das Eindruck gemacht hat: Die Bühnendarstellungen seien dieses Mal so gut wie nie und Nemo sieht sich ein bisschen «als Inspiration für die anderen.»

Was ist neu beim ESC in diesem Jahr?

Aufgrund von Spannungen hinter der Bühne in Malmö, die sich gegen die israelische Teilnehmerin richteten, wurden Rückzugsräume und filmfreie Zonen eingerichtet. Das Reglement für Flaggen und Symbole wurde ebenfalls angepasst: Während auf der Bühne nur Landesflaggen erlaubt sind, können im Publikum alle Symbole gezeigt werden, die nicht gegen schweizerisches Recht verstoßen. Jede Person darf eine Flagge mit den Maßen bis zu einem Meter mal 70 Zentimeter mitbringen.

Welche Länder machen mit?

Der Wettbewerb wird zum 69. Mal ausgetragen. Es gibt insgesamt 37 Acts. Sechs Länder sind automatisch für das Finale qualifiziert: neben dem Titelverteidiger auch Deutschland, Großbritannien, Spanien, Frankreich und Italien. Diese fünf sind die größten Beitragszahler der EBU. Von den restlichen 31 Teilnehmerländern haben sich elf in den beiden Halbfinalen nicht qualifiziert.

Der Gastgeber Schweiz erzielte sogar einen Sieg mit einer ausländischen Künstlerin: Die Kanadierin Céline Dion (57) gewann die Trophäe 1988 für die Schweiz. Es wird gespannt erwartet, ob sie am Finale teilnimmt. In einer Videobotschaft im ersten Halbfinale sagte sie, dass sie nichts lieber tun würde. Dion leidet jedoch an dem Stiff-Person-Syndrom mit schweren Muskelkrämpfen. Ihre Auftritte hängen immer von ihrem Tageszustand ab.

 Wer zählt zu den ewigen Besten?

Schweden würde mit einem Sieg das achte Mal gewinnen und auf der ewigen ESC-Bestenliste an der Spitze stehen. Noch teilt es sich den Platz mit Irland, das auch siebenmal gewann. Deutschland stand zweimal auf dem Treppchen: 1982 Nicole mit «Ein bisschen Frieden» und 2010 Lena. 

Am anderen Ende befindet sich Norwegen. Das Land hält sogar den Rekord mit zwölf letzten ESC-Plätzen. Je nach Berechnung folgen dann Finnland und Deutschland. Deutschland belegte zuletzt 2022 und 2023 den letzten Platz.

Welche Regeln gelten bei den Auftritten?

Neben dem Flaggen-Reglement gilt unter anderem: Es dürfen keine Tiere auf der Bühne sein und höchstens sechs Personen pro Act sind erlaubt. Jeder Beitrag darf maximal drei Minuten dauern. Politische Äußerungen und Gesten sowie Werbung oder etwas, das den Wettbewerb diskreditieren könnte, sind untersagt. Das Mindestalter der Teilnehmer beträgt 16 Jahre.

Und was hat es mit den «Douze Points» auf sich?

Jeder Act kann aus jedem Land höchstens 24 Punkte erhalten – mit Ausnahme des eigenen: zwölf von einer Fachjury, zwölf durch das Televoting. Jeder Einwohner eines Landes kann daran teilnehmen. Aus Deutschland ist es nicht möglich, für den deutschen Beitrag zu stimmen. Die Punkte werden für die besten zehn Songs vergeben. Beim Televoting erhält der Song mit den meisten Anrufen zwölf Punkte, der zweite zehn, der dritte acht und so weiter in Ein-Punkte-Schritten.

Wie kann man vom Sofa aus dabei sein?

In der ARD gibt es eine Vor- und Nach-Finale-Show. Mit Moderatorin Barbara Schöneberger und Gästen geht es am Samstag um 20.15 Uhr los mit «ESC – der Countdown» und ab etwa 01.00 Uhr in der Nacht startet live aus Basel «ESC – die Aftershow».

dpa