Kretzschmar beendet Vertrag als Sportvorstand und verlässt Hauptstadt-Club nach Saisonende, um Fokus auf ambitionierte Ziele zu lenken.
Stefan Kretzschmar verlässt Füchse Berlin nach Konflikt mit Hanning
Stefan Kretzschmar, eine Handball-Ikone, hat mit einer überraschenden Zukunftsentscheidung für Aufsehen gesorgt und ein Personalbeben beim deutschen Meister Füchse Berlin ausgelöst. Er wird seinen Vertrag als Sportvorstand nicht verlängern und den Hauptstadt-Club nach Saisonende verlassen, was den Konflikt mit Vereinsboss Bob Hanning verschärft.
«Öffentliche Diskussionen um die strategische Ausrichtung tun dem Verein nicht gut. Um den medialen Druck zu nehmen und den Fokus auf unsere ambitionierten Ziele in dieser Saison zu lenken, gebe ich meine Entscheidung heute bekannt. Bis Juni 2026 werde ich mit voller Leidenschaft arbeiten und kämpfen, um diese Ziele zu erreichen», schrieb Kretzschmar auf Instagram.
Zwei Alpha-Tiere treffen aufeinander
Hanning und Kretzschmar waren nie die besten Freunde, obwohl sie machtbewusst waren. Trotzdem arbeiteten sie professionell zusammen bei den Füchsen und legten den Fokus konsequent auf den Erfolg des Vereins. Es gab dennoch unterschiedliche Auffassungen.
Hanning bestand darauf, Spitzenleistung und die Förderung junger Talente als untrennbare Einheit zu betrachten. Kretzschmar hätte jedoch lieber noch mehr in die Qualität und Tiefe des Kaders investiert.
In den vergangenen Tagen ist es zwischen dem ehemaligen Nationalspieler und Hanning zu einem offenen Machtkampf gekommen, der hinter den Kulissen für hitzige Debatten und Unruhe gesorgt hat. Kretzschmar hatte wenig Verständnis dafür, dass sich Hanning nicht klar zu ihm und Trainer Jaron Siewert positioniert und die Zukunft der beiden offen gelassen hat. «Es ist ein Zustand, wo man natürlich gerade in der Luft hängt. Es ist für alle Beteiligten eine angespannte Situation», sagte Kretzschmar der dpa.
Hanning: «Es wäre keine Unruhe entstanden, wenn…»
Hanning hingegen hatte wiederholt betont, im Herbst in aller Ruhe eine Entscheidung treffen zu wollen. Dass die Personalpolitik in Berlin, nicht zuletzt durch Kretzschmars Äußerungen, öffentlich breit diskutiert wurde, missfiel dem 57-Jährigen deutlich. «Es wäre gar keine Unruhe entstanden, wenn man nicht Unruhe entstehen lassen wollte», sagte Hanning am Sonntag bei Dyn. Gegenüber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» beschrieb der ehemalige DHB-Vizepräsident manche Aussagen Kretzschmars als grenzwertig.
Auch bei vielen Experten sorgte die Hängepartie für Verwunderung. Schließlich blickt der Hauptstadt-Club auf die beste Saison seiner Vereinsgeschichte zurück. Erstmals wurde der deutsche Meistertitel geholt und das Finale der Champions League erreicht. „Es mache zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn, das stimmige Konzept zu verändern“, hatte Kretzschmar gesagt. Nun sorgt er wenige Tage vor dem Bundesliga-Topspiel gegen den SC Magdeburg an diesem Samstag selbst für die Veränderung – und weitere Unruhe.
Für die Zeit in Berlin ist Kretzschmar dankbar. «Diese Erfolge sind das Ergebnis von harter Arbeit, einer Vision, einer phänomenalen Mannschaft, einem großartigen Trainerteam und unseren leidenschaftlichen Fans. Für mich war es ein riesiges Privileg und ein besonderer Höhepunkt meiner Karriere, in meiner Heimatstadt Berlin mit den Füchsen die erste Deutsche Meisterschaft feiern zu dürfen», schrieb Kretzschmar weiter.
Was macht Meistertrainer Siewert?
Unklar ist, was Kretzschmars Entscheidung für die Zukunft von Meistertrainer Jaron Siewert bedeutet. Der Vertrag des 31-Jährigen läuft ebenfalls im Sommer aus. «Natürlich beschäftigt einen das», hatte Siewert gesagt. Seit 2020 trainiert der gebürtige Berliner die Füchse.
Noch am Wochenende hatte Siewert angedeutet, beim Bundesligisten weitermachen zu wollen. «Ich fühle mich hier extrem wohl, meine Familie fühlt sich hier extrem wohl», sagte der Handball-Coach.
Über den Sommer hatte es immer wieder Spekulationen um einen neuen Trainer gegeben. Präsident Frank Steffel heizte die Gerüchte selbst an und sagte der «Sport Bild»: «Die Frage für ihn ist doch: Wann ist für ihn der beste Zeitpunkt, etwas Neues zu machen?» In der Handball-Szene hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der ehemalige Flensburg-Coach Nicolej Krickau auf Siewert folgen könnte.
Hanning plant Rückzug
Hanning möchte sicherstellen, dass der Verein, den er aufgebaut hat, für die Zukunft gerüstet ist. In drei Jahren plant der 57-Jährige, sein Amt niederzulegen und den Verein optimal zu übergeben. Der langjährige Füchse-Kapitän Paul Drux soll Hannings Nachfolger werden. Aufgrund einer Verletzung musste Drux seine Karriere bereits in der vergangenen Saison vorzeitig beenden.