Verhandlungen mit der islamistischen Hamas würden fortan nur noch «unter Feuer» geführt, sagt Israels Regierungschef. Die USA setzen ihre Angriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen fort.
Netanjahu kündigt Intensivierung der Gaza-Angriffe an
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu droht eine Intensivierung der massiven Angriffe auf Stellungen der islamistischen Hamas im Gazastreifen an. «Wir haben den Kampf wieder mit aller Macht aufgenommen», sagte Netanjahu in einer Videoübertragung. «Von jetzt an werden Verhandlungen nur unter Feuer geführt.» Zu neuen Angriffen mit mehr als 400 Toten sagte Netanjahu: «Dies ist erst der Anfang.»
Laut israelischen Medienberichten gab es weiterhin israelische Luftangriffe in verschiedenen Gebieten des Küstengebiets, auch in der Nacht zum Mittwoch. Die israelische Armee hat sich jedoch zunächst nicht dazu geäußert. Es wird berichtet, dass Angriffe aus der Umgebung von Chan Junis im Süden des Gebiets und bei Gaza-Stadt im Norden stattgefunden haben. Mindestens zehn Menschen sollen bei den Angriffen ums Leben gekommen sein.
Zum ersten Mal seit Beginn einer Waffenruhe vor etwa zwei Monaten hat die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Dienstag erneut massiv Ziele im Gazastreifen bombardiert. Mit den neuen Angriffen ist die mühsam von internationalen Unterhändlern ausgehandelte Waffenruhe de facto beendet. Palästinensische Zivilisten im Norden und Süden des Gazastreifens, die während der Waffenruhe in ihre Wohngebiete zurückgekehrt waren, wurden von der Armee erneut zur Flucht aufgefordert.
Angriffe sollen in den nächsten Tagen andauern
Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte, die Angriffe würden auch in den kommenden Tagen weitergehen. «Dies ist kein eintägiger Einsatz», sagte Saar nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit Repräsentanten der israelisch-amerikanischen Lobbyorganisation Aipac.
Die islamistische Hamas habe zwei Vorschläge des US-Gesandten Steve Witkoff für eine Verlängerung der Waffenruhe abgelehnt, sagte Saar. «Wir fanden uns in einer Sackgasse wieder – keine Geiseln wurden freigelassen und es gab keine militärischen Einsätze», sagte der Außenminister demnach. «Diese Situation konnte nicht andauern.»
Sprecher: Hamas reagierte positiv auf Vermittlungsvorschlag
Ein Hamas-Sprecher sagte hingegen, es sei Israel, das sich gegen die Waffenruhe-Vereinbarung gewandt habe. Die Hamas sei der Dreistufenvereinbarung dagegen immer verpflichtet gewesen. Man sei in ständigem Kontakt mit den internationalen Unterhändlern und stehe allen Versuchen, «die Aggression (Israels) zu stoppen und die Blockade aufzuheben», positiv gegenüber.
Witkoff und weitere US-Vertreter präsentierten kürzlich bei einem Vermittlungstreffen in Katar einen überarbeiteten Vorschlag für eine Verlängerung der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas über mehrere Wochen. Gemäß diesem Vorschlag sollte die Hamas mehrere lebende Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene freilassen.
Hamas will Kriegsende und Netanjahu will Hamas-Zerstörung
Die Hamas bestand darauf, dass eine zweite Phase des Gaza-Deals sofort umgesetzt wird, die das Ende des Krieges und den Abzug der israelischen Truppen vorsieht. Diese sollte ursprünglich Anfang März beginnen. Die Eckpunkte dazu haben beide Konfliktparteien jedoch bisher nicht verhandelt.
Netanjahu erklärte, dass Israel weiterhin gegen die Hamas kämpfen werde, bis alle Kriegsziele erreicht seien. Dies beinhalte die Rückführung aller Geiseln, die Zerstörung der Hamas und die Sicherstellung, dass Gaza keine Bedrohung mehr für Israel darstellen könne.
Internationale Kritik an Angriffen
Die Luftangriffe wurden international verurteilt, unter anderem von Frankreich, der Türkei und den Vereinten Nationen. China äußerte Besorgnis. Außenministerin Annalena Baerbock forderte zur Verhältnismäßigkeit auf. «Fliehende Kinder, blutüberströmte Binnenvertriebene dürfen niemals Druckmittel für Verhandlungen sein», betonte die Grünen-Politikerin.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte Israel auf, die Waffenruhe-Vereinbarung einzuhalten. «Ich rufe dringend dazu auf, die Waffenruhe zu achten, die ungehinderte humanitäre Hilfe wiederherzustellen und die verbleibenden Geiseln bedingungslos freizulassen», schrieb er auf der Plattform X. «Ich bin empört über die israelischen Luftangriffe in Gaza.»
US-Militär setzt Angriffe auf Huthi im Jemen fort
Währenddessen griffen die USA in der Nacht erneut Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen an. Das zuständige US-Regionalkommando Centcom teilte mit, dass die Operationen gegen die Terrormiliz fortgesetzt würden. Zwei Videos wurden veröffentlicht, die Kampfflugzeuge, die von einem Flugzeugträger starten, sowie einen Raketenangriff zeigen. Centcom nannte keine weiteren Einzelheiten zu den Angriffen. Die Miliz ist wie die Hamas in Gaza ein Verbündeter des Irans.
Arabische Medien haben unter Berufung auf Augenzeugen berichtet, dass Stellungen in der Provinz Sadah im Norden des Landes angegriffen wurden. Diese Provinz gilt als Hochburg der Huthi. Diese wiederum behaupteten in der Nacht, zum vierten Mal innerhalb von 72 Stunden den Flugzeugträger USS Harry S. Truman angegriffen zu haben. Dies konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Die Huthi haben zum ersten Mal seit Beginn der Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel wieder eine Rakete auf Israel abgefeuert. Die israelische Armee gab bekannt, dass die Rakete abgefangen wurde, bevor sie israelisches Gebiet erreichte.
Das US-Militär greift auf Anweisung von Präsident Donald Trump seit Samstag massiv die Stellungen der Huthi-Miliz an. Trump hatte auf seiner Plattform Truth Social dem Iran gedroht, dass jeder Schuss, der von den Huthi abgefeuert wird, nun als Angriff des Iran selbst betrachtet wird. Die Konsequenzen für die Islamische Republik würden schrecklich sein. Zuvor hatte der Iran mit starken Gegenmaßnahmen gedroht.
Proteste in Tel Aviv gegen Neubeginn des Gaza-Krieges
In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv protestierten Zehntausende Menschen gegen eine Fortsetzung des Gaza-Krieges und für eine Freilassung der Hamas-Geiseln. Der Krieg bedeute ein «Todesurteil für die Geiseln», stand auf einem langen Banner, das Demonstranten vor sich hielten. Im Gazastreifen werden nach israelischen Informationen noch 24 Geiseln festgehalten sowie die Leichen von 35 Verschleppten.
Die Proteste in Tel Aviv richteten sich auch gegen die Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs, die Netanjahu am Sonntagabend angekündigt hatte. Als Grund nannte er einen «Mangel an Vertrauen» in den Schin-Bet-Chef Ronen Bar. Er wolle die Entscheidung diese Woche von der Regierung billigen lassen.
Der Gaza-Krieg begann mit dem Angriff der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen starben und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen gebracht wurden. Seitdem wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen etwa 49.000 Menschen getötet. Es ist nicht möglich, diese Angaben unabhängig zu überprüfen, da sie keine Unterscheidung zwischen Kämpfern und Zivilisten machen. Israel hat bisher von etwa 20.000 getöteten Terroristen gesprochen.