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Recht auf schnelles Internet soll mehr Bürgern etwas bringen

Überall in Deutschland muss das Festnetz-Internet einigermaßen gut sein, Betonung auf «einigermaßen». Staatliche Regeln enthalten dafür Mindestvorgaben, die Verbraucherschützer für zu lasch halten.

Die Daten fließen mancherorts nur langsam.
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa

Es ist wahrscheinlich, dass der Rechtsanspruch auf schnelles Internet verschärft wird, um mehr Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, sich darauf zu berufen. Heute wird im Bundestagsausschuss für Digitales abgestimmt. Die neuen Regeln könnten im Dezember in Kraft treten. Hier ist eine Übersicht über das Thema.

Wo liegt das Grundproblem?

Woche für Woche verkünden Internetanbieter Fortschritte beim Netzausbau, immer mehr Haushalte können Glasfaser-Verträge buchen, also «Fiber to the Home» (FTTH). Ein Download-Speed von 1000 Megabit pro Sekunde oder sogar noch mehr ist möglich, auch der Upload ist sehr gut. Separat hierzu bietet das etwas schwächere Fernsehkabel-Internet drei- bis vierstellige Bandbreiten. 

Der Haken dabei: Das Internet ist in der Regel dort gut, wo viele Menschen leben. Auch dünn besiedelte Gebiete können dank staatlicher Förderung gut dastehen, während andere Gegenden benachteiligt sind – während das Internet für den Großteil der Bevölkerung immer besser wird, werden einige Orte abgehängt. Laut Bundesnetzagentur erhalten derzeit 1,8 Millionen Adressen in Deutschland im Festnetz weniger als 10 Megabit pro Sekunde im Download – oder sie sind komplett offline.

Wie lautet die bisherige Lösung?

Seit Ende 2021 gilt ein sogenanntes Recht auf schnelles Internet, um das Stadt-Land-Gefälle bei der Netzversorgung nicht noch steiler werden zu lassen. Im Frühjahr 2022 legte die Bundesnetzagentur ein Minimum fest: Überall muss es mindestens 10 Megabit pro Sekunde im Download und 1,7 Megabit pro Sekunde im Upload geben. Die Latenz, also die Reaktionszeit, die beispielsweise für Online-Games wichtig ist, darf 150 Millisekunden oder weniger betragen.

Wer schlechter wegkommt, kann sich bei der Bundesnetzagentur melden und einen besseren Anschluss erzwingen. Es soll «eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe» im Digitalzeitalter ermöglicht werden, wie es in einer Verordnung heißt. Verschlüsselte Kommunikation über einen VPN-Tunnel oder Videokonferenzen im Homeoffice sollen in allen deutschen Haushalten möglich sein.

Woran hapert es?

Laut der Bundesnetzagentur haben seit 2022 insgesamt etwa 5500 Bürger Eingaben gemacht, um ihren Rechtsanspruch geltend zu machen. Was auf dem Papier vielversprechend aussieht, entpuppt sich in der Praxis als ernüchternd.

Oftmals wurden die Antragsteller jedoch übersehen. Nach technischen Messungen stellte sich heraus, dass ihr Anschluss nicht so schlecht war, wie sie dachten – sie fühlten sich unterversorgt, waren es aber nicht. Einige Antragsteller erhielten auch eine positive Nachricht: Bei ihnen war sowieso ein Ausbau geplant, davon wussten sie nur noch nichts.

Nur in circa 30 Fällen erfolgte die «Unterversorgungsfeststellung» – das ist die Voraussetzung dafür, dass die Behörde einen Internetanbieter zu einem besseren Anschluss beim Verbraucher verdonnern kann. Dies wiederum tat die Bundesnetzagentur bislang nach eigenen Angaben nur vier mal. 

Was wird nun verbessert?

Die Mindestanforderungen sollen erhöht werden, von 10 auf 15 Megabit pro Sekunde beim Download und von 1,7 auf 5 Megabit beim Upload. Der Digitalausschuss des Bundestags wird voraussichtlich am Mittwoch dem entsprechenden Vorschlag der Bundesnetzagentur zustimmen. Die verbesserte Upload-Geschwindigkeit dürfte maßgeblich dazu beitragen, Videokonferenzen reibungslos zu bewältigen. Durch die neuen Werte könnten zukünftig 2,2 Millionen Haushalte, und somit 0,4 Millionen mehr als bisher, als unterversorgt gelten. Die Latenz bleibt bei 150 Millisekunden.

Außerdem pochen die Ampelfraktionen im Digitalausschuss darauf, die Nutzung des Rechtsanspruchs für die Bürger zu vereinfachen. Zudem solle die Bundesnetzagentur zusätzlich zum Kontaktformular im Internet eine Broschüre erstellen, fordert die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. «Ein Informationsangebot über das Recht auf Internet sollte in jedem Rathaus und Bürgeramt ausliegen, ganz analog und nah an den Bürgern – schließlich können die ohne Versorgung schlecht Internetformulare ausfüllen.»

Was sagen Verbraucherschützer dazu?

Verbraucherschützer halten die bisherigen Regeln für zu lasch. «Eine Erhöhung der Mindestbandbreite ist längst überfällig», sagt Ramona Pop, die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, und fordert ein einfacheres und transparenteres Antragsprocedere. Sie weist darauf hin, dass es Fälle gebe, in denen die Bundesnetzagentur eine Unterversorgung festgestellt habe «und es passiert trotzdem nichts». 

Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW ist der Meinung, dass die derzeit geltenden Regeln nicht besonders hilfreich sind. «Der Gesetzgeber muss an einigen Stellen nachbessern, damit alle Verbraucherinnen und Verbraucher eine ausreichende Verbindung zur digitalen Welt und damit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erhalten können.» Die Erhöhung der Werte sei zwar positiv, aber nicht ausreichend.

dpa