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War es die Anfield-Atmosphäre? Bayers bittere Lehrstunde

Bayer Leverkusen bekommt bei Xabi Alonsos Rückkehr an die Anfield Road seine Grenzen aufgezeigt. Für das 0:4 beim FC Liverpool gibt es verschiedene Erklärungsansätze.

Xabi Alonso kennt die besondere Atmosphäre in Anfield bestens
Foto: Jon Super/AP/dpa

Selbst Xabi Alonso hatte Schwierigkeiten, die richtigen Worte für das Geschehen in der zweiten Halbzeit an der Anfield Road zu finden. Irgendwann zwischen der 50. und 60. Minute schien die Mehrheit des Stadions plötzlich einer Eingebung zu folgen. Bei jeder noch so kleinen Torchance des FC Liverpool waren die Fans nun lauter, als wollten sie den Ball allein mit ihren Stimmen ins Tor drücken. Kurz darauf standen sie fast alle auf.

Ob die Spieler von Bayer Leverkusen sich von dieser imposanten Kulisse einschüchtern ließen oder nicht, das werden sie nur selbst beantworten können. Tatsache ist, dass inmitten dieser Phase und beflügelt von der legendären Anfield-Atmosphäre Luis Díaz (61. Minute) und Cody Gakpo (63.) mit einem Doppelschlag die Gäste aus dem Spiel nahmen. Innerhalb von zwei Minuten war Leverkusen besiegt.

Alonso lächelte müde, als er im Anschluss darauf angesprochen wurde. Wenn nicht der ehemalige Liverpool-Profi, wer sonst hätte erklären können, was die Anfield-Stimmung mit einem macht? «Es ist in Worten schwer zu beschreiben, was du auf dem Spielfeld fühlst», sagte Leverkusens Trainer und sprach von einem «Extra-Boost» für die Spieler der Gastgeber. 

Kaum Worte für die Anfield-Atmosphäre

Von 2004 bis 2009 hatte der Baske selbst für die Reds gespielt und sich etliche Male von diesem «Boost» antreiben lassen. In passende Worte schnüren konnte aber auch er das Gefühl nicht, das den Deutschen Meister in der zweiten Halbzeit möglicherweise einschüchterte und die Gastgeber beflügelte. Wobei der Stimmungsumschwung auf den Tribünen nicht der einzige Erklärungsansatz für das 0:4 war. In der Schlussphase hatte Díaz (83. und 90.+2) das Ergebnis weiter in die Höhe geschraubt.

«In der ersten Halbzeit haben wir genau so gespielt, wie wir uns das vorgestellt haben», sagte Mittelfeldchef Granit Xhaka. «In der zweiten Halbzeit kriegen wir dann die Gegentore zu einfach, kommen nicht schnell genug zurück auf unsere Positionen, gewinnen keine 50/50-Bälle mehr in unserem Strafraum.» Tatsächlich geben die Worte des Schweizer Nationalspielers den Spielverlauf ziemlich gut wieder.

Alonso hatte die Reds und ihren Trainer Arne Slot zunächst mit seiner Aufstellung überrascht. Mit gleich drei zentralen Mittelfeldspielern und disziplinierter Defensivarbeit bremste Leverkusen die Offensive der Engländer aus, zudem spielte Angreifer Victor Boniface überraschend auf dem linken Flügel. «Noch nie» habe er Boniface und Bayer so spielen sehen, sagte Slot später. In der Pause konnte er sein Team aber darauf einstellen.

Und genau hier lag eines der Probleme von Leverkusen. Schon im ersten Durchgang hatten die Gäste durch die ungewohnte Formation den Fokus auf die Verteidigung des Gegners gelegt, dabei aber selbst kaum offensiv agiert. Nach der Pause wollte Leverkusen in dieser Weise weitermachen, doch Liverpool war nun informiert. Bayers Ende kam in drei Stufen: Die Gastgeber erhöhten den Druck, das Publikum wurde lauter, Leverkusen leistete sich erneut in dieser Saison Abwehrfehler.

Alonso war sich danach bereits bewusst, dass eine unruhige Nacht bevorstand. «Heute wird es schwieriger sein zu schlafen», sagte der Baske, der letztlich eine einfache und treffende Analyse präsentierte: «Gegen Top-Mannschaften sind 60 Minuten nicht genug.»

dpa