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Mäuse taktisch schlau: Verstecken und Täuschen

Mäuse nutzen im Kampf um Futter taktische Täuschungsmanöver, um Verfolgern zu entkommen und Konflikte zu vermeiden.

Die Brandmaus muss sich etwas überlegen, um starken Gegnern zu entkommen. (Archivbild)
Foto: Wolfram Steinberg/dpa

Es ist ein beliebter Dreh in Action-Filmen: Der verfolgte Held versteckt sich direkt am Eingang und entwischt dem hereinstürmenden Angreifer dann hinter dessen Rücken. Man mag es ihnen kaum zutrauen, aber: Auch Mäuse nutzen diesen Trick, wie ein Forschungsteam im Fachjournal «Open Science» der britischen Royal Society berichtet.

Es wurde nun erstmals nachgewiesen, dass Mäuse mit speziellen Versuchen absichtlich taktisch täuschen können. In den Videos der Tests ist zu sehen, wie eine Maus von einer anderen in eine Kammer gejagt wird. Die clevere Maus versteckt sich geschickt am Eingang, wird vom Verfolger übersehen und entkommt dann hinter dessen Rücken.

Ausweglose Situation

Das Team um Rafal Stryjek von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau hat Testkammern in der Nähe eines Waldes aufgestellt, die nur ein Kunststoffrohr als Ein- und Ausgang hatten. Diese wurden regelmäßig mit Schokoladen-Nusscreme gefüllt. In diesem Gebiet leben Brandmäuse (Apodemus agrarius) und Gelbhalsmäuse (Apodemus flavicollis), die ihr Territorium aktiv verteidigen, was zu häufigen Auseinandersetzungen führt, wie in der Studie erwähnt.

An den Futterkammern war es genauso, wie die Forscher berichten. Wenn eine Brandmaus von einem Konkurrenten derselben oder einer anderen Art angegriffen wurde, nutzte sie manchmal den Trick, sich nach dem Betreten der Kammer direkt am Eingang zu positionieren, um ihren Verfolger vorbeizulassen und hinter seinem Rücken zu entkommen.

Gelegentlich befand sich die erste Maus bereits in der Kammer und führte ein ähnliches Manöver durch: ankommende Maus hören, sich am Eingang verstecken, Neuankömmling vorbeiziehen lassen und auf eine günstige Gelegenheit warten, um aus der Kammer zu huschen.

Wiederholte Täuschungen

Bei insgesamt 143 erfassten Begegnungen wurden insgesamt 21 solche Täuschungen durch Brandmäuse festgestellt, hieß es. Die Verfolgten hätten so einen Kampf in der ansonsten ausweglosen Kammer vermieden – in den meisten Täuschungsfällen sei der Verfolger eine größere, stärkere Gelbhalsmaus gewesen. Bei Gelbhalsmäusen sind Täuschungsmanöver laut den Studiendaten offenbar selten.

Wie die Täuschung im Detail ablief, war bei den Brandmäusen situationsabhängig und von Tier zu Tier sehr verschieden. Das Team um Stryjek schließt aus diesen und weiteren Hinweisen, dass es sich wahrscheinlich nicht um ein komplett ererbtes oder aber ein erlerntes Verhalten handelt, sondern zumindest teilweise um eine spontane, kreative Reaktion auf eine neue Herausforderung.

«Da die Brandmäuse die Gelbhalsmäuse nicht mit Kraft besiegen können, setzen sie offenbar stattdessen auf Taktik und Täuschung, um ihre Gegner zu übertrumpfen und eine physische Konfrontation zu vermeiden», heißt es in der Studie. Aus dieser Hypothese eine gänzlich bewiesene Tatsache zu machen, sei allerdings schwierig – Absichten seien letztlich oft nur zu vermuten und schwer gesichert nachzuweisen.

Auch Ratten und Hörnchen tricksen gezielt

Die Forschenden erklären, dass es ein komplexes Verhalten ist, ein anderes Tier absichtlich zu täuschen, das auf hoch entwickelten kognitiven Fähigkeiten beruht. Bisher sind solche Tricks hauptsächlich bei Primaten und Rabenvögeln bekannt. Allerdings gibt es auch Hinweise aus Studien bei Hörnchen und Ratten: Grauhörnchen legen leere Nussdepots an, um potenzielle Futterdiebe gezielt zu täuschen. Und Ratten können Verstecken spielen und dabei sogar die Rollen mit Menschen tauschen.

dpa