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Verdi fordert Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche

Wenn der Paketbote klingelt und eine Sendung vorbeibringt, hat er es in der Regel eilig. Arbeitnehmerrechte blieben in der Branche häufig auf der Strecke, moniert nun eine Gewerkschaft.

Die Paketfirmen arbeiten in Deutschland unterschiedlich stark mit externen Dienstleistern zusammen.
Foto: Sven Hoppe/dpa

Um die Arbeitsbedingungen von Paketboten zu verbessern, fordert die Gewerkschaft Verdi ein Verbot von Subunternehmen in der Zustellung. In der Kurier-, Express- und Paketbranche hätten «Ausbeutung und prekäre Beschäftigung mittlerweile ein unerträgliches Maß angenommen», sagte Verdi-Vizechefin Andrea Kocsis am Dienstag in Berlin. Wie schon in der Fleischindustrie geschehen, sollte die Bundesregierung einschreiten und ein Gesetz erarbeiten.

Die Paketfirmen arbeiten in Deutschland unterschiedlich stark mit externen Dienstleistern zusammen. Die Post setzt in der Brief- und Paketsparte weitgehend auf die Stammbelegschaft und bei den Express-Diensten auf Externe. Beim Handelsriesen Amazon sind in der Zustellung nur Subunternehmer tätig, ebenso bei der Firma GLS. Die Paketunternehmen sind gegen ein Verbot. Der Branchenverband BIEK betont, dass faire Arbeitsbedingungen und die Sicherung hoher Sozialstandards zentrale Faktoren für die Paketunternehmen seien.

Verdi: Bis zu 16 Stunden am Tag gearbeitet

Verdi hat daran Zweifel. So berichtet der Gewerkschafter Stefan Thyroke von neun Polen, die in Deutschland für einen Dienstleister tätig waren, der im Auftrag des Paketdienstes GLS unterwegs gewesen sei. Diese Polen – des Deutschen nicht mächtig – hätten plötzlich kein Geld mehr bekommen und dann hilflos da gestanden. Schließlich seien sie zu Verdi gekommen und es habe sich herausgestellt, dass der Arbeitgeber keine Beiträge für Kranken- und Arbeitslosenbeiträge bezahlt hatte. Die Polen hätten bis zu 16 Stunden am Tag gearbeitet – «das waren praktisch Doppelschichten», sagt Thyroke.

Auf Nachfrage habe der Arbeitgeber zunächst abgewiegelt. Für die Gruppe der Polen sei die Lage schlimm gewesen. «Weil sie keine Wohnung mehr hatten, schliefen sie vier Nächte am Rande der Stadt in ihrem Transporter.» Erst nach längerer Zeit sei Geld bezahlt und eine Unterbringung organisiert worden.

Die Paketfirmen betonen, dass sie sich an gesetzliche Regelungen halten. Die Einhaltung und Umsetzung von Anforderungen würden «regelmäßig und engmaschig überprüft», sagte ein Sprecher von GLS. «Auf Fehlverhalten wird mit aller Konsequenz reagiert.» Auch in dem von Verdi genannten Beispiel aus dem Jahr 2021 habe man entsprechend gehandelt, sich also von dem Subunternehmen getrennt.

Ins Ausland abgesetzt

Als weiteres Beispiel berichtet Gewerkschafter Thyroke von einem polnischen Ehepaar, das für einen Subunternehmer von DHL Express tätig gewesen sei und ebenfalls kein Geld mehr bekommen habe. Die beiden seien nicht krankenversichert gewesen, wodurch eine Operation nicht habe durchgeführt werden können. Der Subunternehmer habe sich schließlich ins Ausland abgesetzt und bloß einen Zettel an die Tür gehängt: «Hier wird nicht mehr gearbeitet». Da die Mitarbeiter gar keine Kündigung bekommen hätten, habe sich das Arbeitsamt bei der Zahlung von Arbeitslosengeld zunächst quergestellt.

Über den Generalunternehmer – in diesem Fall DHL Express – sei später zumindest noch der Mindestlohn gezahlt worden und die Beschäftigten hätten schließlich doch noch Arbeitslosengeld bekommen, so Thyroke.

Ein Sprecher von Deutsche Post DHL verweist darauf, dass die «Servicepartner» selbstständige Unternehmen seien, «die in eigener Verantwortung ihren Betrieb leiten und selbst für eine rechtmäßige Abwicklung der Geschäftstätigkeit […] verantwortlich sind». Auch DHL betont, dass man die Einhaltung von Vorschriften regelmäßig überprüfe. Werden Verstöße bekannt, handele man «umgehend».

Seit 2019 gilt die sogenannte Nachunternehmerhaftung. Wenn also Subunternehmer mit unlauteren Mitteln arbeiten, muss der Auftraggeber dafür gerade stehen. In den beiden Beispielen kam diese Regelung den Betroffenen zugute. Nach Ansicht von Verdi ist die Dunkelziffer von Menschen allerdings hoch, bei denen die Nachunternehmerhaftung keine Anwendung findet, etwa weil Betroffene nicht so hartnäckig auf ihre Rechte pochen. Mit einem für die Paketbranche gültigen Subunternehmer-Verbot sollte nun der nächste Schritt gegangen werden, um die Situation zu verbessern, sagt Gewerkschafterin Kocsis.

Widerspruch von Amazon

Die Verdi-Forderung nach eine gesetzlichen Regelung ist nicht neu, das Problem hat sich nach Darstellung der Gewerkschaft aber verschärft. Mitunter nähmen die Subunternehmer den Arbeitnehmern ihre Pässe ab und machten diese völlig von sich abhängig.

Nach Darstellung von Verdi ist auch der Versandhändler Amazon bei dem Thema «immer wieder auffällig». Amazon stellt seit einigen Jahren einen Teil seiner Pakete selbst zu und setzt hierbei komplett auf externe Dienstleister. Ein Amazon-Sprecher widerspricht Verdi. Die von der Gewerkschaft erwähnten Zustände «entsprechen keinesfalls der Realität für die Tausenden Menschen, die bei Lieferpartnern in ganz Deutschland beschäftigt sind», sagte er. «Wir stellen hohe Anforderungen an die Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten, und die überwiegende Mehrheit sind großartige, zuverlässige Partner.»

dpa