Die schweren Sexualvorwürfe gegen Harvey Weinstein lösten die weltweite MeToo-Bewegung aus. Ein historisches Urteil wurde im vergangenen Jahr aber kassiert. Nun wird der Prozess neu aufgerollt.
Neuauflage von historischem Prozess: Weinstein vor Gericht
Harvey Weinstein ist in einem Gericht in New York zur Neuauflage seines historischen Prozesses um Sexualverbrechen angekommen. Der einst mächtige Filmproduzent erschien in einem blauen Anzug und mit blauer Krawatte vor dem Gericht in Manhattan, wie auf Fotos zu sehen ist. Außerdem trug er eine Anstecknadel, die die US-Flagge zeigte.
Eine Reihe von Anschuldigungen gegen Harvey Weinstein wegen schwerer sexueller Übergriffe hatte 2017 die weltweite MeToo-Bewegung entscheidend vorangetrieben. Der historische Schuldspruch wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung aus dem Jahr 2020 wurde aufgrund von Verfahrensfehlern im vergangenen Jahr aufgehoben.
«Die einzigen Beweise gegen den Angeklagten waren die Aussagen der Klägerinnen», hieß es in der Begründung des Berufungsgerichts. Die zusätzlichen Zeuginnen hätten unrechtmäßig das Bild Weinsteins vor den Geschworenen geprägt.
Drei Hauptzeuginnen
In den ersten Tagen des Verfahrens wird nun die Jury ausgewählt. Danach wird in Manhattan erneut über die Anschuldigungen zweier Frauen verhandelt: Der einst mächtige Filmproduzent («Pulp Fiction», «Gangs of New York») soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oralsex gezwungen und 2013 die Schauspielerin Jessica Mann vergewaltigt haben. Doch die Anklage hat einen dritten Fall hinzugefügt: Eine weitere Frau beschuldigt Weinstein, sie zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben.
Die Eröffnungsplädoyers werden voraussichtlich am 22. April stattfinden. Das Verfahren könnte sich über einen Zeitraum von fünf Wochen erstrecken. Weinstein hat immer bestritten, schuldig zu sein. Seine Anwälte betonen, dass die sexuellen Kontakte einvernehmlich waren.
Initialzündung für MeToo
Die Vorwürfe gegen Harvey Weinstein gelten als Auslöser der weltweiten MeToo-Bewegung. Seit 2017 traten über 80 Frauen an die Öffentlichkeit und beschuldigten den ehemaligen Hollywood-Mogul, seine Machtstellung für sexuelle Übergriffe ausgenutzt zu haben.
Die Verurteilung 2020 zu 23 Jahren Haft wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung wurde weithin als gesellschaftlicher Durchbruch gefeiert – nicht zuletzt, weil die Aussagen der betroffenen Frauen trotz fehlender handfester Beweise ausreichten, um die Geschworenen zu überzeugen. Selbst die Vereinten Nationen sprachen von einem «Wendepunkt» im weltweiten Kampf gegen Gewalt an Frauen.
Das Urteil wurde später aufgehoben, was bei MeToo-Unterstützerinnen und -Unterstützern für Fassungslosigkeit sorgte. Dennoch wird der kulturelle Wandel, der durch den Fall ausgelöst wurde, mit Fortschritten bei der Stärkung von Frauenrechten aus Sicht von Fachleuten als ungebrochen betrachtet.
Freisprüche bleiben bestehen
Im neuen Verfahren dürfen einige frühere Zeugenaussagen nicht wiederholt werden, darunter die von Frauen, die nicht offiziell Teil der Anklage waren. Begriffe wie «Überlebende» oder «Gewalt» sind untersagt – Richter Curtis Farber will das Verfahren sachlicher gestalten.
Nicht neu verhandelt werden die Freisprüche aus dem ersten Prozess, darunter die schwerwiegendsten Vorwürfe wie der «raubtierhafte Angriff». Trotz des gekippten Urteils und selbst bei einem Freispruch in New York bleibt Weinstein in Haft: 2023 wurde er in Los Angeles in einem separaten Verfahren zu weiteren 16 Jahren verurteilt.
Weinsteins Gesundheitszustand wird als schlecht angesehen. Er hat Bluthochdruck, Herzprobleme, Diabetes – und Berichten zufolge wurde kürzlich auch eine Leukämie-Erkrankung bestätigt. Mehrmals wurde er aus dem Gefängnis in Krankenhäuser verlegt. Der 73-Jährige betrachtet den Prozess als Möglichkeit, seinen Namen reinzuwaschen.