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Zucker- eine Droge wie Kokain?

Wir verbieten es unseren eigenen Kindern und versagen schließlich selbst. Die meisten Menschen wissen, dass Zucker nicht gesund ist.

Foto: Depositphotos/Unsplash

Wir verbieten es unseren eigenen Kindern und versagen schließlich selbst. Die meisten Menschen wissen, dass Zucker nicht gesund ist. Doch warum ist der Verzicht so schwierig? Ist Zucker eine unerkannte Droge? In der Forschung ein kontroverses Thema.

Tatsächlich hat die Menschheit ein Problem: Sie wird immer dicker und dicker. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich der Anteil der stark übergewichtigen Weltbevölkerung seit 1975 fast verdreifacht. Und das nicht nur in Industrieländern, auch in Entwicklungsländern steigt die Rate an adipösen Menschen.

Zwar gibt es immer noch Hunger auf der Welt, doch inzwischen sterben weltweit mehr Menschen an den Folgen von Übergewicht als an Unterernährung. Erschreckender Weise liegt dieses Phänomen hauptsächlich am Zuckerkonsum der Menschen. Im schlimmsten Fall führt eine sogenannte Überdosis zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie Diabetes oder Krebs.

Durch Ernährungswissenschaftler wissen wir, dass der Konsum von Süßigkeiten einzuschränken ist. Doch gerade wenn Zucker auf der Verbotsliste steht, wächst das Verlangen nach Süßem um so mehr. Sobald wir unserem Körper ernsthaft etwas verbieten, lassen sich sucht-ähnliche Verhaltensweisen beobachten. Mit einer regelrechten Gier greifen wir zur Tafel Schokolade oder der Tüte Gummibärchen. Wissenschaftler versuchen, die Mechanismen dahinter zu begründen.

Die Symptome lassen sich durchaus mit anderen Sucht­erkrankungen vergleichen: starkes Verlangen, mangelnde Selbstkontrolle und der Bedarf immer größerer Mengen. Der „Substanzgebrauch“ kann jedoch nicht wie bei Alkohol oder Zigaretten einfach eingestellt werden, denn Zucker versteckt sich in unzähligen Lebensmitteln. Nicht nur in offensichtlichen Produkten, sondern auch in verarbeiteten Fertigprodukten, wie zum Beispiel Ketchup, Senf, Soßen oder sogar im Kaffeepulver ist der Übeltäter zu finden. In den Zutatenlisten taucht Zucker unter zahlreichen Bezeichnungen, wie Saccharose, Lactose, Fruktose(-sirup), Fruchtzucker, Glucose(-sirup), Traubenzucker, Invertzucker(-sirup), Dextrose oder (Malto)-Dextrine auf. Für Verbraucher ist es also gar nicht so leicht, ihn vollständig zu vermeiden.

Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt, denn ,,Zucker kann ähnlich wie eine Sucht wirken, er macht Appetit auf mehr“. Er gelangt ohne Umwege direkt in die Blutbahn, treibt den Blutzuckerspiegel hoch und lässt ihn ebenso schnell wieder abfallen, weswegen sich der Hunger kurz darauf erneut meldet.

Doch was genau passiert in unserem Gehirn, wenn wir Süßes essen? Nehmen wir zuckerhaltige Nahrung auf, laufen unterschiedliche Prozesse ab. Den Geschmack ,,süß“ empfindet unser Körper als positiv. Daraufhin wird im Gehirn das ,,Belohnungssystem“ aktiviert. Ähnlich wie beim Konsum von Alkohol, Drogen oder auch beim Sex, wodurch die Motivation steigt, dieses Gefühl wiederholt erleben zu wollen. Kein Wunder also, dass wir bei bestimmten Anlässen oder Situationen ein besonders starkes Verlangen nach etwas Süßem entwickeln; zum Kaffee am Nachmittag, am Abend auf der Couch, in Stresssituationen oder Ärger. Wir wollen unseren Körper belohnen.

Wirkt Zucker im Gehirn wie eine Droge? Messungen bei Ratten haben zwar gezeigt, dass nach der Aufnahme von Saccharose oder Glucose im Gehirn der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird, jedoch wesentlich geringer als nach der Verabreichung von Drogen. Gleiches gilt auch für bestimmte Musik, einem Gewinn oder einem freundlichen Gesicht. Konsumiert man daraufhin wieder zuckerhaltige Lebensmittel, nimmt die Dopamin-Ausschüttung ab, bei Drogen hingegen nicht.

„Hier werden wichtige Unterscheidungskriterien von klassischen Suchterkrankungen wie Drogen oder Alkoholabhängigkeit mit den umstrittenen Begriffen Zuckersucht oder auch Esssucht angesprochen“, kommentiert Dr. Grosshans die Studienergebnisse weiter.

„Es stimmt, dass die Dopamin-Ausschüttung durch Drogen viel höher ist als durch das Essen von zuckerhaltiger Nahrung oder Getränke. Andererseits ist die Dopamin-Ausschüttung durch zuckerhaltige Nahrung wiederum viel höher als beispielsweise nach dem Verzehr von Gemüse. Im übrigen nimmt die Dopamin-Ausschüttung beim wiederholten Gebrauch von Drogen auch ab.

In Tierversuchen konnte nachgewiesen werden, dass zu viel Zucker für eine negative Veränderung der Schaltstellen zwischen den Nervenzellen im Gehirn und den Synapsen sorgt. Fakt ist, dass eine zu hohe Aufnahme von Zucker und gesüßten Lebensmitteln schaden kann. Der Zuckerkonsum müsste also generell viel stärker eingeschränkt werden. Konsequenzen wie eine Zuckersteuer zu erheben oder der Industrie Vorgaben zum Zuckergehalt ihrer Produkte festzuschreiben sind umstritten.

Wichtig ist es, von klein auf weniger Süßes zu konsumieren. „Den Zuckerkonsum auf ein sinnvolles Maß einzuschränken, ist sicher eine Aufgabe, die in erster Linie von jedem Menschen selbst verantwortet werden muss“, meint Dr. Grosshans. Ein staatliches Verbot von Zucker scheint unrealistisch. Viel wichtiger ist eine umfassende Aufklärung bei Kindern und Jugendlichen, dass zu viel Zucker ungesund und ein vernünftiger Umgang mit zuckerhaltiger Nahrung wichtig ist.

Quellen: drugcom.de/ UGB Gesundheitsberatung Bildquelle: Symbolfoto von depositphotos

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