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Berlin: BDK fordert klare verfassungsrechtliche Grundlage für Cyberabwehr auf Bundesebene

Der BDK unterstützt Dobrindt-Vorstoß: „Das BKA muss handlungsfähig werden – aber: ohne Grundgesetzänderung bleibt die Cyberabwehr des Bundes Stückwerk“. Cyberkriminalität ist eine der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen geworden.

Foto: unsplash

Berlin (ost)

Der BDK unterstützt Dobrindt-Vorstoß: „Das BKA muss handlungsfähig werden – aber: ohne Grundgesetzänderung bleibt die Cyberabwehr des Bundes Stückwerk“

Der Bundesvorsitzende des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Peglow, unterstützt den Vorschlag von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden bei der Abwehr schwerer Cyberangriffe zu erweitern. „Ich unterstütze den Vorschlag des Innenministers ausdrücklich. Die Abwehrfähigkeit Deutschlands gegen schwere Cyberangriffe muss gestärkt werden – und zwar so, dass Sicherheitsbehörden in der Lage sind, laufende oder unmittelbar bevorstehende Angriffe effektiv zu stoppen, auch wenn die dahinterliegende Infrastruktur im Ausland steht“, erklärte Peglow am Montag in Berlin.

Cyberkriminalität sei inzwischen zu einer der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen geworden. „Cyberkriminelle agieren international, wechseln in Sekundenschnelle ihre Serverstandorte und verursachen wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Eine rein landesbezogene Reaktionsstruktur wird dieser Dynamik längst nicht mehr gerecht und bringt die Polizeidienststellen der Länder in vielen Fällen an die Grenzen ihrer Fähigkeiten“, so Peglow weiter.

Nach Auffassung des BDK sollten entsprechende Cyberabwehrbefugnisse beim Bundeskrimi- nalamt (BKA) verankert werden. „Das BKA ist die im Grundgesetz vorgesehene Zentralstelle der deutschen Polizei und verfügt als einzige Sicherheitsbehörde über die rechtliche, organisatorische und technische Infrastruktur, um solche Maßnahmen rechtsstaatlich kontrolliert umzusetzen“, sagte Peglow. Anders als die Nachrichtendienste oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sei das BKA eine exekutive Behörde mit polizeilichen Eingriffsbefugnissen, internationaler Vernetzung z.B. über Europol und Interpol sowie unmittelbarer Erfahrung in komplexen, grenzüberschreitenden Cybercrime-Verfahren.

Zugleich betonte Peglow, dass jede Ausweitung von Befugnissen auf einer klaren rechtsstaatlichen Grundlage erfolgen müsse. „Die Gefahrenabwehr ist nach dem Grundgesetz grundsätzlich Aufgabe der Länder. Das Bundeskriminalamt darf aktuell nur dann im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig werden, wenn ein Bezug zu internationalem Terrorismus oder politisch motivierter Kriminalität besteht. Bei Cyberangriffen, bei denen eine politische Motivation nicht vorliegt, sind bislang ausschließlich die Länder zuständig – und das führt in der Praxis häufig zu Zuständigkeits- und Reaktionsproblemen, wenn Angriffe länderübergreifend oder aus dem Ausland erfolgen.“

Aus Sicht des BDK ist deshalb eine Grundgesetzänderung unverzichtbar. „Wenn die bisherige Kooperationskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG ausreichen würde, hätte es die Grundgesetzänderung von 2006 zur Terrorismusabwehr nicht gebraucht. Der Verfassungsgeber hat damals bewusst Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a GG eingefügt, um dem Bund eine präventive Zuständigkeit zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus zu geben – also genau für Fälle, in denen eine Bundesbehörde in die klassische Gefahrenabwehr der Länder eingreifen soll. Diese Systematik zeigt deutlich: Ohne eine entsprechende Kompetenznorm im Grundgesetz kann das BKA keine eigenen Abwehrbefugnisse im Cyberraum erhalten, selbst wenn der Handlungsdruck groß ist“, so Peglow.

Kooperations- und Unterstützungsmodelle zwischen Bund und Ländern seien zwar möglich, blieben jedoch unterhalb der Schwelle echter Eingriffsrechte. „Eine wirksame, operative Cyberabwehr des Bundes – insbesondere gegen grenzüberschreitende oder staatlich unterstützte Angriffe – erfordert eine klare verfassungsrechtliche Grundlage“, unterstrich Peglow.

Abschließend machte der BDK-Vorsitzende deutlich: „Jede neue Befugnis muss eng umrissen, verhältnismäßig und kontrollierbar bleiben. Wir brauchen eine handlungsfähige, rechtsstaatlich verankerte und föderal abgestimmte Cyberabwehr, die moderne technische Möglichkeiten nutzt, ohne rechtliche oder völkerrechtliche Grenzen zu überschreiten. Nur so kann der Staat seiner Schutzverantwortung im digitalen Raum gerecht werden.“

Quelle: Presseportal

Cybercrime-Statistiken in Berlin für 2022/2023

Die Cyberkriminalitätsraten in der Region Berlin in Deutschland zwischen 2022 und 2023 sind rückläufig. Im Jahr 2022 wurden 22.500 Fälle von Cyberkriminalität registriert, während es im Jahr 2023 nur noch 22.125 Fälle waren. Die Anzahl der gelösten Fälle sank ebenfalls von 4.215 im Jahr 2022 auf 4.040 im Jahr 2023. Die Anzahl der Verdächtigen verringerte sich von 2.290 im Jahr 2022 auf 2.259 im Jahr 2023. Im Vergleich dazu hatte die Region mit den meisten registrierten Fällen von Cyberkriminalität in Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 22.125 Fälle.

2022 2023
Anzahl erfasste Fälle 22.500 22.125
Anzahl der aufgeklärten Fälle 4.215 4.040
Anzahl der Verdächtigen 2.290 2.259
Anzahl der männlichen Verdächtigen 1.615 1.605
Anzahl der weiblichen Verdächtigen 675 654
Anzahl der nichtdeutschen Verdächtigen 906 861

Quelle: Bundeskriminalamt

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