Interdisziplinäre Veranstaltung sensibilisiert Fachkräfte für digitale Beziehungsgewalt und zeigt praxisnahe Schutzmaßnahmen auf.
Frankfurt am Main: Präventionsveranstaltung im Polizeipräsidium Frankfurt
Frankfurt (ost)
(rü) Am heutigen Freitag fand im Polizeipräsidium Frankfurt am Main die interdisziplinäre Präventionsveranstaltung „Kontrolliert und bedroht – Digitale Belästigung als Form der Beziehungsgewalt“ vor rund 120 interessierten Teilnehmenden statt. Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung mit digitalen Formen von Beziehungsgewalt sowie die Sensibilisierung von Fachkräften aus sozialen Beratungsstellen und der Polizei.
Die Veranstaltung wurde bewusst am bundesweiten Digitaltag durchgeführt, der von der Initiative DFA Digital für alle gGmbH initiiert wurde, um die digitale Teilhabe in Deutschland zu fördern. Eingeladen waren Fachkräfte aus der sozialen Arbeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Beratungsstellen und Frauenhäusern in Hessen sowie Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Sie erhielten die Möglichkeit, mit IT-Expertinnen aus Beratungsstellen und der Polizei ins Gespräch zu kommen und Fragen zu stellen.
Innenminister Roman Poseck sagte anlässlich des Digitaltags: „Die Polizeiliche Kriminalstatistik Hessen (PKS) hat im vergangenen Jahr 1.600 Fälle von Nachstellung (§ 238 StGB) verzeichnet – viele davon unter Einbeziehung digitaler Kommunikationswege. Die tatsächliche Fallzahl dürfte jedoch aufgrund einer hohen Dunkelziffer deutlich darüber liegen.
Digitale Belästigung ist ein unterschätztes Phänomen. Ob durch ständiges Kontrollieren über Messenger, das Ausspionieren von Handys, unerlaubtes Veröffentlichen intimer Inhalte oder Cyber-Stalking – digitale Gewalt ist real, verletzend und kann tiefgreifende psychische Spuren bei den Betroffenen hinterlassen.
Daher ist es entscheidend, das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die Veranstaltung des Polizeipräsidiums Frankfurt im Rahmen des bundesweiten Digitaltags trägt mit den umfassenden Informationen dazu bei. Ich danke allen Beteiligten, die daran mitgewirkt haben.“
Zum Auftakt gab Gloria Schmid von der Koordinierungsstelle Istanbul Konvention der Stadt Frankfurt am Main einen Einblick in die Bedeutung digitaler Gewalt im Rahmen der Istanbul Konvention.
Aus der täglichen Arbeit ist bekannt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hilfesystem häufig nicht ausreichend auf digitale Gewaltformen wie Stalking oder digitale Überwachung vorbereitet sind. Umso wichtiger ist es, Kenntnisse über effektive Schutzmaßnahmen und richtiges Verhalten bereits im Verdachtsfall zu vermitteln. Dabei zeigte sich, dass Täterinnen bzw. Täter zunehmend digitale Mittel wie Ortungsgeräte (z. B. AirPods, Tracker) oder sogenannte „smarte“ Geräte missbrauchen. Auch geteilte Nutzerkonten, aktivierte GPS-Dienste oder die unbewusste Preisgabe von Aufenthaltsorten in sozialen Netzwerken (z. B. durch aktuelle Fotos) werden gezielt genutzt, um Betroffene zu kontrollieren oder zu bedrohen.
Ziel der Veranstaltung war es, die Perspektive der Beraterin Stefanie Eymann vom Frauen-Softwarehaus e.V. Frankfurt mit der polizeilichen Sicht von KHK’inAntje Marschall zu verknüpfen und praxisnahe Schutzmaßnahmen vorzustellen. Die Teilnehmenden wurden für digitale Überwachungs- und Bedrohungsformen sensibilisiert. Dabei wurde deutlich: Für grundlegenden digitalen Schutz ist kein tiefergehendes IT-Wissen erforderlich – entscheidend ist die Vermittlung praxistauglicher Grundlagen.
Im Anschluss an die Fachvorträge konnten sich die Teilnehmenden an Thementischen weiter informieren – unter anderem bei Vertreterinnen der Beratungsstelle „Safe im Recht“ (Kinderschutzbund) sowie bei Fachkräften aus verschiedenen Abteilungen des Polizeipräsidiums Frankfurt (K13, K36, Prävention Cybercrime, Beziehungsgewalt). Auch Informationsmaterialien wurden bereitgestellt.
Das Gelingen der Veranstaltung war maßgeblich der guten Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium für Digitalisierung und Innovation (HMD) sowie dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales (HMSI) zu verdanken.
Auch Frau Ministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus (HMD) und Frau Ministerin Heike Hofmann (HMSI) betonten in ihren Videogrußworten die hohe Relevanz der Veranstaltung angesichts der zunehmenden digitalen Durchdringung des Alltags. Sie wiesen sowohl auf die Chancen als auch auf die Risiken der Digitalisierung hin.
Das Hessische Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales (HMSI) stellte zudem das neue Projekt „Schulungen zu digitaler Gewalt gegen Frauen“ vor – ein zukunftsweisendes Angebot, das künftig allen Fachkräften in hessischen Beratungsstellen und Frauenhäusern offensteht.
Der gemeinsame Dialog bot wertvolle Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen im Umgang mit digitaler Gewalt, informierte über aktuelle Beratungs- und Ermittlungsmöglichkeiten und markierte zugleich den Auftakt für landesweite Schulungen für Fachkräfte – ein wichtiger Schritt für mehr Schutz und Sicherheit in der digitalen Welt.
Quelle: Presseportal
Cybercrime-Statistiken in Hessen für 2022/2023
Die Cyberkriminalitätsraten in Hessen zwischen 2022 und 2023 sind gestiegen. Im Jahr 2022 wurden 9798 Fälle registriert, wobei 3961 Fälle gelöst wurden. Die Anzahl der Verdächtigen betrug 2653, darunter 1806 Männer, 847 Frauen und 851 nicht-deutsche Verdächtige. Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der registrierten Fälle auf 10106, wobei 4224 Fälle gelöst wurden. Die Anzahl der Verdächtigen erhöhte sich auf 2828, darunter 1918 Männer, 910 Frauen und 915 nicht-deutsche Verdächtige. Im Vergleich dazu verzeichnete die Region Berlin im Jahr 2023 die höchste Anzahl von Cyberkriminalitätsfällen in Deutschland mit 22125 registrierten Fällen.
2022 | 2023 | |
---|---|---|
Anzahl erfasste Fälle | 9.798 | 10.106 |
Anzahl der aufgeklärten Fälle | 3.961 | 4.224 |
Anzahl der Verdächtigen | 2.653 | 2.828 |
Anzahl der männlichen Verdächtigen | 1.806 | 1.918 |
Anzahl der weiblichen Verdächtigen | 847 | 910 |
Anzahl der nichtdeutschen Verdächtigen | 851 | 915 |
Quelle: Bundeskriminalamt