Am 30. Jahrestag des Dayton-Abkommens fand ein Fachtag zu den gesellschaftlichen Folgen der Jugoslawienkriege statt, um die Bedeutung für die heutige Polizeiarbeit zu beleuchten.
Srebrenica: Polizeipräsidium Südosthessen Fachtag zu Jugoslawienkriegen

Offenbach (ost)
Anlässlich des 30. Jahrestags der Unterzeichnung des Dayton-Abkommens fand am 21.11.2025 im Polizeipräsidium Südosthessen ein Fachtag zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Jugoslawienkriege – insbesondere dem Krieg in Bosnien und dem Völkermord von Srebrenica 1995 – sowie deren Relevanz für die aktuelle Polizeiarbeit statt.
Unter der Leitung von Dr. habil. Thorsten Gromes (PRIF) und Prof. Dr. Armina Omerika (Goethe Universität Frankfurt am Main) erhielten die teilnehmenden Polizeibeamtinnen und -beamten historische und zeitgenössische Einblicke in die Ursachen und die bis heute spürbaren politischen Folgen der Jugoslawienkriege.
Während des abschließenden Podiumsgesprächs, moderiert von der Kommunikationswissenschaftlerin Merima Dzaferovic, konnten die akademischen Impulse vertieft werden.
Advija Ibrahimovic, eine Zeitzeugin und Überlebende von Srbrenica, verdeutlichte, wie wichtig Erinnerungskultur für die kollektive und persönliche Aufarbeitung ist.
Marco Weller, Leiter der Abteilung Einsatz des Polizeipräsidiums Südosthessen, wies darauf hin, dass für die polizeiliche Arbeit zwei Wissensebenen von Bedeutung sind. Einerseits ist es wichtig, die vergangenen Ereignisse zu kennen, um die polizeilichen Zusammenhänge zu verstehen, einzuordnen und gezielt zu handeln. Andererseits ist es entscheidend zu akzeptieren, dass Menschen unterschiedliche Geschichten mit sich tragen, die auch ihre Entscheidungen beeinflussen.
Die Veranstaltung setzte ein deutliches Zeichen für historische Sensibilisierung, die Förderung der Demokratiebildung und eine vertrauensbildende Zusammenarbeit mit vielfältigen Gemeinschaften im eigenen Dienstbezirk.
Der Krieg im ehemaligen Jugoslawien bleibt eines der düstersten Kapitel der europäischen Nachkriegsgeschichte. Mehr als 8.000 muslimische Bosnier wurden im Juli 1995 in Srebrenica getötet. Viele Menschen in Deutschland tragen bis heute die Folgen dieser Gewalt in sich. Sei es durch Fluchterfahrungen, familiäre Verluste, Traumatisierungen oder Identitätsfragen.
Auch im Bereich des Polizeipräsidiums Südosthessen spielen diese Erfahrungen eine Rolle. Viele Menschen in Offenbach stammen aus Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Konflikterfahrungen und psychische Belastungen sind oft unsichtbar im Alltag, wirken jedoch in zwischenmenschlichen Begegnungen, Motivationen und Konflikten nach. Die Polizei begegnet diesen Menschen täglich und setzt daher verstärkt auf historisches Wissen, Empathie und Sensibilität. Der Fachtag soll Polizistinnen und Polizisten dabei unterstützen, die Lebensrealitäten von Bürgerinnen und Bürgern mit Bezug zum ehemaligen Jugoslawien besser zu verstehen. Ein solches Verständnis ist entscheidend für deeskalierendes, bürgernahes und kultursensibles polizeiliches Handeln. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte Südosteuropas ein wichtiger Bestandteil einer modernen Erinnerungskultur und trägt zur politischen Bildung innerhalb der Polizei bei.
Die Jugoslawienkriege zeigen beispielhaft, wie gesellschaftliche Spannungen eskalieren können, wenn der Zusammenhalt verloren geht. Angesichts aktueller europäischer Herausforderungen – wie dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – betont der Fachtag die Bedeutung demokratischer Werte, internationaler Zusammenarbeit und einer widerstandsfähigen Sicherheitsarchitektur. Damit unterstützt die Veranstaltung zentrale Ziele der „Resilienten Polizei“-Strategie des Landes Hessen.
Text: Regierungsrat Erdogan Karakaya / Fotos: Polizeihauptkommissar Jan Henninger (Polizeipräsidium Südosthessen)
Quelle: Presseportal








