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Budapest: Anklage gegen mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen Vereinigung

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen sechs mutmaßliche Mitglieder und einen mutmaßlichen Unterstützer erhoben. Sie sind verdächtig, gefährliche Körperverletzung und Mordversuche begangen zu haben.

Foto: Depositphotos

Karlsruhe (ost)

Am 28. Mai 2025 hat die Bundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen

Henry A.,

Tobias E., Johann G., Thomas J., Melissa K., Paul M. und Julian W.

erhoben.

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zu sein oder – im Fall von Thomas J. – diese unterstützt zu haben (§ 129 Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB). Darüber hinaus werden allen Beschuldigten auch gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 StGB) zur Last gelegt, wobei Melissa K. als Gehilfin (§ 27 StGB) agiert haben soll. Tobias E., Johann G. und Paul M. werden zudem des versuchten Mordes (§ 211 StGB) verdächtigt, ebenso wie Julian W., der auch der Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB) beschuldigt wird. Johann G. und Paul M. werden auch schwerer Diebstahl (§ 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zur Last gelegt. Thomas J. wird zudem der Sachbeschädigung beschuldigt.

In der Anklageschrift, die zugestellt wurde, wird im Wesentlichen folgender Sachverhalt beschrieben:

Die Beschuldigten waren – als Mitglieder oder Unterstützer – Teil einer Vereinigung, die spätestens Ende 2017/Anfang 2018 in und um Leipzig gegründet wurde und eine militante linksextremistische Ideologie vertrat. Diese Ideologie beinhaltete insbesondere die Ablehnung des bestehenden demokratischen Rechtsstaates, des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung sowie des staatlichen Gewaltmonopols. Die Gruppierung, die auch überregional vernetzt war, verübte über mehrere Jahre hinweg gewaltsame Angriffe gegen Personen, die sie als Mitglieder der „rechten Szene“ ansahen. Die Aktionen wurden in der Regel sorgfältig geplant und umfassten die Ausspähung der Lebensgewohnheiten der ausgewählten Opfer.

Johann G. spielte innerhalb der Vereinigung zusammen mit der rechtskräftig verurteilten Lina E. eine wichtige Rolle. Er war maßgeblich an der Planung und Durchführung von Angriffen beteiligt, sprach gezielt Mittäter für einzelne Aktionen an und knüpfte Kontakte in der linksextremistischen Szene, um weitere Personen zu mobilisieren. Gemeinsam mit Paul M. organisierte er Schulungen, bei denen den Anhängern der Vereinigung Kampftechniken beigebracht und Angriffsszenarien geprobt wurden. Paul M. kümmerte sich auch um die Organisation eines „Tatmitteldepots“, in dem die Gruppierung für geplante Angriffe Schlagwerkzeuge, Pfefferspray, Vermummungsutensilien und Mobiltelefone aufbewahrte. Den Schlüssel zu diesem Raum hatte Henry A. Melissa K. war für die Ausspähung potenzieller Opfer zuständig. Thomas J. fungierte mehrmals als Trainer.

Unter wechselnder Beteiligung der Beschuldigten und anderer Mittäter kam es zu folgenden konkreten Überfällen:

Am 30. Oktober 2018 drangen mehrere Anhänger der Vereinigung in Wurzen mit Tritten und einem Schlagstock auf einen Mann ein. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen. Melissa K. unterstützte die Tat, indem sie im Vorfeld die Umgebung und die Gewohnheiten des Opfers ausspähte.

Am 8. Januar 2019 griff Johann G. zusammen mit anderen einen Mann in Leipzig-Connewitz an. Der Mann wurde mit Faustschlägen zu Boden gebracht und dort mit Tritten und einem Schlagwerkzeug gegen Kopf und Rumpf schwer verletzt.

Am 19. Januar 2019 überfielen Tobias E. und Johann G. mit weiteren Anhängern der Vereinigung am Bahnhof Dessau-Roßlau vier Personen, die von einer Kundgebung in Magdeburg anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt zurückkehrten. Die Angreifer schlugen mit schweren Schlagwerkzeugen, darunter ein Hammer und eine Eisenstange, gezielt auf den Kopfbereich der Opfer ein und versetzten ihnen auch dann noch lebensgefährliche Schläge und Tritte gegen den Kopf, als sie am Boden lagen.

Am 19. Oktober 2019 verübten Johann G. und Thomas J. zusammen mit anderen einen Angriff auf den Inhaber und die Gäste einer Gaststätte in Eisenach. Die Gaststätte wurde als Ziel gewählt, da sie als Treffpunkt der „rechten Szene“ bekannt war. Ein Teil der Gruppe – darunter Johann G. und Thomas J. – drang in die Räumlichkeiten ein, zerstörte Inventar und griff die Geschädigten unter anderem mit Schlagstöcken, Reizstoffsprühgeräten und Faustschlägen an.

Am 21. Oktober 2019 überfielen Paul M. und ein Mittäter ein „Thor-Steinar“-Geschäft in Dortmund. Dabei versprühten sie großflächig zwei Substanzen, darunter Buttersäure. Es entstand erheblicher Sachschaden; die anwesende Verkäuferin erlitt eine Augenverletzung. Die Täter stahlen auch Kleidungsstücke, um sie bei zukünftigen Ausspähaktionen zu verwenden. Johann G. plante den Überfall und veröffentlichte anschließend Filmaufnahmen der Tat im Internet.

Am 14. Dezember 2019 griffen Tobias E., Johann G., Paul M. und Julian W. gemeinsam mit anderen erneut den Inhaber der Gaststätte in Eisenach an. Die Angreifer verfolgten den Mann bis zu seiner Wohnung und schlugen dort mit Schlagstöcken auf ihn ein. Anschließend griff die Gruppe auch die drei Begleiter des Opfers an, die in ihr Auto geflüchtet waren. Sie schlugen mit Stangen und Schlagstöcken zunächst auf das Auto ein. Dann sprühten die Angreifer durch die zerbrochenen Fenster Reizstoff ins Innere des Fahrzeugs und schlugen mehrfach auf die Opfer ein, auch mit Schlagwerkzeugen. Nach der Tat flüchteten die Täter mit gestohlenen Kennzeichen an ihren Fahrzeugen. Um die Polizei abzuschütteln, warfen sie blickdichte Plastiktüten in Richtung des Streifenwagens, der sie verfolgte.

Am 15. Februar 2020 überfiel Henry A. zusammen mit anderen am Bahnhof in Wurzen sechs Personen, die von einer Gedenkveranstaltung in Dresden zum 75. Jahrestag der Bombardierung der Stadt kamen. Die Opfer waren zuvor unter anderem von Johann G. auf ihrer Zugfahrt ausspioniert worden. In Wurzen wurden sie von den zahlenmäßig überlegenen Angreifern aus einem Hinterhalt heraus angegriffen. Vier der Angegriffenen wurden mit vielen Schlägen und Faustschlägen zu Boden gebracht. Als sie am Boden lagen, erhielten sie weitere Tritte und Schläge gegen den Kopf. Dadurch erlitten sie schwere Verletzungen.

Am 12. Januar 2023 griff Johann G. mit anderen in Erfurt zwei zuvor ausspionierte Personen an. Die Gruppe näherte sich den Opfern von hinten und brachte sie zu Fall. Dann wurden sie mit Faustschlägen, Schlagstöcken und einem Hammer mehrfach, teilweise lebensgefährlich, auch gegen den Kopf geschlagen.

Zwischen dem 9. Februar und dem 11. Februar 2023 waren Johann G. und Paul M. an mehreren Übergriffen in Budapest beteiligt. Die Vorfälle ereigneten sich anlässlich des sogenannten „Tags der Ehre“, zu dem Rechtsextremisten aus ganz Europa jedes Jahr in die ungarische Hauptstadt reisen. Am Morgen des 9. Februar 2023 griffen Paul M. und eine andere Person am Budapester Bahnhof einen Mann mit Pfefferspray an. Kurz darauf überfiel eine Gruppe um Johann G. und Paul M. drei Personen vor einem Café in der Budapester Innenstadt. Dabei schlugen und traten die Angreifer unter anderem mit Schlagstöcken auf die Opfer ein. Für eine weitere Tat am Vormittag des 10. Februar 2023 spähte Paul M. das Opfer aus. Dann wurde es an einem öffentlichen Platz von hinten angegriffen und am Kopf schwer verletzt. Am späten Abend des 10. Februar 2023 griffen Paul M. und andere zwei Personen auf offener Straße an. Die Täter sprühten den Opfern eine unbekannte Substanz ins Gesicht und schlugen wiederholt auf sie ein. Ein Opfer wurde mit einem Schlag gegen den Kopf zu Boden gebracht. Auch als er bewusstlos auf dem Gehsteig lag, erhielt er weiterhin Schläge mit einem Schlagwerkzeug gegen Kopf und Körper. Am frühen Morgen des 11. Februar 2023 griff Johann G. gemeinsam mit anderen zwei Personen mit Pfefferspray, Schlagstöcken und einem Hammer an. Ein Opfer erhielt mindestens 15 Schläge, hauptsächlich gegen den Kopf.

Tobias E., Johann G., Thomas J. und Paul M. wurden zwischen dem 21. Oktober 2024 und dem 20. Januar 2025 festgenommen (vgl. Pressemitteilungen Nrn. 54 und 55 vom 22. und 23. Oktober 2024, Nr. 66 und 67 vom 9. November 2024, Nr. 74 vom 23. Dezember 2024 und Nrn. 7 und 9 vom 21. und 22. Januar 2025). Sie befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Henry A., Melissa K. und Julian W. sind auf freiem Fuß.

Quelle: Presseportal

Statistiken zu Mord, Totschlag und Tötungsdelikten in Niedersachsen für 2022/2023

Die Mordraten in Niedersachsen zwischen 2022 und 2023 sind leicht gesunken. Im Jahr 2022 wurden 278 Fälle registriert, während es im Jahr 2023 nur noch 236 Fälle waren. Die Anzahl der gelösten Fälle ging ebenfalls von 258 auf 225 zurück. Die Anzahl der Verdächtigen sank von 380 auf 315, wobei die meisten Verdächtigen männlich waren. Im Vergleich dazu hatte Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023 die höchste Anzahl von Mordfällen in Deutschland mit 470 Fällen.

2022 2023
Anzahl erfasste Fälle 278 236
Anzahl der aufgeklärten Fälle 258 225
Anzahl der Verdächtigen 380 315
Anzahl der männlichen Verdächtigen 329 269
Anzahl der weiblichen Verdächtigen 51 46
Anzahl der nichtdeutschen Verdächtigen 152 127

Quelle: Bundeskriminalamt

Cybercrime-Statistiken in Niedersachsen für 2022/2023

Die Cyberkriminalitätsraten in Niedersachsen zwischen 2022 und 2023 sind leicht angestiegen. Im Jahr 2022 wurden 12917 Fälle registriert, wobei 4662 Fälle gelöst wurden. Die Anzahl der Verdächtigen belief sich auf 3226, darunter 2212 Männer, 1014 Frauen und 788 Nicht-Deutsche. Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der registrierten Fälle auf 13218, wobei 5070 Fälle gelöst wurden. Die Anzahl der Verdächtigen erhöhte sich auf 3422, darunter 2310 Männer, 1112 Frauen und 950 Nicht-Deutsche. Im Vergleich dazu wurden in Berlin im Jahr 2023 die meisten Cyberkriminalitätsfälle in Deutschland mit 22125 Fällen registriert.

2022 2023
Anzahl erfasste Fälle 12.917 13.218
Anzahl der aufgeklärten Fälle 4.662 5.070
Anzahl der Verdächtigen 3.226 3.422
Anzahl der männlichen Verdächtigen 2.212 2.310
Anzahl der weiblichen Verdächtigen 1.014 1.112
Anzahl der nichtdeutschen Verdächtigen 788 950

Quelle: Bundeskriminalamt

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