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China «simuliert» Angriff auf Taiwan

Im Streit um Taiwan sind die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA auf einen neuen Tiefpunkt gefallen. Washington warnt vor ungewollten Zwischenfällen.

Flugzeuge der chinesischen Luftwaffe und des Marinefliegerkorps der Volksbefreiungsarmee (PLA).
Foto: Fu Gan/Xinhua/dpa

China hat seine großangelegten Manöver um das demokratische Taiwan fortgesetzt. Der taiwanische Außenminister Joseph Wu verurteilte «diese gefährliche militärische Eskalation der militärischen Bedrohung, die Frieden und Stabilität in der Region zerstört».

Bei den Manövern hat die chinesische Volksbefreiungsarmee nach Einschätzung des taiwanischen Militärs einen Angriff auf die Insel «simuliert». Wie das Verteidigungsministerium in Taipeh berichtete, operierten zahlreiche Militärflugzeuge und Kriegsschiffe in der Nähe Taiwans. Einige von ihnen hätten die inoffizielle, aber meist von beiden Seiten respektierte Mittellinie in der Meerenge der Taiwanstraße überquert, die das Festland und die Insel trennt.

Als Reaktion habe Taiwans Militär Flugzeuge geschickt, Warnungen über Funk geschickt und Raketenabwehrsysteme mobilisiert, um die chinesischen Militärmaschinen zu verfolgen.

Die USA kritisierten die chinesische Reaktion auf den Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi als «unverantwortlich». Dass China sogar den Dialog mit den USA über Klimaschutz ausgesetzt hatte, stieß international auf Kopfschütteln.

Blinken: China nutzt Pelosi-Besuch als Vorwand

US-Außenminister Antony Blinken hat China vorgeworfen, den Besuch von Pelosi zu benutzen, um die Spannungen um die demokratische Insel zu eskalieren. Peking habe bereits in den vergangenen Jahren «zunehmend destabilisierende und potenziell gefährliche Aktionen in Bezug auf Taiwan durchgeführt», sagte Blinken bei einem Besuch auf den Philippinen.

Die Änderung des Status quo in der Meerenge der Taiwanstraße gehe von Peking aus, nicht von den Vereinigten Staaten, erklärte Blinken mit Blick auf die chinesischen Raketentests und Militärübungen in der Nähe von Taiwan.

Blinken sprach von einem «totalen Missverhältnis» zwischen Pelosis friedlichem Besuch einerseits und Chinas eskalierenden Militärmanövern andererseits. Unter anderem habe Peking elf ballistische Raketen abgeschossen, darunter fünf, die nach Angaben Japans im Meer ganz in der Nähe der japanischen Küste gelandet seien. Blinken hatte bereits in den vergangenen Tagen bei einem Treffen der Außenminister des südostasiatischen Staatenbundes Asean im kambodschanischen Phnom Penh das Verhalten Chinas scharf kritisiert.

Warnung an Tokio

Chinesische Militärflugzeuge, Drohnen und Kriegsschiffe stellten Taiwans Streitkräfte weiter auf die Probe. Allein am Vortag hatte die chinesische Volksbefreiungsarmee eine «Rekordzahl» von 68 Militärmaschinen und 13 Marineschiffe in Gewässer nahe der demokratischen Inselrepublik geschickt, wie das Außenministerium in Taipeh berichtete. Viele von ihnen hätten auch die inoffizielle, aber bislang von beiden Seiten meist respektierte Mittellinie der Meerenge der Taiwanstraße überquert, die das Festland und Taiwan trennt.

Bei den Manövern hatte China auch elf ballistische Raketen in Richtung Taiwan gestartet, von denen nach Berichten eine sogar erstmals direkt über Taiwan und unweit der Hauptstadt Taipeh geflogen ist. Fünf landeten östlich von Taiwan in der nahe gelegenen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Japans, was auch als Warnung an Tokio gewertet wurde, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.

China hatte die bis Sonntag angekündigten Manöver als Reaktion auf den Besuch der Vorsitzenden des amerikanischen Repräsentantenhauses, Pelosi, in Taiwan gestartet. Es war die ranghöchste Visite aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. China ist verärgert, weil es Taiwan für sich beansprucht. Es sieht die Insel als Teil der Volksrepublik an und lehnt offiziellen Kontakte anderer Länder vehement ab. Die Insel versteht sich aber schon lange als unabhängig.

Dialog mit USA ausgesetzt

Die Militärübungen zielen auf eine See- und Luftblockade und dienen der Vorbereitung auf eine mögliche Invasion. Als weitere Reaktion setzte China den Dialog mit den USA im Klimaschutz und über verschiedene Militärkanäle aus. Kooperation wie im Kampf gegen Verbrechen, Drogen und zur Rückführung illegal eingereister Menschen wurden ganz gestrichen. Zusätzlich verhängte Peking nicht näher beschriebene Sanktionen gegen Pelosi und sogar gegen direkte Familienmitglieder. Chinas Führung wirft ihr vor, sich «ernsthaft in innere Angelegenheiten eingemischt» zu haben.

dpa