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Grüne: Sirenenalarm auch bei Blackout

Ein Duo aus den Reihen der Grünen hat sich Gedanken gemacht, wie Bund und Länder die Warnung der Menschen vor Naturkatastrophen und anderen akuten Gefahren verbessern könnten.

Eine Alarmsirene steht auf einem Hausdach.
Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Bei künftigen Katastrophen soll die Bevölkerung rechtzeitig, verlässlich und verständlich gewarnt werden – doch dafür muss nach Einschätzung von Politikern der Grünen noch viel passieren. Vor allem wenn in einem Katastrophengebiet der Strom ausfällt, ist es derzeit noch schwierig, eine größere Zahl von Menschen mit Warnbotschaften zu erreichen.

Umfangreiche Finanzmittel seien nötig, «um die lange vernachlässigte Warninfrastruktur auf einen zukunftsfähigen Stand zu bringen»,heißt es in einem Zehn-Punkte-Plan, den der Bundestagsabgeordnete Leon Eckert und die Vorsitzende der bayerischen Grünen-Landtagsfraktion, Katharina Schulze, erarbeitet haben. «Beim Sirenentest im Mai 2022 in Bayern hat man deutlich gemerkt, dass es Investitionen in die Sireneninfrastruktur braucht», sagt Schulze.

Einige der Kernforderungen des Plans decken sich mit bereits veröffentlichten Plänen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Dazu gehört die Einführung eines bundesweiten «Bevölkerungsschutztages». Unzufrieden sind die Grünen-Politiker dagegen mit dem Wirrwarr und der Kleinstaaterei, die in puncto Warnsignale herrscht: «Der 2019 von der Innenministerkonferenz gefasste Beschluss für einheitliche Sirenensignale im Ernstfall war ein Minimalkonsens und wurde bisher nicht vollumfänglich umgesetzt.»

Sie fordern: Mittelfristig solle die mancherorts übliche Nutzung der Sirenen für die Alarmierung der Feuerwehr wegfallen. Die Feuerwehrleute sollten dort stattdessen, so wie in anderen Regionen, mit Meldeempfängern (sogenannte Pieper) zum Einsatz gerufen werden. Denn dann wüssten die Bürger automatisch: Wenn die Sirene ertönt, muss jeder hinhören. Die Sirenensignale für Warnung, Entwarnung und Tests sowie das Datum von Tests sollten aus Sicht von Eckert und Schulze deutschlandweit vereinheitlicht werden.

Viele Warnmittel sind auf Strom angewiesen

Eine weitere Schwachstelle ist aus ihrer Sicht, dass viele Sirenen, aber auch andere Warnmittel, auf Strom angewiesen sind. Der kann jedoch durch eine Naturkatastrophe oder als Folge eines Hackerangriffs ausfallen. Warnmittel sollten deshalb so konzipiert werden, dass sie energieeffizient sind und auch bei geringer Verfügbarkeit von Strom oder bei einem vollständigen Ausfall funktionsfähig bleiben. «Wir müssen in Deutschland auch einen Blackout mitdenken und bei allen relevanten Warnmitteln die Akkupufferung verstärken», fordert Eckert.

Dass hier generell Risiken liegen, zeigt auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion. Darin führt die Regierung aus: «Aufgrund der sich verändernden klimatischen und geopolitischen Rahmenbedingungen und der damit verbundenen Verletzlichkeit der lebenswichtigen Infrastrukturen optimiert das THW seine Fähigkeiten und Kapazitäten auch im Bereich der Stromversorgung.» Das THW habe sein Leistungsspektrum im Bereich der Notstromversorgung angepasst und die Kapazitäten erhöht.

Das 2021 aufgelegte Programm des Bundes zur Stärkung des Sirenennetzes mit 88 Millionen Euro sieht als Mindestanforderung vor, dass eine Sirene einen Akku hat, der dafür sorgt, dass sie nach einem Stromausfall noch jeweils vier Warnungen und Entwarnungen absetzen kann. Moderne Sirenen halten teilweise länger durch und erlauben die Verbreitung von Sprachbotschaften. Mehrere Länder haben kritisiert, dass zwar der Zeitraum für den Abruf der Fördermittel aus dem Programm verlängert wird, aber keine neuen Mittel im Bundeshaushalt 2023 vorgesehen sind. «Viele Kommunen sind bislang leer ausgegangen, würden aber gerne Sirenen installieren», sagt Eckert. Er plädiert für eine hälftige Kostenteilung zwischen Bund und Ländern.

Bundesweiter Warntag am 8. Dezember

Für den Katastrophenschutz sind laut Grundgesetz die Länder zuständig. Der Bund trägt die Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung im Kriegs- oder Spannungsfall. Einige Fachleute halten diese Trennung für nicht mehr zeitgemäß.

Am 8. Dezember soll es einen bundesweiten Warntag geben, an dem die verschiedenen Warnkanäle getestet werden – erstmals auch das Cell-Broadcast-System, bei dem alle Handynutzer, die sich zu einer bestimmten Zeit im Bereich einer Funkzelle aufhalten, eine Mitteilung erhalten, die wie eine SMS aussieht. Anders als bei den Warn-Apps Nina und Katwarn werden damit nicht nur Smartphone-Nutzer erreicht.

Auch mit Blick auf die Probleme bei der Warnung der Bevölkerung während der Flutkatastrophe in Westdeutschland im Sommer 2021 sagt Eckert: «Läuft der Ausbau der Warninfrastruktur in diesem langsamen Tempo weiter, werden wir einen Warntag voller Mängel erleben und in einer echten Katastrophe wieder nicht alle Menschen warnen können.»

Warnungen in Gebärdensprache angeregt

André Hahn, in der Linksfraktion im Bundestag für Zivil- und Katastrophenschutz zuständig, meint, amtliche Unwetterwarnungen sollten regelmäßig auch in den überregionalen Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen TV-Sender verbreitet werden, nicht nur in den dritten Programmen. Denn sonst bleibe es «reiner Zufall, wie viele Menschen von einer Warnung erreicht werden». Gleichzeitig steige mit immer häufiger auftretenden Starkregenereignissen, Waldbränden und Stürmen der Bedarf, schnell und effektiv zu warnen.

Damit nicht nur technisch jeder erreicht werde, müsse auch über Warnungen in Gebärdensprache und in leicht verständlicher Sprache nachgedacht werden, heißt es in dem Plan der Grünen. Für Menschen, die kein Deutsch sprechen, müsse man mehrsprachige Warnbotschaften anbieten. Über das Cell-Broadcast-System werde auf Deutsch und Englisch gewarnt, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums vauf Anfrage mit. Die Warn-App Nina stelle alle Menü-Elemente sowie wichtige Inhalte von Warnmeldungen in sieben zusätzlichen Sprachen zur Verfügung, darunter Arabisch, Russisch und Türkisch.

dpa