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Juristisches Tauziehen endet: Todkranker Archie muss sterben

«Bis zum bitteren Ende» wollten die Eltern des kranken Archie kämpfen. Nun ist der Rechtsweg ausgeschöpft und die Familie muss sich mit einem tragischen Schicksal abfinden.

Die Eltern des unheilbar kranken Archie, Paul Battersbee und Hollie Dance.
Foto: Jonathan Brady/PA Wire/dpa

Nach einer weiteren juristischen Niederlage steht die Abschaltung der lebenserhaltenden Geräte im Fall des todkranken Archie unmittelbar bevor. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, den die Eltern eingeschaltet hatten, erklärte am Freitagabend, dass der Antrag, Archie in ein Hospiz zu verlegen, nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle.

Ein Sprecher der christlichen Organisation Christian Concern, die Archies Familie unterstützt, sagte dem Fernsehsender Sky News: «Alle rechtlichen Möglichkeiten wurden ausgeschöpft. Die Familie ist am Boden zerstört und verbringt viel Zeit mit Archie.»

Archie liegt seit April im Koma. Bei einem Unfall zu Hause in Southend-on-Sea hatte er sich schwere Hirnverletzungen zugezogen, womöglich bei einer Internet-Mutprobe. Die behandelnden Ärzte sehen keine Chance auf eine Genesung.

Das höchste britische Gericht hatte die Entscheidung der Ärzte gestützt, Archie sterben zu lassen. Dies sei im besten Interesse des Jungen. Auch ein letzter Appell der Eltern an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg blieb erfolglos.

Instabiler Zustand

Archies Eltern versuchten daraufhin, die Verlegung von Archie in ein Hospiz erwirken, damit ihr Sohn in einer ruhigeren, friedlicheren Umgebung seine letzten Stunden erleben kann. Das Krankenhaus lehnte dies jedoch wegen seines instabilen Zustands ab. Auch das Berufungsgericht in London bestätigte diese Entscheidung: Es sei im besten Interesse Archies, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen im Krankenhaus statt in einer anderen Umgebung eingestellt würden, sagte die Richterin.

Das Berufungsgericht in London lehnte am Freitagabend einen Antrag ab, mit dem die Familie die Verlegung in ein Hospiz nach einer ersten Niederlage vor Gericht doch noch erwirken wollte. Die Geräte, die den Jungen derzeit noch am Leben erhalten, sollen am Samstagvormittag ab 10.00 Uhr Ortszeit abgeschaltet werden.

In ihrem «Kampf bis zum bitteren Ende» wird die Familie des Zwölfjährigen von der konservativen Organisation Christian Concern unterstützt, die bei ausgewählten Fällen Rechtsbeistand leistet und sich etwa gegen die Anerkennung von Homo- und Transsexualität ausspricht.

Das juristische Tauziehen im Fall Archie war sogar bereits im Vatikan Thema. Auf der offiziellen Vatikan-Plattform «Vatican News» erschien ein Meinungsbeitrag, in dem gegen die Abschaltung der Geräte im Fall Archie argumentiert wird. Eine Gesellschaft müsse Leben – und auch die Schwachen und Zerbrechlichen – schützen, heißt es darin.

Der Fall erinnert an ähnliche Auseinandersetzungen um unheilbar kranke Kinder in Großbritannien. Der finanziell stark unter Druck stehende britische Gesundheitsdienst neigt dazu, lebenserhaltende Maßnahmen sehr viel früher zu entziehen, als das in Deutschland der Fall wäre. Zudem werden die Wünsche von Eltern und Angehörigen dabei nicht im selben Maße berücksichtigt. Was im besten Sinne des Patienten ist, entscheiden oft Richter auf Empfehlung von Medizinern.

dpa