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Bundeswehroffizier zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt

Seit mehr als einem Jahr wurde der Fall Franco A. verhandelt. Das Gericht verurteilt den Bundeswehroffizier nun zu einer mehrjährigen Haftstrafe. Es hielt den Terrorverdacht für begründet.

Franco A. steht unter Terrorverdacht - heute wird das Urteil gesprochen.
Foto: Boris Roessler/dpa

Christoph Koller, Vorsitzender Richter des 5. Strafsenats des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, will nach Bekanntgabe des Urteils gegen Franco A. am Freitag gleich etwas klarstellen.

Die fünf Richter hätten bei ihrer Entscheidung zu fünfeinhalb Jahren Haft nicht die umfangreiche Berichterstattung über das aufsehenerregende Verfahren berücksichtigt, sondern das umfangreiche Beweismaterial, das an den 39 Tagen der Hauptverhandlung zusammengetragen worden war.

Auch habe der Senat kein «Gesinnungsstrafrecht angewendet», sondern nach dem festgestellten Strafbestand entschieden. Die Richter seien überzeugt: Der 33 Jahre alte Bundeswehroffizier habe den festen Entschluss gefasst, Angriffe auf hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens zu verüben.»

Das Gericht verurteilte Franco A. daher wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, unerlaubten Waffenbesitzes und anderer Verstöße gegen das Waffengesetzes sowie wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Drei Monate davon gelten wegen der langen Untersuchungshaft bereits als vollstreckt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – die Verteidigung von A. hat bereits angekündigt, Revision einlegen zu wollen.

«Rechtsextreme, völkisch-nationalistische Gesinnung»

«Der Angeklagte hat eine seit Jahren verfestigte rechtsextreme, völkisch-nationalistische und rassistische Gesinnung», heißt es in der mündlichen Urteilsbegründung. Besondere Abneigung habe er gegen Menschen jüdischen Glaubens, er hänge dabei Verschwörungstheorien an. Mit den Taten, zu denen er nach Überzeugung des Gerichts fest entschlossen war, habe er einen politischen oder gesellschaftlichen Richtungswechsel herbeiführen und so nach seiner Vorstellung «zum Erhalt der deutschen Nation» beitragen wollen. Konkretisiert habe er die Anschlagspläne zwar noch nicht, doch A. habe «ein Zeichen setzen» wollen, ist das Gericht überzeugt.

Auch seine konspirativen Verhaltensweisen sprächen für einen Tatentschluss. So wurden bei seiner erneuten Festnahme im März zahlreiche Mobiltelefone und Prepaid-SIM-Karten bei ihm gefunden.

Auch Ex-Justizminister Maas unter möglichen Anschlagsopfern

Als mögliche Anschlagsopfer hat A. nach Auffassung des Gerichts die damalige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, den damaligen Justizminister Heiko Maas und die Gründerin de Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, in Betracht gezogen. Ob A. Anschläge in der angenommenen Scheinidentität eines syrischen Flüchtlings begehen wollte, habe das Gericht hingegen nicht feststellen können. Ebenso wenig habe festgestellt werden können, auf welche Weise A. sich Waffen beschafft habe und wo sie sich nun befinden.

Franco A., dessen burgunderrotes Hemd dem Farbton der Roben der Bundesanwälte ähnelt, verfolgt die Urteilsbegründung ruhig und aufmerksam, den Kopf leicht gesenkt, die Hände vor dem Körper gefaltet. Emotionen lässt er sich nicht anmerken, als das Gericht noch einmal aus seinen Notizen, aus seiner Masterarbeit mit rassistischen Formulierungen und nationalistischen Thesen zitiert.

Als syrischer Flüchtling ausgegeben

Franco A. hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und ein monatelanges Doppelleben geführt. Als angeblicher Flüchtling hatte er laut Anklage auch Sach- und finanzielle Leistungen erhalten – daher war es auch um einen Betrugsvorwurf gegangen. Herausgekommen war die Scheinidentität, als A. im Februar 2017 auf dem Wiener Flughafen festgenommen worden war. Dort wollte er eine geladene Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette holen.

Der lange Atem der Ermittlungsbehörden habe sich letztlich ausgezahlt, sagt Bundesanwältin Karin Weingast nach dem Urteil. Sie hatte in ihrem Plädoyer eine sechseinhalbjährige Haftstrafe gefordert. Mit dem Urteil ist sie dennoch zufrieden: «Ich sehe es als wichtigen Erfolg in der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland an.»

Verteidiger spricht von «hochpolitischem Verfahren»

Moritz Schmitt-Fricke, einer der Verteidiger von A., der vor einer Woche Freispruch für seinen Mandanten gefordert hatte, spricht von einem «hochpolitischen Verfahren». Einen schlagenden Beweis für die Anschlagspläne habe er in der mündlichen Begründung vergeblich gesucht. Sein Kollege Johannes Hock, der schon in seinem Plädoyer betont hatte, die Beweisaufnahme habe Erkenntnisse zutage gefördert, die «viel mit Gesinnung, aber wenig mit Straftaten» zu tun gehabt hätten, kritisiert den Umgang mit dem Paragrafen 89A, in dem es um die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat geht.

Mit der Einführung dieses Paragrafen ins Strafrecht habe der Gesetzgeber islamistische Selbstmordattentäter erfassen wollen, so Hock. Dabei handele es sich um Fälle, wo die Vorbereitung und die Vollendung der Tat in einen so kurzen Zeitraum fielen, dass sehr früh vorgegangen werden musste. «Wenn aber jemand zweieinhalb Jahre Material für ein Attentat hat und es nicht einsetzt, dann ist das nicht ein Fall, der damit gemeint ist. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Anforderungen an die Strafbarkeit aus den Augen verlieren und zu weit nach unten schrauben.»

Franco A. selbst bestritt bis zuletzt die Vorwürfe, räumte aber ein, mehrere Waffen und Munition gehortet zu haben für den Fall eines Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung in Deutschland.

Der Fall des ehrgeizigen Oberleutnants, der unter anderem beim Deutsch-Französischen Jägerbataillon stationiert war und wiederholt stolz darauf hingewiesen hatte, seine Einzelkämpferausbildung als Kursbester abgeschlossen zu haben, hatte auch Fragen nach Rechtsextremismus in der Bundeswehr aufgeworfen. Während einige seiner ehemaligen Kameraden als Zeugen keine extreme Gesinnung bei A. feststellen konnte, hatte sich ein anderer Zeuge vergeblich an einen Vorgesetzten gewandt. Die Denkweise von Franco A., so seine resignierte Aussage, sei nicht auf Widerspruch gestoßen.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, begrüßte das Urteil und forderte zugleich Wachsamkeit gegen Rechtsextremismus. Der Prozess habe «das zutiefst antisemitische und rassistische Menschenbild des Täters offenbart», hieß es in einer Stellungnahme. Angesichts der Gefahren für Gesellschaft, Demokratie und Staat müssten rechtsextreme Netzwerke aufgedeckt werden. «Zu viele Rechtsextreme sind trotz Haftbefehls auf freiem Fuß. Darüber hinaus müssen effiziente und nachhaltige Methoden entwickelt werden, um antisemitischen und rassistischen Denkmustern zu begegnen und Radikalisierung im Netz zu verhindern», forderte Schuster.

dpa