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Gewerkschaften kritisieren Handwerk für Bürgergeld-Aussagen

Das Bürgergeld-Konzept der Bundesregierung setze falsche Anreize, findet der Präsident des Handwerksverbandes. Nun steht er für diese Äußerungen selbst in der Kritik. Doch es gibt auch Zustimmung.

Der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Einführung des Bürgergelds ab 1. Januar 2023 soll an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden.
Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Die Pläne der Bundesregierung zu einem Bürgergeld sorgen für Diskussionen. Der Handwerksverband kritisierte, das Konzept sorge für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiteten. «Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld», sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, der «Rheinischen Post». Mit dieser Aussage geriet er am Montag selbst in die Kritik.

Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), nannte diese Äußerung «zynisch». Es sei geschmacklos, Geringverdienende und Hartz-IV-Empfänger gegeneinander auszuspielen, sagte er. «Kein einziger Beschäftigter hat auch nur einen Cent mehr im Geldbeutel, weil mit der beabsichtigten Einführung des Bürgergeldes die Regelsätze gering ansteigen sollen.»

Auch Ralf Kutzner, Vorstandsmitglied der IG Metall, kritisierte die Aussagen scharf. «Es ist infam, Menschen, die sich trotz Arbeit am unteren Rand unserer Gesellschaft bewegen müssen, auch noch zu demütigen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Viele Handwerksunternehmer haben erkannt, dass reguläre Arbeit deutlich besser bezahlt werden muss. Herr Wollseifer gehört offensichtlich nicht dazu.»

Söder fordert Motivation für Fleiß

Bayerns Ministerpräsident Söder äußerte sich dagegen ähnlich wie der Handwerkspräsident und sprach von einem falschen Ansatz. «Wir brauchen Motivation für Fleiß. Wir brauchen Motivation, einer Arbeit nachzugehen», sagte der CSU-Politiker dem Fernsehsender Welt. «Wenn das Bürgergeld dazu führt, dass man in München, wenn man arbeiten geht, zum Beispiel als Friseurin, praktisch weniger hat, als wenn man von dieser neuen staatlichen Leistung profitiert, dann ist das der völlig falsche Ansatz.»

Der Regelsatz für das neue Bürgergeld, das zum 1. Januar das heutige Hartz-IV-System ablösen soll, soll nach Plänen des Bundessozialministeriums für alleinstehende Erwachsene 502 Euro im Monat betragen. Derzeit läuft eine Ressortabstimmung, am Mittwoch soll das Bundeskabinett über den Entwurf beraten. Außerdem sollen beim Bürgergeld weniger strenge Auflagen gelten. Menschen, die Bürgergeld beziehen, sollen demnach für ein halbes Jahr keine Leistungskürzungen befürchten müssen, auch wenn sie beispielsweise Termine im Jobcenter verstreichen lassen.

Kritik daran kam auch aus der Linken. «Das sogenannte Bürgergeld ist Hartz IV mit neuem Namen», sagte die Fraktionsvorsitzende, Amira Mohamed Ali, laut Mitteilung. «Arbeitsminister Heil macht sich unehrlich, wenn er 53 Euro mehr im Monat als „Sprung“ bezeichnet, denn das ist gerade mal ein Inflationsausgleich.» Es brauche eine sanktionsfreie Mindestsicherung von 1200 Euro.

Der Verein Sanktionsfrei hatte zuvor in einer Studie dargestellt, dass Sanktionen gegen unkooperative Hartz-IV-Beziehende ihre Wirkung verlieren. Anstatt Menschen nachhaltig in Arbeit zu bringen, hätten Kürzungen der Grundsicherung bei Verstößen gegen Auflagen der Jobcenter einen einschüchternden Effekt, so der Verein unter Berufung auf die eigene Studie.

dpa