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65-jähriger Sportschütze zu lebenslanger Haft verurteilt

Besondere Schwere der Schuld festgestellt – Revision angekündigt

Der wegen der Ermordung von drei Nachbarn angeklagte Mann wird im Gerichtssaal von Polizisten bewacht. Der Mann will nach Angaben seines Anwalts auf Bildern nicht unkenntlich gemacht werden. (Archivfoto)
Foto: Stefan Puchner/dpa

Blutiges Ende langer Streitereien: Ein Jahr nach der Ermordung von drei Nachbarn wurde ein 65-jähriger Sportschütze vom Landgericht Augsburg zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Strafkammer stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Sollte das Urteil wegen dreifachen Mordes und zweifachen versuchten Mordes rechtskräftig werden, wäre die Freilassung des deutschen Staatsbürgers bereits nach 15 Jahren Gefängnis auf Bewährung erheblich erschwert.

Die Strafkammer folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und sprach den Schuldspruch aus. Der Verteidiger kündigte sofort einen Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof an. Rechtsanwalt Walter Rubach hatte eine Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis beantragt, da sein Mandant aufgrund einer psychischen Erkrankung vermindert schuldfähig sei. Dies wurde von einer Gutachterin, die von der Verteidigung beauftragt wurde, bestätigt.

Die Bluttat mit einer Pistole in einem Mehrfamilienhaus in Langweid im Landkreis Augsburg wurde durch wiederkehrende Auseinandersetzungen zwischen den Nachbarn ausgelöst. Der Angeklagte hat am 28. Juli 2023 laut Ermittlungen innerhalb von nur 16 Sekunden zwei Frauen und einen Mann mit Kopfschüssen getötet. Der Streit und gegenseitige Beschimpfungen zwischen dem Angeklagten und einem Nachbarn führten zu dieser Tragödie, nachdem der Nachbar die Polizei alarmiert hatte.

Audioaufnahme dokumentierte Hinrichtung von drei Nachbarn im Treppenhaus

Da eines der Mordopfer wenige Minuten vor der Tat eine Audioaufnahme auf seinem Handy aktiviert hatte, existiert von dem schrecklichen Verbrechen ein genaues Tondokument. Der 65-Jährige hatte anscheinend im Treppenhaus auf ein Paar aus der Nachbarschaft gelauert und die 49 und 52 Jahre alten Eheleute mit einer legalen Pistole quasi hingerichtet.

Anschließend soll er eine 72-jährige Nachbarin durch ihre Wohnungstür erschossen haben. Der Angeklagte soll gezielt im Bereich des Türspions geschossen haben, weil er vermutete, dass die Frau durch die Schüsse durch den Spion schaut – was tatsächlich auch der Fall war.

Der Mann fuhr anschließend zum Wohnhaus von zwei Verwandten der getöteten Rentnerin und verletzte sie auch durch weitere Schüsse durch ihre Wohnungstür schwer. Beide leiden bis heute vor allem psychisch unter der Bluttat.

Gericht sieht Selbstjustiz als Motiv und verordnet Denkpause

Nach Überzeugung der Strafkammer handelte der Angeklagte aus Wut auf die Nachbarn, aus Hass und Rache. Er habe im Haus aufräumen wollen. «Eigentlich war es das Motiv der Selbstjustiz», sagte der Vorsitzende Richter Michael Eberle. Der Sportschütze habe über die anderen Hausbewohner ein Todesurteil gesprochen und dieses gleich vollstreckt.

Nach dem Schuldspruch gab Eberle dem Angeklagten noch einmal 15 Minuten Zeit, um über die sofortige Annahme des Urteils nachzudenken – ein höchst ungewöhnliches Vorgehen. So könne der Mann vielleicht noch einmal das Bild, das die Menschen von ihm hätten, etwas korrigieren, meinte der Richter. Doch Verteidiger Rubach gab nach der Viertelstunde zu Protokoll, dass sein Mandant das Urteil nicht akzeptiere. «Sowas habe ich in 45 Jahren nicht erlebt», kommentierte der erfahrene Strafverteidiger später die finale Denkpause.

Der Angeklagte hatte die Urteilsbegründung größtenteils mit einem sturen Blick nach vorne verfolgt, weitgehend emotionslos, wie er an den meisten Tagen der Verhandlung auf der Anklagebank saß. Er hatte behauptet, dass er sich an die Tat nicht mehr erinnern könne. Das Gericht jedoch glaubte ihm nicht.

Tat löste neue Diskussion ums Waffenrecht aus

Das Verbrechen vor einem Jahr führte erneut zu einer Diskussion über das Waffenrecht. Der Angeklagte hatte seit Jahrzehnten eine Waffenerlaubnis als Sportschütze und besaß die Tatwaffe fast ein Vierteljahrhundert lang. Das Landratsamt Augsburg betonte, dass der Mann regelmäßig und ohne Auffälligkeiten von der Waffenbehörde kontrolliert wurde.

Landrat Martin Sailer (CSU) zeigte Verständnis für die erneute Diskussion ums Waffenrecht. Er betonte wenige Tage nach der Tat: «Wir als Rechtsaufsichtsbehörde sind dafür allerdings nicht zuständig, das ist rein eine politische Entscheidung.»

Die Fußballmannschaft hat gestern das Spiel mit einem 2:1-Sieg gewonnen. “Wir haben hart gekämpft und sind sehr glücklich über den Sieg”, sagte der Trainer nach dem Spiel.

dpa