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Oster-High: Was sich mit der Cannabis-Legalisierung ändert

Ab Ostermontag ist der Konsum von Cannabis in Deutschland für Erwachsene legal. Doch was heißt das konkret? Was ist wo und wie erlaubt? Und welche Probleme drohen?

Ab 1. April für Erwachsene in Deutschland legal: Der Besitz und Konsum von Cannabis.
Foto: Lino Mirgeler/dpa

Die Unterstützer freuen sich auf diesen Ostermontag wie auf Weihnachten. Gegner befürchten ein Drogenchaos. Ab dem 1. April wird der Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene in Deutschland legal. Es gibt jedoch immer noch viele offene Fragen, wie dies konkret umgesetzt werden soll.

Was gilt genau?

Cannabis wird aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen. Personen ab 18 Jahren dürfen zu Hause bis zu 50 Gramm besitzen und draußen maximal 25 Gramm bei sich tragen. Es handelt sich ausschließlich um den Eigenkonsum. Der Verkauf und die Weitergabe bleiben weiterhin verboten. Zuhause – nicht im Kleingarten – dürfen bis zu drei Pflanzen angebaut werden. Um Diebstahl und den Zugriff von Kindern zu verhindern, müssen Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis sicher aufbewahrt werden, beispielsweise in abschließbaren Schränken und Räumen.

50 Gramm – ist das viel?

Aus einem Gramm Cannabis können nach gängiger Einschätzung ungefähr drei Joints gedreht werden – je nach persönlicher Dosierung auch mehr oder weniger. 50 Gramm wären also 150 Joints. Aus Sicht der Legalisierungsgegner ist das viel zu viel. 50 Gramm pro Monat, die Menge, die die künftigen Anbauvereine an ihre Mitglieder abgeben dürfen, nennt die Bundesärztekammer «eine relevante Menge», «die einem Hoch-Risiko-Konsum entspricht und zu cannabisbezogenen Störungen führt». Das Gesundheitsministerium argumentiert, es müsse auch legales Cannabis in größerer Menge da sein, wenn man den illegalen Schwarzmarkt ausstechen will.

Was ist mit Konsum in der Öffentlichkeit?

Es ist erlaubt, an Orten zu kiffen, wo es nicht ausdrücklich verboten ist. Das Rauchen von Cannabis ist jedoch auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, einschließlich Fußballstadien, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie in Sichtweite davon verboten – innerhalb von 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Fußgängerzonen sind zwischen 7.00 und 20.00 Uhr ebenfalls als kifffreie Zonen anzusehen.

Außerdem ist der Konsum verboten «in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben». Tabu ist es also, sich einen Joint an einer Bushaltestelle voller Schulkinder anzustecken oder im Garten vor den eigenen minderjährigen Kindern, genauso wie vor einem Kino, wo auch Jugendliche warten. In Raucherkneipen entscheiden die Inhaber, wie sie damit umgehen.

Und wie sollen die Regeln kontrolliert werden?

Es ist vergleichbar mit dem Sicherheitsgurt im Auto oder dem Telefonieren am Steuer – man muss erst erwischt oder angezeigt werden. Es ist unwahrscheinlich, dass Ordnungsämter und Polizei groß angelegte Cannabis-Kontrollen durchführen, schon allein aus Personalmangel.

Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Empfindliche Geldstrafen und sogar Gefängnisstrafe sind denkbar. Wer beispielsweise die Gramm-Grenzwerte beim Besitz leicht überschreitet, läuft Gefahr, ein Bußgeld zu erhalten. Dieses kann gemäß Gesetz jedoch bis zu 30.000 Euro betragen. Werden sogar mehr als 30 Gramm im Rucksack, mehr als 60 Gramm zu Hause oder mehr als drei Pflanzen in der Wohnung gefunden, greift das Strafrecht: Im schlimmsten Fall droht Gefängnis.

Das betrifft insbesondere die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugendliche. Wer kifft an Orten, an denen es nicht erlaubt ist – also auf oder in der Nähe von Spielplätzen, tagsüber in der Fußgängerzone oder in der Nähe von Kindern und Jugendlichen – begeht zwar nur eine Ordnungswidrigkeit, riskiert jedoch auch hohe Bußgelder von bis zu 30.000 Euro.

Und was passiert, wenn Minderjährige konsumieren?

Unter 18-Jährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen die Eltern von der Polizei informiert werden. Insbesondere bei sehr jungen Konsumenten mit riskantem Konsumverhalten muss auch das Jugendamt eingeschaltet werden. Die Betroffenen sollen dann an Präventionsprogrammen teilnehmen. Jugendliche müssen jedoch auch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn die gefundenen Mengen die bei Erwachsenen erlaubten Mengen überschreiten, wenn sie dealen oder die Droge an andere Kinder und Jugendliche weitergeben.

Und wie soll das mit den Cannabis-Clubs laufen?

Sie können erst ab dem 1. Juli mit dem Anbau von Cannabis beginnen und es gibt strenge Regeln: Die Clubs müssen mindestens 200 Meter von Schulen, Kitas, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt sein, dürfen nicht in Wohngebäuden untergebracht sein und nicht durch auffällige Schilder oder anders für sich werben.

Der Konsum in den Anbauvereinigungen, wie sie im Gesetz heißen, ist auch verboten. Anbauflächen und Lager müssen gesichert sein. Die Vereine dürfen höchstens 500 Mitglieder haben und Cannabis nur in begrenzten Mengen an diese Mitglieder abgeben, nicht verkaufen. Die Droge muss ausschließlich in einer neutralen Verpackung mit Beipackzettel abgegeben werden, der Informationen zu Gewicht, Sorte, THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol ist der Stoff mit der Rauschwirkung) und Hinweise zu Risiken des Konsums enthält.

Aber bis die Pflanzen Blüten treiben, ob zu Hause oder im Verein, dauert es eine Weile. Das bedeutet: Wird trotz der Legalisierung zum 1. April der Schwarzmarkt weiterhin florieren?

Genau das ist auch ein Kritikpunkt in der politischen Debatte. Ab dem 1. April könnten Erwachsene zwar legal mit größeren Mengen Cannabis unterwegs sein, dieses könne aber objektiv nicht aus legalen Quellen stammen, hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff zuletzt kritisiert. «Vor allem die ersten Monate werden zu einem Booster für den Schwarzmarkt», warnte der CDU-Politiker.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wies das zurück: Wenn jemand etwa am 2. April auf Grundlage einer eigenen angebauten Pflanze konsumiere, spiele es keine Rolle, wann die Pflanze gekauft und aufgebaut wurde oder wie viel Wasser sie hatte. Sondern es gelte: «Hier ist sie, sie ist jetzt legal, und der Konsum ist auch legal.»

Wie sieht es eigentlich im Straßenverkehr aus?

Zunächst bleibt alles beim Alten: Wer Cannabis-Wirkstoff THC nachgewiesen wird, auch wenn der Konsum Tage zurückliegt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. In der Rechtsprechung gilt nach wie vor der niedrige Wert von 1 Nanogramm THC pro Milliliter Blut als Grenze, ab der Geldstrafen, Punkte und Fahrverbot drohen. Analog zur 0,5-Promille-Grenze für Alkohol soll jedoch auch ein Toleranzgrenzwert für THC eingeführt werden. Eine Expertenkommission schlägt 3,5 Nanogramm vor. Nun ist der Bundestag gefragt, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, was voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Die Ampel wollte eigentlich den freien Verkauf von Cannabis in Drogerie-ähnlichen Geschäften ermöglichen. Was ist aus diesem Vorhaben geworden?

Es ist auf Eis gelegt. Aufgrund europarechtlicher Hürden hat die Ampel von diesem ursprünglichen Ziel abgewichen und angekündigt, Produktion, Vertrieb und Verkauf in speziellen Geschäften vorerst nur regional und zeitlich begrenzt in Pilotprojekten zu testen. Es gibt jedoch bis heute keine konkreten Pläne dafür.

Wie verbreitet ist Cannabis-Konsum überhaupt?

Laut dem Gesundheitsministerium gibt es bisher keine validen Daten darüber, wie viel Cannabis jährlich zu nicht-medizinischen Zwecken konsumiert wird, obwohl es die am häufigsten genutzte illegale Droge ist.

Gemäß einer Studie für das Jahr 2021 gaben 4,5 Millionen Erwachsene an, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben – bei Männern 10,7 Prozent und bei Frauen 6,8 Prozent. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen war der Konsum am weitesten verbreitet. Experten zufolge bestehen bis zum Alter von 25 Jahren aufgrund des noch andauernden Reifeprozesses des Gehirns besondere Risiken für psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen.

dpa