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Abschiednehmen von Franziskus: «Gracias», Warten und Tränen

In einem schlichten Holzsarg liegt der tote Papst im Petersdom. Zehntausende strömen in den Vatikan, um Franziskus die letzte Ehre zu erweisen. Für viele ist es ein bewegender Abschied.

Gläubige stehen im Petersdom an für eine letzte Ehrerweisung an Papst Franziskus.
Foto: Christoph Reichwein/dpa

Der Leichnam des verstorbenen Papstes Franziskus liegt vor dem imposanten Hauptaltar des Petersdoms aufgebahrt. Er trägt ein rotes liturgisches Gewand und eine weiße Mitra auf dem Kopf. Über seinen vor dem Körper gefalteten Händen ist ein schlichter Rosenkranz zu sehen. Anders als seine Vorgänger liegt er nur leicht erhöht und nicht auf einem imposanten Katafalk. Dies hatte Franziskus vor seinem Tod als Zeichen der Bescheidenheit angeordnet.

Vor dem Sarg drängen sich Anhänger vorbei, um persönlich Abschied zu nehmen. Zuerst sind es Hunderte, dann werden es Tausende – bereits am ersten Tag der öffentlichen Aufbahrung. Einige Frauen knien etwas seitlich auf dem harten Marmorboden. Eine von ihnen weint und versteckt ihr Gesicht hinter den Händen. In der Zwischenzeit strömen immer mehr Menschen an Franziskus‘ Leichnam vorbei, viele von ihnen nehmen diesen bewegenden Moment mit ihren Handys auf.

Am Morgen wurde der schlichte Holzsarg in einer feierlichen Zeremonie in den Petersdom überführt. Die Emotionen sind bei einigen der Zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz groß: Sie kämpfen mit den Tränen als der Trauerzug – angeführt von Kardinälen, Bischöfen, Priestern, Beichtvätern des Petersdoms und Vatikan-Mitarbeitern – an ihnen vorbeizieht.

Franziskus galt als «Papst zum Anfassen» und Menschenfreund. Er scheute den unmittelbaren Kontakt zu den Gläubigen nicht, im Gegenteil: Er liebte das Bad in der Menge. Er schüttelte Hände, umarmte, segnete Babys. Umso schmerzhafter ist für viele seiner Anhänger der Abschied. Und riesengroß ist der Andrang vor dem Petersplatz, um Franziskus die letzte Ehre zu erweisen.

«Gracias, Papa Francisco», steht auf einem handgemalten Schild, das ein Mädchen zusammen mit einer argentinischen Fahne in den Händen hält. Im Petersdom geht es Zentimeter für Zentimeter weiter, die Leute aus Franziskus‘ Geburtsland haben nur noch wenige Schritte bis zum Sarg vor sich. 

Großer Andrang vor dem Petersdom

Vor der großen Kirche bildete sich rasch eine lange Schlange von Gläubigen und Besuchern. Es scheint, dass alle zu Franziskus wollen. Einige waren bereits in den frühen Morgenstunden am Vatikan. Die Schlange ist mittlerweile so lang, dass mit einer Wartezeit von ungefähr acht Stunden gerechnet wurde.

Letzter Auftritt am Ostersonntag

Franziskus war seit einiger Zeit krank. Im Frühjahr musste er über einen Monat im Krankenhaus verbringen. Er hatte eine schwere Lungenentzündung und schwebte mehrmals in Lebensgefahr. Viele Gläubige bereiteten sich auf seinen nahenden Tod vor. Nach fünf Wochen wurde der Papst jedoch aus der Gemelli-Klinik in Rom entlassen und kehrte in den Vatikan zurück.

Trotz einer vorgeschriebenen Ruhezeit von zwei Monaten gab es mehrere unerwartete Auftritte in der Öffentlichkeit. An den großen Osterfeiern nahm er jedoch nur teilweise teil: Am Ostersonntag spendete er noch den traditionellen Segen Urbi et Orbi vom Balkon des Petersdoms aus. Dabei machte er bereits einen sehr geschwächten Eindruck. Keine 24 Stunden später verstarb er – an den Folgen eines Schlaganfalls, der dann zum Koma und Herzversagen führte.

Rom in kommenden Wochen im Ausnahmezustand

Bis Freitagabend haben die Gläubigen die Möglichkeit, Abschied von Franziskus zu nehmen. Danach wird der offene Sarg geschlossen. Am Samstag findet im Vatikan eine große Trauerfeier mit zahlreichen Staatsgästen aus aller Welt statt. Anschließend wird der verstorbene Papst in der Marienkirche Santa Maria Maggiore beigesetzt. Wenige Tage vor dem Großereignis herrscht in Rom der Ausnahmezustand. Laut Angaben des italienischen Zivilschutzes werden etwa 200.000 Menschen zur Trauerfeier erwartet.

Nach den Trauerfeiern steht das Konklave, also die Wahl eines neuen Papstes, im Mittelpunkt. Es wird voraussichtlich Anfang Mai beginnen. Die wahlberechtigten Kardinäle beginnen streng abgeschirmt in der Sixtinischen Kapelle mit der Wahl. Ursprünglich sind 135 Kardinäle unter 80 Jahren zur Papstwahl berechtigt, jedoch haben zwei Kardinäle aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Große Emotionen vor Papst-Sarg

Der Gedanke an das bevorstehende Konklave kommt jedoch bei den vielen Menschen, die in der Schlange vor dem Petersdom stehen, noch nicht auf. Zunächst steht die Erinnerung an den Pontifex aus Lateinamerika im Mittelpunkt. Es herrscht jedoch nicht nur Trauer im Petersdom, auch Dankbarkeit ist zu spüren. An den Seiten der riesigen Basilika setzen sich junge und ältere Gläubige auf den Boden und unterhalten sich. Auch Franziskus konnte locker und ungezwungen sein.

Der Sarg ist mit Absperrungsseilen blockiert, sodass niemand dem Leichnam zu nahe kommen kann. Berührungen des Sarges als Geste des Abschieds sind nicht möglich. Dennoch werden sich in den kommenden drei Tagen zahlreiche Gläubige und Besucher anstellen, um Papst Franziskus, dem einstigen «Papst zum Anfassen», die letzte Ehre zu erweisen.

dpa