Staats- und Regierungschefs diskutieren über 5-jährigen Wiederaufbau mit geschätzten Kosten von 50 Milliarden Euro.
Ägypten plant Wiederaufbau des Gazastreifens nach Trumps Vorschlägen
An der Stelle, wo heute Trümmerberge liegen, ist geplant, dass in nur wenigen Jahren eine schicke Gegend am Mittelmeer entsteht: Ägypten hat einen Plan für den Wiederaufbau des in weiten Teilen zerstörten Gazastreifens ausgearbeitet, nach den umstrittenen Vorschlägen von US-Präsident Donald Trump zur Zukunft der Region. Der Plan, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, umfasst etwa 90 Seiten und sieht einen Wiederaufbau über fünf Jahre mit geschätzten Kosten von rund 50 Milliarden Euro vor.
Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs trafen sich in Kairo, um den Plan zu besprechen. Bis 2030 sollen in Gaza Hunderttausende neue Wohnungen für drei Millionen Bewohner gebaut werden, sowie ein Flug- und ein Seehafen. Es sind auch Industriegebiete, Hotels, Parks und Strände geplant, um den Tourismus zu fördern.
Ein Plan wie auf Trump zugeschrieben
Trump, der mit seinen Äußerungen zur Zukunft des Gazastreifens als eine «Riviera des Nahen Ostens» für Empörung gesorgt hatte, könne Frieden in der Region stiften, sagte Ägyptens Präsident Abdel Fatah al-Sisi zum Auftakt des Gipfeltreffens.
Der Plan, der zuerst nicht veröffentlicht wurde, beinhaltet auch einen politischen Abschnitt, in dem direkte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern gefordert werden und erneut die Zweistaatenlösung gefordert wird. Angesichts des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen scheinen solche Gespräche derzeit jedoch praktisch ausgeschlossen zu sein.
Das Dokument scheint dem Geschäftsmann und Immobilienunternehmer Trump zugeschrieben zu sein: Es beinhaltet einen Bebauungsplan mit Karten, Ansätzen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gebiets und Bilder, die mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurden, darunter eine noble Flaniermeile, vor der Sportwagen fahren. Die Optik erinnert teilweise an ein KI-Video zur Zukunft Gazas, das Trump selbst verbreitet hatte.
«Verwüstung als Chance»: Berlin und Hiroshima als Vergleich
Neben Zahlen zu wirtschaftlichen Verlusten in Gaza wird im Plan auch der Wiederaufbau anderer Kriegsgebiete herangezogen: Berlin und die japanischen Stadt Hiroshima oder etwa Bosnien werden als Beispiele genannt, wie sich «Verwüstung in eine Chance verwandeln lässt, modernere und nachhaltigere Städte zu bauen».
Zum Gipfel in Kairo reisten unter anderem Bahrains König Hamad bin Issa al-Chalifa, Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani wie auch UN-Generalsekretär Anónio Guterres und EU-Ratspräsident António Costa an. Guterres sagte, die Palästinenser hätten «mehr als die Hölle durchgestanden» und jeder Versuch, sie gewaltsam umzusiedeln, müsse verurteilt werden.
Erfolgschancen des ägyptischen Plans völlig offen
Der ägyptische Plan fordert in einem politischen Teil den Beginn direkter Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern mit «Garantiegebern» ihrer Wahl. In den vergangenen Jahrzehnten blieben allerdings alle Bemühungen, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern mit diplomatischen Mitteln beizulegen, erfolglos.
Das Dokument erscheint eher wie eine Vorlage für eine potenzielle, weit entfernte Zukunft. Es ist unklar, ob und wann es umgesetzt werden könnte, da die Waffenruhe in Gaza gefährdet ist und der Krieg erneut ausbrechen könnte. Zusätzlich zu der Finanzierung sind viele weitere Fragen noch offen – beispielsweise bezüglich der Zukunft der Hamas und wer das Gebiet, das an Ägypten und Israel angrenzt, in Zukunft kontrollieren und sichern soll.
Zukünftige Kontrolle Gazas weiterhin ungeklärt
Das Dokument erwähnt ein palästinensisches Gremium aus Technokraten, das die Kontrolle Gazas übernehmen soll. Es hat bereits Gespräche zwischen der Hamas und der rivalisierenden Fatah aus dem Westjordanland gegeben. Eine Einigung steht jedoch noch aus. Israel lehnt außerdem strikt eine Regierungsbeteiligung der Hamas nach Kriegsende ab. Auch der geplante Einsatz von palästinensischen Sicherheitskräften in Gaza, die von Ägypten und Jordanien ausgebildet werden sollen, ist unsicher.
Der israelische TV-Sender Kan hatte am Vorabend des Gipfels über einen Plan des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas berichtet. Laut dem Bericht soll der Gazastreifen nach Kriegsende vollständig unter die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) fallen, ohne Beteiligung der Hamas. Dieser Plan stellt ein alternatives Modell zum ägyptischen Vorschlag einer technokratischen Verwaltung dar.
Antwort auf Trumps «Riviera»-Pläne
Das Papier scheint vor allem der Versuch Ägyptens zu sein, den umstrittenen Vorschlägen Trumps rasch etwas entgegenzusetzen. Der hatte vorgeschlagen, Gaza in eine «Riviera des Nahen Ostens» zu verwandeln und die rund zwei Millionen Palästinenser nach Ägypten und Jordanien dauerhaft «umzusiedeln». Beide Länder sind große Empfänger von US-Auslandshilfe. Die UN warnten nach Trumps Äußerungen, die in der arabischen Welt und darüber hinaus für große Empörung sorgten, vor einer «ethnischen Säuberung».
«Der Plan ist eine Alternative zum amerikanischen Vorschlag der gezwungenen Vertreibung», sagte Mohammed Higasi, früherer Vize-Außenminister Ägyptens, der dpa. «Wir sind auf dem richtigen Weg.» Bei den Wiederaufbau-Plänen gebe es «arabische Einheit».